Politik

Slowakei-Premier angeschossen Robert Fico: Populist, Russland-Freund, Vater

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Der bei einem Attentat lebensgefährlich verletzte Ministerpräsident der Slowakei, Robert Fico, ist einer der erfahrensten Politiker des Landes. Während der 59-Jährige bei einem großen Teil der Bevölkerung sehr beliebt ist, sorgt der prorussische Populist international immer wieder für Kritik.

Robert Fico, der bei einem Mordanschlag in der Stadt Handlova lebensgefährlich verletzt wurde, prägt seit knapp zwei Jahrzehnten die Politik in der Slowakei. In vier Amtszeiten als Regierungschef hat er sich bei einem großen Teil der slowakischen Bevölkerung beliebt gemacht, etwa mit der Ablehnung harter Sparmaßnahmen während der Finanzkrise ab 2008. Mit seinem harten Kurs beim Thema Migration und der Annäherung seines Landes an das Russland Wladimir Putins hat er weit über die Slowakei Aufsehen erregt.

Nach dem Wahlsieg seiner Partei Smer-SD im vergangenen September war Fico erneut Regierungschef des Landes mit rund 5,4 Millionen Einwohnern geworden. In einer Koalition mit Rechtsaußen-Parteien setzte der Populist den Kurswechsel in der Außenpolitik um, den er im Wahlkampf versprochen hatte: Die Slowakei, Mitglied in der EU und der NATO und bis dahin entschiedene Unterstützerin der Ukraine, unterbrach die Waffenlieferungen an das von Russland angegriffene Nachbarland. Die Regierung in Kiew rief der 59-Jährige unter anderem dazu auf, Gebiete an Russland abzutreten.

"Ewig an der Seite der Sowjetunion"

Fico begann seine politische Karriere bei der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei, kurz bevor die Samtene Revolution das System zu Fall brachte. 1999 - sechs Jahre nach der Aufspaltung des Landes in Tschechien und die Slowakei - verließ Fico die linke Partei SDL, die in Bratislava das Erbe der Kommunisten angetreten hatte. Er gründete die sozialdemokratische Smer-SD (Smer bedeutet Richtung).

Ficos politische Sozialisation im Kommunismus beeinflusse weiterhin seinen Blick auf Russland, schreibt der slowakische Soziologe Michal Vasecka in einem 2023 erschienenen Buch über ihn. Seine Beziehung zu Moskau sei "historisch bestimmt von dem sozialistischen Motto: 'Ewig an der Seite der Sowjetunion'". Außerdem schätze Fico "definitiv Putins autoritäres Regierungssystem".

Gegen den Sparkurs - und Migranten

Der 59-Jährige ist von Beruf Anwalt und spricht fließend Englisch. Auf der europäischen Bühne machte er erstmals auf sich aufmerksam, als er sein Land von 1994 bis 2000 am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg vertrat.

2006 brachte ein Erdrutsch-Wahlsieg der Smer-SD Fico erstmals ins Amt des Regierungschefs. Er ging damals ein Bündnis mit der ultrarechten Slowakischen Nationalpartei (SNS) ein, mit der ihn unter anderem die Feindseligkeit gegenüber Migranten verbindet. Seine Beliebtheit im Land wuchs, als er sich während der Finanzkrise von 2008 weigerte, in der Slowakei einen strikten Sparkurs umzusetzen.

Dennoch verlor seine Partei die Wahl von 2010. Nur zwei Jahre später kam er allerdings wieder an die Macht, als eine Mitte-Rechts-Koalition an Korruptionsvorwürfen zerbrach. Während der Flüchtlingskrise von 2015 propagierte Fico eine migrantenfeindliche Haltung und kritisierte heftig das Quotensystem der EU zur Verteilung der Flüchtlinge. Er werde nicht zulassen, dass "in der Slowakei eine ausgeprägte muslimische Gemeinde entsteht", sagte Fico damals.

Ermordeter Journalist recherchierte zu Verbindung der Regierung zu Mafia

Die Smer-SD gewann auch die Wahlen 2016, doch diese Amtszeit endete für Fico bereits zwei Jahre später nach der Ermordung des Journalisten Jan Kuciak und dessen Verlobter. Kuciak deckte in einem posthum veröffentlichten Artikel Verbindungen zwischen der italienischen Mafia und der Fico-Regierung auf. Das Verbrechen löste in der Slowakei eine Protest-Welle gegen die Regierung aus, Fico trat zurück.

Fico ist mit der Anwältin Svetlana Ficova verheiratet, gemeinsam haben sie einen Sohn. Der ehemalige Kommunist begeistert sich für schnelle Autos, Fußball und teure Uhren - sein Lieblingsspruch lautet: Geduld bringt Rosen.

Quelle: ntv.de, Laszlo Juhasz und Jan Flemr, AFP

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