Politik

Der vertriebene "Heimatminister" Seehofer, die bayerische Allzweckwaffe

Seehofer könnte ein "extrem aufgemörteltes Superministerium" bekommen.

Seehofer könnte ein "extrem aufgemörteltes Superministerium" bekommen.

(Foto: dpa)

Die SPD punktet beim Ringen um Ministerposten. Der größte persönliche Erfolg gelingt allerdings CSU-Chef Horst Seehofer. Als Innenminister mit besonderen Befugnissen könnte er auch in Zukunft die lauteste Stimme Bayerns bleiben.

Ein Triumph eines Politikers lässt sich gut an der Wut seiner Gegner messen. Im Falle von Horst Seehofer, der in der Großen Koalition offenbar Innen-, Bau- und Heimatminister in einem werden soll, muss der Triumph gewaltig sein.

"Heimat- und Innenminister Seehofer? Ist das Satire?", fragt der Grünen-Politiker Özcan Mutlu  bei Twitter und spricht dann direkt die SPD an. "Seid ihr so scharf auf die GroKo, dass ihr sogar dazu ja sagt?" Linken-Chef Bernd Riexinger schreibt: "Seehofer als Innen- und Heimatminister meint wohl: Regierungsbeauftragter für rechtsoffene Dampfplauderei." Das linke Blatt "Neues Deutschland" schreibt: "Rette sich, wer kann: Nachdem ihn in Bayern keiner mehr wollte, wird Horst Seehofer neuer Bundesinnen- und Heimatminister." Der Begriff "Heimatministerium" - bisher gab es so etwas in Deutschland nicht - wird im Internet bereits als Unwort des Jahres 2018 gefeiert.

In vielen ersten Reaktionen auf das vorläufige Ja von CDU, CSU und SPD zum Koalitionsvertrag wird erwähnt, wie stark sich die Sozialdemokraten bei der Verteilung der Ministerposten durchgesetzt hätten. Sie bekommen Kreisen zufolge unter anderem das Finanz- und das Justizministerium, das Außenministerium, das Arbeits- und das Familienministerium. Den größten persönlichen Erfolg aber kann Seehofer für sich verbuchen.

In der CSU ist nach Angaben des "Münchener Merkurs" von einem "Superministerium" die Rede, das auch noch "extrem aufgemörtelt" wurde. An dem Zuschnitt, der insbesondere für bayerische Interessen von großer Bedeutung sein dürfte, soll die Groko noch am Morgen fast gescheitert sein.

Seehofer kann mit den Themen Migration und Sicherheit jonglieren

Seehofer kann nun von Berlin aus den Landtagswahlkampf in Bayern in diesem Jahr flankieren, indem er mit Themen wie der inneren Sicherheit und der Hilfe für Kommunen bei der Versorgung für Flüchtlinge jongliert. Und für den Rest der Legislaturperiode übernimmt er die Rolle des Garanten dafür, dass die CSU-Forderungen von Buchstaben in einem Koalitionsvertrag zu realer Politik werden. Beispiele sind der Ruf nach einer Obergrenze, nach einem harten Kurs beim Familiennachzug, aber indirekt auch einer christsozialen Sozialpolitik. In den Verhandlungen boxte Seehofer schon das Baukindergeld durch, das jetzt zumindest in Teilen auch in die Zuständigkeit seines umfassenden Ministeriums fallen könnte.

Seehofer als Allzweckwaffe? Die Rolle, die ihm zukommen dürfte, wirkt geradezu strahlend angesichts seiner jüngsten Erlebnisse in Bayern. Dort hat Seehofer erst im Dezember den jahrelangen Machtkampf mit seinem Rivalen Markus Söder verloren. Die Landtagsfraktionen erklärte den Mann, den Seehofer schon "charakterliche Schwächen" und einen Hang zu "Schmutzeleien" nachsagte, zum Spitzenkandidaten. Die CSU beschloss zudem, dass Söder der künftige Ministerpräsidenten Bayerns werde soll. Der Anfang vom Ende von Seehofers politischer Karriere im Freistaat.

Dass er ein Amt in Berlin übernehmen würde, damit sein Fall nicht ganz so schmerzhaft wird, ist schon lange spekuliert worden. Auffällig oft wurde Seehofer von Parteikollegen attestiert, dass er sich schon allein wegen seines Verhandlungsgeschicks in den Sondierungsgesprächen (erst mit Grünen, dann mit SPD), mehr als bewährt hätte. Hätte Seehofer in Berlin nur ein zweitrangiges Ministerium bekommen, hätte er sich womöglich aber eher früher als später zur Ruhe gesetzt. Der Eindruck eines nach Berlin Vertriebenen hätte nahegelegen. Mit seinem Posten als Innen- und Heimatminister allerdings dürfte Seehofer eine sehr laute Stimme im politischen Konzert der CSU bleiben. Vielleicht sogar etwas zu laut für seinen Rivalen Söder.

Quelle: ntv.de

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