Blogger-Mord in St. Petersburg Russland will weiteren Verdächtigen identifiziert haben
13.04.2023, 17:47 Uhr Artikel anhören
Die Ria Nowosti veröffentlichte ein Foto von Juri Denissow, dem der FSB vorwirft, das Attentat auf Militärblogger Wladlen Tatarski vorbereitet zu haben.
(Foto: Telegram / Ria Novosti )
Der russische Geheimdienst FSB beschuldigt einen Ukrainer, zusammen mit einer bereits festgenommenen Russin den Mordanschlag auf den Militärblogger Tatarski geplant zu haben. Auch Alexej Nawalnys Antikorruptionsstiftung wirft der FSB Mitverantwortung vor. Die Oppositionellen sehen dagegen den Kreml hinter dem Anschlag.
Zehn Tage nach der Explosion in einem Café in St. Petersburg, bei der der prorussische Militärblogger Wladlen Tatarski getötet wurde, hat der russische Nachrichtendienst FSB zwei im Exil lebenden Leitern der von Oppositionspolitiker Alexej Nawalny gegründeter Antikorruptionsstiftung vorgeworfen, für den Anschlag mitverantwortlich zu sein. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Ria Nowosti unter Berufung auf den FSB berichtete, sollen ukrainische Geheimdienste und deren "Agenten aus den russischen Oppositionskreisen im Ausland" den Angriff organisiert haben. Der Geheimdienst will auch einen Mann identifiziert haben, der das Attentat unmittelbar geplant haben soll.
Der FSB behauptet laut dem Ria-Bericht, die 26-jährige Darja Trepowa habe den Anschlag nach Aufrufen von Leonid Wolkow und Iwan Schdanow verübt. Die beiden Mitstreiter des inhaftierten Oppositionspolitikers Nawalny hätten wiederholt zu "subversiven Aktivitäten" in Russland aufgerufen, erklärte der FSB. Die Antikorruptionsstiftung, deren Mitglieder Wolkow und Schdanow sind, wurde 2011 von Nawalny gegründet, um die Korruption hochrangiger Regierungsbeamter aufzudecken. Im Jahr 2021 wurde sie von einem Moskauer Gericht als extremistische Organisation eingestuft und verboten.
"Anhängerin von Nawalnys Ideologie"
Trepowa wurde einen Tag nach dem tödlichen Attentat als Verdächtige festgenommen. Die Behörden werfen der Russin vor, dem Blogger während eines "patriotischen Abends" in einem Café eine Büste überreicht zu haben, in die der Sprengsatz eingebaut worden war. Bei der Explosion kam Tatarski ums Leben, Dutzende Teilnehmer der Veranstaltung wurden verletzt. Trepowa wurde vom FSB als "Anhängerin von Nawalnys Ideologie" beschrieben. Der Geheimdienst verwies in diesem Zusammenhang unter anderem darauf, dass sie als Teilnehmerin eines Projekts des Nawalny-Teams registriert war. Zudem macht der FSB darauf aufmerksam, dass die 26-Jährige von einem Anwalt vertreten wird, zu dessen Kunden unter anderem das "Pussy Riot"-Mitglied Marija Aljochina und der vor kurzem festgenommene US-Journalist Evan Gershkovich gehören.
Während russische Behörden Trepowa die unmittelbare Durchführung des Attentats vorwerfen, soll nach FSB-Darstellung ein gewisser Juri Denissow für die Planung des Anschlags zuständig gewesen sein. Der ukrainische Staatsbürger sei "auf Anweisung ukrainischer Geheimdienste" im Februar über Lettland nach Russland eingereist. In Moskau habe er zunächst Informationen über das spätere Opfer gesammelt. Zu diesem Zweck, so der FSB, habe er ein Auto gekauft und eine Wohnung in der Nähe von Tatarskis Wohnort gemietet. Über einen Mittelsmann habe Denissow dann Trepowa den in der Büste versteckten Sprengsatz übergeben.
Nawalny-Stiftung sieht den FSB hinter dem Anschlag
Nach dem Tod von Tatarski habe Denissow Russland verlassen, hieß es im Ria-Bericht. Er sei mit einem Flugzeug über Armenien in die Türkei geflogen. Der FSB habe ein Verfahren eingeleitet, um den Ukrainer auf internationale Fahndungsliste zu setzten. Die Nachrichtenagentur veröffentlichte auch ein Foto des angeblichen Verdächtigen sowie seinen Führerschein und einen Kaufvertrag für ein Auto.
Iwan Schdanow, Leiter der Antikorruptionsstiftung, wies die neuen FSB-Erkenntnisse als unglaubhaft zurück. Er warf dem russischen Inlandsgeheimdienst vor, den Anschlag selbst organisiert zu haben. "Die FSB-Leute zeichnen sich, wie üblich, nicht durch Intelligenz und Einfallsreichtum aus", schrieb Schdanow auf Telegram. "Ihre Version bricht schon nach nur einer Frage in sich zusammen". Aus dem Video des Attentats, das seit Tagen im Internet kursiert, gehe klar hervor, dass Trepowa nicht gewusst habe, dass in die Büste ein Sprengsatz eingebaut war. "Wie hätte sie 'einen Auftrags-Terroranschlag' ausführen können, ohne zu wissen, dass es eine Bombe gab?", schrieb Schdanow. "Ich weiß es zwar nicht genau, aber ich glaube, dass der FSB die ganze Sache organisiert hat. Und die junge Frau wurde einfach benutzt und wird jetzt unter Folter alles Mögliche gestehen."
Quelle: ntv.de, uzh