Politik

Waffen für Saudi-Arabien SPD argumentiert mit Krieg, CDU mit Europa

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Ein Patrouillenboot für Saudi-Arabien wird auf die Reise geschickt (Archivbild vom Dezember 2017).

(Foto: picture alliance/dpa)

Eigentlich läuft am Samstag der Stopp der Rüstungsexporte nach Saudi Arabien aus, doch ein Entscheid über ein weiteres Vorgehen wurde jetzt vertagt. CDU und SPD steuern auf einen neuen Konflikt zu.

Die Forderung von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, die deutsche Exportpolitik bei gemeinsamen europäischen Rüstungsprojekten zu ändern, stößt beim Koalitionspartner SPD auf keine Gegenliebe. "Wenn Frau Kramp-Karrenbauer unsere Exportregeln aus wirtschaftlichen Erwägungen aufweichen will, dann halte ich davon nichts", kritisiert SPD-Verteidigungsexperte Thomas Hitschler im Gespräch mit n-tv.de. Er fordert, keine Waffen in Krisenregionen zu exportieren, "wenn dadurch ein Konflikt provoziert oder verlängert wird oder absehbar ist, dass das Empfängerland mit den Lieferungen aggressiv gegen einen anderen Staat vorgehen wird".

Mit seiner Kritik am Koalitionspartner befeuert er eine seit Monaten anhaltende Debatte innerhalb der Großen Koalition. Während die SPD mehrheitlich gegen eine Lockerung der im internationalen Vergleich strikten Regeln bei der Ausfuhr von Waffen ist, fordert die Union eine liberalere Rüstungspolitik.

Hintergrund des Konflikts ist der am 9. März auslaufende Stopp der Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien. Bundeskanzlerin Angela Merkel und der sozialdemokratische Finanzminister Olaf Scholz haben sich bereits darauf geeinigt, die Entscheidung über eine mögliche Verlängerung des Exportstopps zu verschieben. So kann noch Zeit gewonnen werden, damit der zuständige Bundessicherheitsrat zusammentreten kann.

Die Lieferung deutscher Rüstungsgüter an Saudi-Arabien ist höchst umstritten, denn Riad ist Konfliktpartei im Jemen-Krieg und verletzt im eigenen Land massiv die Menschenrechte. Die Bundesregierung hatte den Exportstopp im Herbst 2018 nach der Ermordung des regimekritischen saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Generalkonsulat in Istanbul verhängt. Der Exportstopp war zunächst auf zwei Monate befristet, wurde im Dezember aber bis zum 9. März verlängert.

Florian Post, rüstungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, geht sogar noch einen Schritt weiter als sein Parteifreund Hitschler. Neben der Einstellung der Waffengeschäfte mit Saudi-Arabien fordert er, die vom ehemaligen SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel genehmigten Exporte in das Königreich zu widerrufen, soweit diese noch ausstehen. Als Vorbild nennt er eine Maßnahme aus dem Jahr 2014: "Gabriel hat die Auslieferung eines genehmigten Gefechtsübungszentrums an Russland verhindert. Daran sollte man sich jetzt orientieren", so Post.

Merkel und AKK stellen sich gegen die SPD

Auf solche Kritik reagierte CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer am Freitag verärgert: Wenn die SPD die Rüstungsexporte "de facto auf null" fahren wolle, müsse sie dies Firmen und Arbeitnehmern auch sagen, sagte sie der RND-Zeitungsgruppe. "Ich halte es für hochproblematisch, dass wir bei in einem sicherheitspolitisch relevanten Projekt mit europäischen Partnern aufgrund unserer strengen Regeln das gesamte Projekt zum Stoppen bringen."

Auch Kanzlerin Merkel hatte sich im Februar auf der Münchener Sicherheitskonferenz für erleichterte Rüstungsexporte ausgesprochen und dies mit einer Verantwortung innerhalb der europäischen Zusammenarbeit begründet. Später sagte sie bei einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Paris: "Wir können uns nicht für eine europäische Armee aussprechen, wir können nicht ein gemeinsames Papier verabschieden (...) und anschließend dann sagen, wenn es Gemeinschaftsprojekte gibt und Partner sich auch auf uns verlassen, dass wir dann zu keinerlei Gesprächen bereit sind." Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen stichelte, dass eine deutsche "moralische Maximalpositionen" auf europäischer Ebene nicht vermittelbar sei.

Neben der innenpolitischen Debatte ist die Ausfuhr von Rüstungsgütern nach Saudi-Arabien ein heikles Thema, das die Zuverlässigkeit Deutschlands als Partner in militärischen Projekten infrage stellt. Großbritannien und Frankreich haben den Stopp deutscher Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien scharf kritisiert und gefordert, dass Deutschland europäische Gemeinschaftsprojekte wie den Eurofighter oder den Tornado von dem Exportstopp gegen Saudi-Arabien ausnehmen soll. Auch der deutsch-französische Luftfahrtkonzern Airbus fordert dies. Nach Angaben aus Industriekreisen stammt etwa ein Drittel der Bauteile für die 48 Eurofighter, die Großbritannien demnächst für viele Milliarden an Saudi-Arabien exportieren will, aus Deutschland. Ohne deutsche Zustimmung dürfen sie nicht geliefert werden.

Mit ihren Sanktionen hatte die Bundesregierung einen internationalen Alleingang gewagt. Der Vorstoß, andere europäische Länder zu einem Exportstopp zu bewegen, scheiterte. "Daher plädiere ich auch dafür, das Embargo für Rüstungsprojekte nach Saudi-Arabien schnellstmöglich zu beenden", fordert der CDU-Wirtschaftsexperte Joachim Pfeiffer. Der Rüstungsstopp sei "kontraproduktiv", "unsere Partner planen schon heute Rüstungsprojekte ganz ohne deutsche Beteiligung", klagt Pfeiffer.

In Regierungskreisen jedenfalls gilt es momentan als denkbar, dass der Lieferstopp am Ende teilweise aufgehoben wird - etwa für Patrouillenboote aus Mecklenburg-Vorpommern oder das mit Frankreich entwickelte Luft-Raketenabwehrsystem "Meteor". Beide Produkte können nicht von den Saudis im Jemen eingesetzt werden.

Quelle: ntv.de

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