Politik

Söder setzt sich durch Seehofer lacht einfach trotzdem

Am Ende ganz entspannt: Eine Stunde nahm sich Horst Seehofer nach einer CSU-Vorstandssitzung, um Fragen von Journalisten zu beantworten.

Am Ende ganz entspannt: Eine Stunde nahm sich Horst Seehofer nach einer CSU-Vorstandssitzung, um Fragen von Journalisten zu beantworten.

(Foto: dpa)

Ihre politische Feindschaft ist legendär. Jetzt wird Markus Söder Ministerpräsident, wie er es immer wollte. Und Horst Seehofer macht das Beste daraus.

Am Vormittag, als er vor die Presse tritt, kann Markus Söder seine Zufriedenheit kaum verbergen. Er hat sich durchgesetzt. Seit Jahren will er Ministerpräsident in Bayern werden - und seit Jahren will Amtsinhaber Horst Seehofer genau das verhindern. Jetzt ist es so weit: Söder wird nicht nur Spitzenkandidat der CSU für die Landtagswahl im kommenden Herbst. Der Franke wird den Wahlkampf sogar als Ministerpräsident bestreiten.

Söder ist am Ziel - und offensichtlich zufrieden.

Söder ist am Ziel - und offensichtlich zufrieden.

(Foto: dpa)

Söder ist zu einflussreich geworden, an ihm führte kein Weg vorbei. Am Morgen hatte Seehofer in einer Sitzung der CSU-Landtagsfraktion in München angekündigt, er werde sein Amt als Ministerpräsident im ersten Quartal 2018 zur Verfügung stellen. Als Nachfolger empfahl er Söder, ein Wunsch, dem die Fraktion sich per Akklamation anschloss. Zuvor hatte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann erklärt, dass er nicht kandidieren werde.

Ministerpräsident wird Söder also mit größter Wahrscheinlichkeit, denn die CSU-Abgeordneten sind es, die im Landtag den neuen Ministerpräsidenten wählen. Der Parteitag Mitte Dezember entscheidet nur noch über den CSU-Vorsitz. Dass Seehofer dort bestätigt wird, steht ebenfalls fest.

Erst am Sonntag fielen die letzten Entscheidungen auf dem Weg zur Doppelspitze. Nach stundenlangen Gesprächen hatte Seehofer am Abend gesagt, er habe einen "Konsensvorschlag" unterbreitet, der allgemein gutgeheißen worden sei. Das erinnert fatal an den Streit zwischen Seehofer und Angela Merkel. Über zwei Jahre machte der CSU-Chef der Kanzlerin schwerste Vorwürfe wegen ihrer Flüchtlingspolitik, um sie dann im Wahlkampf als "unseren größten Trumpf" zu preisen. Wie der Wahlkampf für die CSU ausging, ist bekannt: In Bayern kam sie auf 38,8 Prozent, ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl seit 1949.

Die Schmutzeleien sind Geschichte

Auch im Landtagswahlkampf in Bayern wird Seehofer also einen Spitzenkandidaten anpreisen, den er zuvor massiv attackiert hatte. Damit scheint er keine Probleme zu haben. In seiner eigenen Pressekonferenz am Nachmittag wirkt der scheidende Ministerpräsident etwas nachdenklich, aber mit sich im Reinen. "Das ist eine gesunde Entscheidung, die ich auch innerlich angenommen habe."

Nach der Fraktion hat sich auch der CSU-Vorstand einstimmig für Söder ausgesprochen. Von alten Zwistigkeiten will Seehofer danach nichts wissen. Angesichts von so viel Harmonie fragt ein Journalist mit ironischem Unterton: "Sie wollten eigentlich schon länger Markus Söder als Ministerpräsidenten, wir haben es nur nicht gemerkt?" Seehofer antwortet kühl, die Frage werde "der Ernsthaftigkeit der Situation" nicht gerecht. Als er auf das Zitat von den "Schmutzeleien" angesprochen wird, sagt Seehofer: "Das belastet uns überhaupt nicht."

