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Karlheinz Schreiber wird 90 Schlüsselfigur der CDU-Spendenaffäre bereut nichts

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Ex-Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber steht im November 2013 wegen Steuerhinterziehung und Bestechung in Augsburg vor Gericht.

Ex-Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber steht im November 2013 wegen Steuerhinterziehung und Bestechung in Augsburg vor Gericht.

(Foto: picture alliance / dpa)

In den 1990er Jahren löst Karlheinz Schreiber mit Geldzahlungen die CDU-Spendenaffäre um Helmut Kohl aus. Es folgen jahrelange Ermittlungs- und Strafverfahren. Immer wieder sitzt Schreiber im Gefängnis. Jetzt wird der ehemalige Waffenlobbyist 90.

Es war der Tischkalender von Karlheinz Schreiber, der vor einem Vierteljahrhundert die Bundesrepublik zum Beben brachte: Augsburger Steuerfahnder entdeckten damals bei dem Waffenlobbyisten Einträge, die zur CDU-Parteispendenaffäre führten. Der im bayerischen Kaufering lebende Schreiber wird jetzt 90 Jahre alt - seine Haftzeit wurde vor mehr als zehn Jahren vorzeitig beendet, weil er gesundheitlich als zu angeschlagen eingestuft worden war.

Die Folgen des von Schreiber ausgelösten Skandals waren massiv: Der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl verlor den Ehrenvorsitz der CDU, Wolfgang Schäuble den Vorsitz von CDU und Unionsbundestagsfraktion, der ehemalige Verteidigungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls von der CSU kam ins Gefängnis. Als der am 25. März 1934 geborene Schreiber vor einigen Wochen von der "Bild"-Zeitung gefragt wurde, ob er denn irgendetwas in seinem Leben bereue, sagte er trotz der von ihm ausgelösten Erschütterungen: "Nein, absolut nichts." Er habe allen Grund, dankbar zu sein. "Ich habe ein unglaublich erfülltes Leben gehabt mit vielen Höhen und Tiefen - ich bin zufrieden."

Selbstanzeige und Flucht nach Kanada

Viele Jahre befand sich der aus der CSU ausgeschlossene frühere Freund des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chefs Franz Josef Strauß allerdings auf der Flucht, saß immer wieder im Gefängnis. Ausgelöst hatte er das 1995 durch eine Selbstanzeige, mit der er einer Anzeige eines Geschäftspartners wegen Steuervergehen zuvorkommen wollte. Schreiber war als Lobbyist bei einem Panzerkauf Saudi-Arabiens aufgetreten, von den dabei geflossenen umgerechnet rund 230 Millionen Euro stand fast die Hälfte für Provisionen bereit. Während Schreiber sich nach einer Hausdurchsuchung 1995 zunächst in die Schweiz absetzte und von dort dank seiner zweiten Staatsbürgerschaft als Kanadier 1999 nach Kanada fliehen konnte, entschlüsselten Finanzbeamte Schreibers Tischkalender, in dem er mit Codes Geldzahlungen und deren Empfänger dokumentiert hatte.

Darin fand sich etwa der Hinweis auf eine Zahlung an den damaligen CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep, dem Schreiber in der Schweiz eine Million Mark in einem Aktenkoffer in bar übergeben hatte. Kiep wurde deshalb kurzzeitig festgenommen - er gestand, dass das Geld für die CDU war. Kurz darauf räumte die CDU ein System an schwarzen Kassen ein, das unter ihrem langjährigen Vorsitzenden Kohl geführt worden war. Kohl musste daraufhin den CDU-Ehrenvorsitz abgeben. Eine noch größere Brisanz entwickelte eine 100.000-Mark-Spende Schreibers, weil sie den damaligen CDU-Chef Schäuble betraf. Schäuble und die damalige CDU-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister widersprachen sich hinsichtlich der Umstände der Geldübergabe.

Schreiber 2009 nach Deutschland ausgeliefert

Schließlich räumte Schäuble, der sich später als Opfer einer Intrige bezeichnete, Anfang 2000 seine Spitzenämter - Angela Merkel wurde CDU-Chefin. Aus Kanada begleitete Schreiber die Ereignisse in Deutschland mit immer neuen Andeutungen über angeblich noch weiteres brisantes Wissen. Ein Untersuchungsausschuss des Bundestags reiste 2001 sogar nach Kanada, um Schreiber zu vernehmen - doch außer wolkigen Andeutungen brachte das wenig. Nie nachgewiesen werden konnte auch, dass Schreiber mit seinem Geld politische Entscheidungen beeinflusst hätte. Zwar zahlte er dem früheren Staatssekretär Pfahls umgerechnet fast 1,9 Millionen Euro Schmiergeld rund um das Panzergeschäft. Aber im Prozess gegen Pfahls sagten sowohl Kohl als auch der ehemalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher aus, dass das Panzergeschäft auf Wunsch der USA beschlossen worden sei.

Schreiber selbst wurde 2009 nach einem jahrelangen Rechtsstreit von Kanada ausgeliefert. In den folgenden Prozessen in Augsburg wurde er nur wegen Steuerhinterziehung belangt, Bestechungsvorwürfe waren verjährt. Schreiber saß insgesamt keine drei Jahre in Deutschland im Gefängnis. 2012 kam er vorzeitig frei, weil er in Haft einen Herzinfarkt erlitten hatte. Er lässt sich inzwischen von seiner zweiten Ehefrau Barbara pflegen, mit der er 40 Jahre verheiratet ist. Der Mann, der die ganze Republik in größte Aufregung versetzte, braucht jetzt absolute Ruhe, wie er "Bild" sagte.

Quelle: ntv.de, Ralf Isermann, AFP

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