Politik

"Alles, was hilft, ist gut" SPD freut sich vorsichtig über Schröders Putin-Besuch

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(Foto: picture alliance/dpa)

Gerhard Schröder nutzt seinen kurzen Draht zu Wladimir Putin, um mit dem russischen Präsidenten über den Angriff auf die Ukraine zu sprechen. Von seiner Partei, aus der heraus Schröder sehr kritisiert wurde, wird der Vorstoß vorsichtig positiv aufgenommen.

Gerhard Schröder befindet sich in Moskau, um mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über den Krieg in der Ukraine zu sprechen. Der Besuch des Altkanzlers, der eine langjährige Freundschaft zu Putin pflegt und der für seine engen Verflechtungen in die russische Wirtschaft seit Jahren in der Kritik steht, überraschte sowohl die Ukraine als auch seine eigene Partei. Doch die Reaktionen auf das Engagement Schröder sind vorsichtig positiv.

"Klar ist: Alles, was hilft, diesen grauenvollen Krieg in der Ukraine zu stoppen, ist gut", sagte der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil dem "Spiegel". Er selbst habe nichts von einem Besuch Schröders in Russland gewusst. "Er ist weder im Auftrag der SPD noch im Auftrag der Bundesregierung unterwegs." Regierungsvertreter, mit denen er gesprochen habe, hätten auch nichts von einem Treffen gewusst, sagte Klingbeil.

"Akzeptabel und den Versuch wert"

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth, sagte im ZDF: "Jede Chance sollte ergriffen werden, um die Waffen zum Schweigen zu bringen. Und da geht es mir nicht um Gerhard Schröder oder irgendjemand anderen. Es geht mir um die Menschen in der Ukraine, die hätten das nämlich verdient. Deswegen drücke ich die Daumen."

Auch der SPD-Abgeordnete Helge Lindh findet, "jeder Zugang zu Putin, den wahnsinnigen Krieg zu stoppen ohne falsche Konzessionen". sei "akzeptabel und den Versuch wert". Schröder habe schließlich auch schon 2017 in der Türkei vermittelt. Damals hatte Schröder auf Veranlassung der damaligen Bundesregierung unter Angela Merkel bei der Freilassung des deutschen Menschenrechtlers Peter Steudtner aus türkischer Haft eine zentrale Rolle gespielt. Schröder habe den Fall bei einem Treffen mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan erörtert und die Freilassung erreicht. "Ich bin Gerhard Schröder sehr dankbar für seine Vermittlung", sagte der damalige Außenminister Sigmar Gabriel.

Der Abgeordnete Ralf Stegner sagte dem "Spiegel": "Unabhängig davon, für wie realistisch man selbst eine solche Möglichkeit einschätzt, wäre es großartig, wenn Schröder seine persönliche Verbindung zu Putin dazu nutzen könnte, in Moskau tatsächlich Fortschritte für eine Waffenruhe und umfassende humanitäre Hilfen für die Ukraine zu erreichen." Bundeskanzler Olaf Scholz wollte Schröders Reise zunächst nicht kommentieren.

"Womöglich noch einen direkten Draht zu Putin"

Das Magazin "Politico" hatte berichtet, Schröder habe sich auf Bitten der ukrainischen Regierung in den Prozess eingeschaltet. Nach übereinstimmenden Berichten mehrerer Medien ist die Bundesregierung im Vorfeld nicht über Schröders Besuch bei Putin informiert gewesen. Nach dem Bericht von "Politico" ist die Reise von einem Kiewer Politiker eingefädelt worden. Am Montag sei das Ehepaar Schröder-Kim zunächst nach Istanbul gereist, wo der Altkanzler eine ukrainische Delegation getroffen habe. Seine anschließende Bitte bei Putin um ein Treffen soll innerhalb von zehn Minuten positiv beantwortet worden sein. Am Mittwoch seien Schröder und Schröder-Kim dann mit einer russischen Maschine nach Moskau gebracht worden.

Von ukrainischer Seite gab es bislang keinen Kommentar zu der Moskau-Reise Schröders. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, sagte der dpa am Donnerstagnachmittag: "Mir ist davon nichts bekannt." Melnyk hatte einen Vermittlungsversuch Schröders allerdings vor einer Woche in einem Interview befürwortet. "Er ist einer der wenigen hier in Deutschland, die womöglich noch einen direkten Draht zu Herrn Putin haben. Es gibt keinen, der so etwas hat in Deutschland und den anderen europäischen Ländern", sagte der Botschafter der "Bild"-Zeitung.

Schröder, der nach seiner Kanzlerschaft Posten bei russischen Staatsunternehmen übernommen hatte, hatte sich bisher zurückgehalten mit Aussagen zum Angriff auf die Ukraine. Das hatte auch in der SPD für massive Kritik gesorgt. Die SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken hatten Schröder am vergangenen Samstag in einem Brief ultimativ dazu aufgefordert, seine Posten bei den russischen Staatsunternehmen niederzulegen. Man erwarte eine "zeitnahe" Antwort, sagte Klingbeil am Donnerstag. Schröder sei "komplett isoliert in der Sozialdemokratie". In der SPD gibt es einen ersten Antrag auf Parteiausschluss des Altkanzlers, den der Ortsverein Heidelberg gestellt hat.

Quelle: ntv.de, ter/dpa

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