SPD darf Politiker ausschließen Sarrazin nennt Schiedsspruch "absurd"
11.07.2019, 18:56 Uhr
Thilo Sarrazin bemängelt, dass sich die SPD nicht inhaltlich mit seinem Buch "Feindliche Übernahme" auseinandergesetzt habe.
(Foto: dpa)
Noch ist die Entscheidung nicht rechtskräftig, doch SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil zeigt sich bei n-tv dennoch "sehr froh", dass die Partei Thilo Sarrazin ausschließen darf. Der Ex-Bundesbanker dagegen schäumt - und kann die Aufregung über seine Thesen nicht verstehen.
Thilo Sarrazin hat die Entscheidung des SPD-Schiedsgerichts für "absurd" erklärt. Sein Buch "Feindliche Übernahme" liefere für einen Parteiausschluss überhaupt keinen Anlass, sagte er n-tv. "Es ist ein völlig sachlich geschriebenes Buch, welches kritische Themen beleuchtet." Als Motiv für den Versuch, ihn aus der Partei zu werfen, vermute er, "dass da manche in der SPD eine Diskussion über den Islam und Muslime vermeiden wollen". Wer dies dennoch versuche, solle "mundtot" gemacht werden.
Sarrazin sagte n-tv, er lade die Partei ein, sich inhaltlich mit seinen Thesen zu befassen. "Klingbeil und das Schiedsgericht haben sich in der mündlichen Verhandlung trotz der mehrfachen Aufforderung von mir geweigert, über die Inhalte des Buches auch nur zu reden. Das sagt alles."
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte n-tv, er sei sehr froh über die Entscheidung der Schiedskommission. "Es ist wichtig, dass die SPD eine klare Haltung hat. Dass wir deutlich machen, dass rechtsextremes Gedankengut in der SPD kein Platz hat, dass rassistische Gedanken in der SPD keinen Platz haben." Er habe daher massiv für einen dritten Anlauf zum Parteiausschluss geworben.
Die SPD hatte vor dem Parteigericht des SPD-Kreisverbandes Charlottenburg-Wilmersdorf die Entscheidung erwirkt, den 74-Jährigen aus der Partei auszuschließen. Allerdings ist die Entscheidung in erster Instanz nicht rechtskräftig. Sarrazins Anwalt kündigte an, sein Mandant werde Berufung einlegen und notfalls durch alle Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht gehen. Das könnte Jahre dauern - Sarrazin, der zeitweise auch im Vorstand der Bundesbank war, bleibt also vorerst SPD-Mitglied. Die AfD unterbreitete Sarrazin bereits das Angebot, ihn in die Partei aufzunehmen.
Sarrazin ist vor allem wegen migrationskritischer Äußerungen in seinen Büchern umstritten. So sprach er mit Blick auf muslimische Zuwanderer schon 2009 von Menschen, "die ständig neue Kopftuchmädchen produzieren". In seinem jüngsten Buch "Feindliche Übernahme. Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht" schrieb er, die "religiös gefärbte kulturelle Andersartigkeit der Mehrheit der Muslime" und deren steigende Geburtenzahlen gefährdeten die offene Gesellschaft, Demokratie und den Wohlstand hierzulande. Integration sei kaum möglich.
Quelle: ntv.de, jog/dpa