Politik

Ricarda Lang im Frühstart "Scholz hätte Raketen-Entscheidung transparent kommunizieren müssen"

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Eine Mehrheit der Deutschen lehnt die Stationierung neuer US-Raketen hierzulande ab. Daran sei auch der Kanzler schuld, sagt Grünen-Chefin Ricarda Lang. Sie fordert eine offene Diskussion über das Thema und kritisiert Sahra Wagenknechts Haltung als kalkulierten Stimmenfang.

Grünen-Chefin Ricarda Lang sieht Bundeskanzler Olaf Scholz in der Pflicht, die Unterstützung der Bevölkerung für die Stationierung von US-Waffen in Deutschland zu gewinnen. "Es wäre gut gewesen, wenn Olaf Scholz als Bundeskanzler die Chance genutzt hätte, diese Entscheidung transparent der Bevölkerung zu kommunizieren und die Beweggründe offenzulegen", sagte Lang im Frühstart von ntv. Viele Menschen würden sich angesichts der Weltlage Sorgen darüber machen, ob man auch in Zukunft in einem friedlichen Europa lebe.

Mit Blick auf die aktuelle Bedrohungslage in Europa wollen die USA ab 2026 Marschflugkörper und Raketen mit größerer Reichweite in Deutschland stationieren. Diese Entscheidung findet laut einer Umfrage für ntv nur eine Minderheit der Befragten richtig.

"Wir als Grüne sind eine Friedenspartei und wir werden das auch immer bleiben. Dabei ist für uns aber klar: Frieden darf nicht bedeuten, dass sich ein Aggressor einfach durchsetzt, die Friedensordnung angreift und damit durchkommt", sagte Lang. Man müsse denen entgegentreten, die dies öffentlich infrage stellten, um Stimmen zu gewinnen. "Ich will hier mal Sahra Wagenknecht nennen", so die Grünen-Politikerin.

"Debatte nicht denen überlassen, für die Frieden nur ein Schlagwort für Unfreiheit ist"

Am Rande des NATO-Gipfels hatten das Weiße Haus und die Bundesregierung kürzlich bekannt gegeben, dass die USA von 2026 an in Deutschland wieder nichtnukleare Waffensysteme stationieren wollen, die weit bis nach Russland reichen. Scholz hatte argumentiert, die Waffen dienten der Abschreckung und es gehe darum, einen Krieg zu verhindern. Genannt wurden Tomahawk-Marschflugkörper, SM-6-Raketen und neue Hyperschallwaffen. Neben Lang kritisierte auch der ehemalige SPD-Chef Norbert Walter-Borjans das Vorgehen des Bundeskanzlers bei der Stationierung weitreichender US-Waffen in Deutschland.

Zuletzt hatten Stimmen aus der Politik gefordert, dass dies auch im Bundestag diskutiert werden müsse. "Wenn eine derart wichtige Entscheidung nur per Pressekonferenz mitgeteilt wird, verlieren wir die notwendige Unterstützung im Parlament und in der Öffentlichkeit", sagte Unionsfraktionsvize Johann Wadephul der "Rheinischen Post".

Lang zeigte sich hierfür offen: "Ich fände es sinnvoll, eine gesellschaftliche und politisch stärkere Debatte darüber zu führen." Auch über die Frage von Abrüstung, Rüstungskontrolle und Verteidigungsfähigkeit müsse man diskutieren. "In dieser Zeit ist es wichtig, die Debatte über Frieden nicht denen zu überlassen, die es eigentlich nur als Schlagwort für Unfreiheit benutzen", so Lang.

Wadephul hatte die Bundesregierung insgesamt scharf kritisiert: "Die Kommunikation der Bundesregierung dazu ist unterirdisch." Lang konterte, diese Kritik sei stark übertrieben: "Das ist natürlich Oppositionsgeheul. Ich würde mir wünschen, dass wir in dieser sehr ernsten Debatte, die viele Menschen umtreibt, nicht vor allem auf parteipolitische Profilierung und Gezanke zwischen Opposition und Regierung setzen, sondern auf Ernsthaftigkeit."

"Wagenknecht interessiert sich nicht für Landespolitik"

Mehr Ernsthaftigkeit und eine klare Fokussierung auf Landesthemen wünscht sich die Grünen-Chefin im Wahlkampf in Sachsen, Thüringen und Brandenburg, wo im September gewählt wird. Insbesondere das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mache dort Wahlkampf mit bundespolitischen Themen und spiele mit den Ängsten der Menschen. "Sahra Wagenknecht hat gesagt, die Positionierung zur Ukraine ist eine Koalitionsbedingung. Also ein Thema, das rein gar nichts mit Landespolitik zu tun hat. Es zeigt, dass sie sich überhaupt nicht für diese Bundesländer interessiert." Lang weiter: "Die Menschen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg haben es verdient, dass sich Parteien im Wahlkampf auch tatsächlich um die Probleme vor Ort kümmern wollen."

Angesprochen auf die schrumpfende deutsche Wirtschaft glaubt Lang nicht, dass der Bundeshaushalt in Gefahr ist. "Das hat jetzt keine ganz unmittelbaren Auswirkungen auf den Haushalt", sagte sie. Teil des zwischen den Ampelspitzen ausgehandelten Pakets ist die Prognose eines Wirtschaftswachstums um 0,5 Prozent. Im zweiten Quartal ist die Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes mit 0,1 Prozent allerdings rückläufig. "Wir als Regierung schauen uns diese Entwicklung ja nicht tatenlos an, ganz im Gegenteil. Mit der Wachstumsinitiative, insgesamt 49 Maßnahmen, haben wir ein Potenzial, das Bruttoinlandsprodukt um 0,5 Prozent zu steigern", betonte die Grünen-Chefin. Dies sei noch nicht genug, aber ein wichtiger Schritt. Als Beispiel nannte die Bundestagsabgeordnete den Abbau unnötiger Bürokratie beim Anwerben von Fachkräften aus dem Ausland. Lang betonte aber auch: "Mit den jetzigen Zahlen kann niemand zufrieden sein."

Quelle: ntv.de, tko

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