Kritik nach "würdelosem" Moment Scholz räumt Fehler nach Selenskyjs Rede ein
23.03.2022, 12:51 Uhr
Der ukrainische Präsident Selenskyj hält per Video eine emotionale Rede im Bundestag - doch unmittelbar nach seinen dramatischen Schilderungen wird auf eine Debatte verzichtet, trotz Drängen der Opposition. Der Bundeskanzler gesteht nun ein, dass das "nicht richtig" gewesen sei.
Bundeskanzler Olaf Scholz räumt ein, dass der von der Ampel-Koalition durchgesetzte Verzicht auf eine Debatte nach der Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor dem Bundestag ein Fehler war. Dies sei "nicht richtig" gewesen, sagte Scholz im Gespräch mit der "Zeit". Der Umgang des deutschen Parlaments mit Selenskyj war auf massive Kritik gestoßen.
Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef, erklärte im Anschluss, der nahtlose Übergang zur Tagesordnung nach den Worten Selenskyjs sei ein großer Fehler gewesen. "Die Situation im Deutschen Bundestag heute nach der Rede war vollkommen unangemessen", sagte Dobrindt ntv und fügte hinzu: "Die Ampel redet immer von Respekt und was wir jetzt hier erlebt haben nach dieser Rede, ist nichts anderes als ein mangelnder Respekt gegenüber dem Deutschen Bundestag und gegenüber der deutschen Öffentlichkeit."
Am deutlichsten in der Wortwahl wurde CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen. "Das war heute der würdeloseste Moment im Bundestag, den ich je erlebt habe", schrieb er auf Twitter. Der CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz nannte die Ablehnung "völlig unpassend". Das Land habe ein Recht darauf, zu erfahren, wie Scholz "die Lage sehe". Der frühere Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger fand den Vorgang "peinlich". Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken, Jan Korte, nannte die Haltung der Koalition "absolut lächerlich".
Bei der per Video übertragenen Rede Selenskyjs am vergangenen Donnerstag war Scholz zwar anwesend, hatte dazu aber nichts gesagt. Erst später veröffentlichte er eine kurze Äußerung auf Twitter. Der Bundestag selbst war trotz Forderungen insbesondere der Union nach einer Debatte nach der Ansprache ohne jegliche Unterbrechung zur Tagesordnung übergegangen - mit Geburtstagsglückwünschen und einer Debatte über die Impfpflicht.
Selenskyj hatte sich in seiner Rede für die deutsche Unterstützung bedankt, aber auch deutliche Kritik geübt. Er kritisierte die weiter bestehende enge Energiepartnerschaft Deutschlands mit Russland und forderte auch mehr militärische Unterstützung, etwa durch zusätzliche Waffenlieferungen. An Scholz hatte er zum Ende der Rede den Appell gerichtet: "Geben Sie Deutschland die Führungsrolle, die Deutschland verdient."
Quelle: ntv.de, tno/AFP