
Scholz schaut ihm über die Schulter: Gerhard Schröder bei der Buchvorstellung in Berlin.
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Am Tag nach Olaf Scholz' Wahl zum Bundeskanzler erscheint die erste Biografie über den neuen Regierungschef. Vorgestellt wird das Werk von seinem Vorgänger als SPD-Kanzler, Gerhard Schröder. Der ist voll des Lobes und erklärt das Geheimnis von Scholz' Erfolg.
Zwölf Millionen Menschen haben mit ihrer Zweitstimme dafür votiert, dass Olaf Scholz Bundeskanzler wird. Zehn Wochen später ist dieser Wunsch Wirklichkeit. Doch ist davon auszugehen, dass der neue Bundeskanzler auch seinen Wählern als Mensch ein Rätsel geblieben ist. Helfen könnte ihnen womöglich die einen Tag nach der Ernennung des neuen Bundeskanzlers vorgestellte Biografie "Olaf Scholz - Der Weg zur Macht" von Lars Haider. "Mehr muss man nicht wissen" über Scholz, befindet zumindest der bis dato letzte SPD-Kanzler Gerhard Schröder bei der Buchvorstellung in Berlin. Gut gelaunt unterhält er sich mit Autor Lars Haider und Jörg Quoos, Chefredakteur der Funke Mediengruppe, über den Neuen im Kanzleramt.
Arg neue Erkenntnisse über den Privatmenschen Scholz haben aber weder Schröder noch Biograf Haider zu berichten, wie der seit zehn Jahren amtierende Chefredakteur des "Hamburger Abendblatt" selbst einräumt. Denn: "Es gibt den Privatmenschen gar nicht so richtig." Die politische Arbeit nehme Scholz ganz ein. "Deshalb glaube ich, ist der Mensch Scholz vor allem Politiker", sagt Haider, der das 200-Seiten-Werk in weniger als zwei Monaten verfasst hat. Schröders Intervention, dass Scholz ja ein großer Leser und kulturinteressierter Mensch sei, korrigiert dieses Bild nicht wirklich. Die wichtigste Erkenntnis aus der Vorstellung des Buches, weil sich Haider und Schröder hierin einig sind: Scholz ist Bundeskanzler, weil er es unbedingt wollte.
Von langer Hand geplant
"Das war ein riesiges Lebensziel", sagt Haider. Scholz' Wahlkampf sei auch deshalb am Ende erfolgreicher gewesen als der seiner Konkurrenten, weil er es mehr gewollt habe als Annalena Baerbock und Armin Laschet. Schröder pflichtet bei, dass nur Kanzler werde, wer es "unbedingt" wolle - so wie Scholz. "Er hat das ausgestrahlt", sagt Schröder. "Ich denke, das ist sein Erfolgsgeheimnis."
Haider erinnert sich an ein Gespräch mit Scholz im Jahr 2018, als dieser von Hamburg nach Berlin wechselte. Schon damals habe der vorausgesagt, dass sich die Wähler 2021 für ihn entscheiden würden, wenn Angela Merkel geht. "Ich bin ja so eine Art männliche Merkel", zitiert Haider Scholz aus dem Gedächtnis. Und schon damals habe Scholz vorausgesagt, dass 25, 26 Prozent ausreichen würden, um Kanzler zu werden. Dieser Plan ist beängstigend exakt aufgegangen.
Um Bundeskanzler zu werden, brauche ein Mensch die "Bereitschaft, sich zu quälen - ich meine zu arbeiten - und dazuzulernen", sagt Schröder sowie die Fähigkeit, die eigene Politik den Menschen zu vermitteln. Der frühere Spottname "Scholzomat" sei deshalb "ganz falsch", befindet Schröder. "Sie können so ein Amt nicht erreichen, wenn Sie nicht kommunizieren können." Bundeskanzler zu sein, sei "ein wirklich harter Job" und "kräftezehrend", erinnert sich Schröder zurück. Scholz werde das aber gut machen, auch weil seine Frau Britta Ernst als Profipolitikerin Verständnis habe für seine Berufszwänge. Das sei bei ihm ja nicht immer so einfach gewesen, sagt der zum fünften Mal verheiratete Schröder schmunzelnd.
Zudem passe Scholz' Führungsstil, möglichst viel durch interne Gespräche zu klären, zur Ampel-Konstellation. Von der Richtlinienkompetenz dürfe ein Kanzler nicht zu oft Gebrauch machen, witzelt Schröder.
"Stolz darauf, dass er so ist, wie er ist"
Doch der Alt-Kanzler zollt auch seiner Partei Respekt, zu der er selbst ein gespanntes Verhältnis pflegt. Er habe bei dem Wettbewerb um den SPD-Vorsitz nicht für die Parteilinken Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans gestimmt, räumt Schröder wenig überraschend ein. "Aber die haben das gut gemacht", lobt er die Entscheidung, Scholz die Kanzlerkandidatur anzutragen. "Sie sind wirklich über sich hinausgewachsen, ich glaube insbesondere Frau Esken." Lob hat Schröder auch für den Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich sowie für den kommenden SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil, der seine ersten Schritte als Mitarbeiter in Schröders Wahlkreisbüro gemacht hatte. Zusammen würden die beiden Scholz den Rücken freihalten vor einer nicht immer einfachen Partei.
Dass Scholz im Amt noch einmal ein anderer werde, glauben weder Haider noch Schröder. "Du hast geschafft, was du wolltest. Bleib doch, wie du bist", lautet Schröders Rat, falls Scholz ihn danach fragen würde. Auch Haider sagt: "Er ist stolz darauf, dass er so ist, wie er ist." Und: "Einer, der schüchtern ist und nicht auf die Leute zugehen mag, der kann am Ende nur mit Arbeit überzeugen." Deshalb habe es auch bei Scholz länger gedauert als bei Merkel und Schröder, bis er sein Ziel erreicht habe. Aber seit Mittwoch ist er ja da.
Quelle: ntv.de