Die berühmten Schmutzeleien. Bei einer Weihnachtsfeier der CSU vor fünf Jahren hatte Seehofer gesagt, Söder sei "von Ehrgeiz zerfressen", leide an "charakterlichen Schwächen" und leiste sich allerhand "Schmutzeleien", um unliebsame Konkurrenten aus dem Weg zu räumen. Dieses Zitat wird stets angeführt, wenn es um Seehofer und Söder geht. Dabei schien die Abneigung zwischen den beiden nie tiefgreifende politische Gründe zu haben. Seehofer sei, so heiße es, davon überzeugt, dass Söder dahinter steckte, als vor zehn Jahren die Existenz seines unehelichen Kindes bekannt wurde, schrieb die "Süddeutsche Zeitung".

Sicher ist, dass Seehofer kaum etwas unversucht ließ, um Söder zu stoppen. 2013 holte er die damalige Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner nach München und machte sie zur Wirtschaftsministerin. Sie sollte ein Gegengewicht zu Finanzminister Söder bilden und eines Tages vielleicht Ministerpräsidentin werden. Auch den ehemaligen Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg brachte Seehofer mitunter ins Spiel. Sein letzter Joker war Joachim Herrmann, im Bundestagswahlkampf Spitzenkandidat der CSU. Keiner dieser Pläne hat funktioniert.

"Da muss alles Historische zurücktreten"

Und nun sitzt Seehofer in der Parteizentrale der CSU und erklärt mit Blick auf die anstehende Landtagswahl: Er habe "die Überzeugung, dass wir mit dieser Formation die höchste Erfolgswahrscheinlichkeit haben". Da müsse "alles Historische zurücktreten". Im Verlauf der Pressekonferenz scheint sich der CSU-Chef zu entspannen, er gerät regelrecht ins Plaudern. Kritische Fragen über sein Verhältnis zu Söder weist er nicht mehr zurück. "Der brennt ja auch für Bayern, der brennt für die Politik, das kann man nicht bestreiten", sagt er. Und riskiert sogar einen Witz. "Sie haben mich bisher nur nicht gefragt dazu. Drum konnt' ich das einfach nicht sagen." Dann lacht er sein typisches Seehofer-Lachen.

Ab sofort sollen Machtkämpfe und Intrigen der Vergangenheit angehören, so lautet der Plan. Mit dem heutigen Tag beginne ein neues Kapitel, hatte Söder nach der Fraktionssitzung gesagt. Er unterstütze "ausdrücklich, dass Horst Seehofer wieder als Parteivorsitzender antritt", das sei eine "richtige, gute und starke Entscheidung". Die CSU könne nun "mit Anstand, mit Würde, aber auch mit einem sehr konsequenten Ergebnis für dieses Land neue Wege aufzeigen", sagt Söder mit staatstragender Miene.

Doch Zweifel bleiben. Können diese beiden Alphatiere vertrauensvoll zusammenarbeiten? Beide gehen offenbar davon aus. Angesichts der neuen Herausforderung durch die AfD komme es darauf an, "vor der Geschichte zu bestehen", sagt Söder. Dazu sei es wichtig, dass "die Stärksten" eng zusammenarbeiten.

Ganz nebenbei deutet Söder an, wie er sich das künftige Machtverhältnis zu seinem derzeitigen Chef vorstellt. "Es geht ja hier nicht um irgendein Amt", sagt er auf die Frage, warum Seehofer erst im nächsten Jahr als Ministerpräsident zurücktreten werde, "sondern es geht um das wichtigste politische Amt, das wir in Bayern haben." Seehofer scheint diese Hierarchie zu akzeptieren. Er habe Söder gefragt, berichtet er, ob der einverstanden ist, dass Andreas Scheuer CSU-Generalsekretär bleibt. Es sei "völlig selbstverständlich", so etwas jetzt mit Söder zu besprechen.

Dass Söder Machtkampf kann, hat er bewiesen. Jetzt muss er zeigen, dass er seine Partei befrieden und Wähler von sich überzeugen kann. "Wir streben ein möglichst gutes Ergebnis an", sagt Seehofer, nennt aber keine Zahl, die Söder im Herbst erreichen muss. Klar ist: Weniger als die absolute Mehrheit wäre für die CSU ein Desaster. Für Söder wäre es ein Problem. Ein bisschen dürfte Seehofer heute auch erleichtert sein.

Quelle: ntv.de

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