Politik

"Wollen die Russen Krieg?"Selenskyj: Putin hat meinen Anruf ignoriert

24.02.2022, 01:01 Uhr
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Selenskyj hat nach eigenen Angaben das persönliche Gespräch mit Putin gesucht. (Foto: imago images/ITAR-TASS)

Um die Ukraine-Krise zu entschärfen, wendet sich Präsident Selenskyj an die russische Bevölkerung. In seiner Videobotschaft berichtet der 44-Jährige von seinem Versuch, mit Kremlchef Putin zu telefonieren. Unterdessen stimmt das Parlament in Kiew für einen landesweiten Ausnahmezustand.

Angesichts der Befürchtungen um eine bevorstehende russische Invasion in der Ostukraine hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj laut eigenen Angaben vergeblich das Gespräch mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin gesucht. "Ich habe heute die Initiative für ein Telefongespräch mit dem Präsidenten der Russischen Föderation ergriffen. Das Ergebnis: Schweigen", sagte Selenskyj in einer in der Nacht veröffentlichten Ansprache an die Nation.

An der ukrainischen Grenze "sind fast 200.000 Soldaten positioniert, Tausende von Kampffahrzeugen", sagte er demnach mit Verweis auf die russischen Truppen. Russland könne in Kürze einen großen Krieg in Europa beginnen. "Wollen die Russen Krieg? Die Antwort hängt nur von Ihnen ab, den Bürgern der Russischen Föderation!", sagte Selenskyj auf Russisch.

Er sei bereit zu Verhandlungen mit Moskau in jedem beliebigen Format und an jedem Ort, um Fragen der Sicherheit und der Garantie von Frieden zu erörtern. "Die Sicherheit der Ukraine ist verbunden mit der Sicherheit ihrer Nachbarn. Deshalb müssen wir heute über die Sicherheit in ganz Europa sprechen." Sein Ziel sei der Frieden in der Ukraine und die Sicherheit der Bürger. "Dafür sind wir bereit, mit allen und auch mit ihnen zu reden."

Zudem wies er erneut Russlands Vorwürfe zurück, dass Kiew einen Angriff auf die Separatistengebiete in der Ostukraine vorbereite. "Was soll ich bombardieren? Donezk, wo ich Dutzende Male war?", fragte Selenskyj. Die reale Ukraine unterscheide sich komplett von dem in den russischen Nachrichten dargestellten Land. Die Ukrainer würden ihr Land nicht kampflos hergeben: "Wenn Ihr angreift, dann werdet Ihr unsere Gesichter sehen, nicht unsere Rücken!"

Parlament verhängt Ausnahmezustand

Das Parlament in Kiew hatte indessen einen landesweiten Ausnahmezustand beschlossen, der seit Mitternacht (23.00 Uhr MEZ) in Kraft ist. Der endgültige Text zu den Maßnahmen war zunächst nicht verfügbar. Möglich werden aber Ausgangssperren und Zwangsräumungen von Ortschaften. Der nationale Sicherheitsrat hatte den auf 30 Tage angesetzte Ausnahmezustand am Mittwochmorgen angekündigt.

Verboten werden können etwa auch Streiks und Demonstrationen. Zudem werden vor allem Kontrollen an den Gebietsgrenzen eingeführt. Die Regionen können die konkreten Maßnahmen selbst festlegen. Auch verstärkte Polizeipräsenz und das Recht auf willkürliche Kontrollen von Personen und Autos wären damit zulässig. Ausgenommen sind nur die ostukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk, in denen bereits seit 2014 eine besondere Form des Notstands gilt.

Das ukrainische Parlament stimmte zudem in erster Lesung einer Gesetzesänderung zu, die den Waffeneinsatz für Zivilisten zur Selbstverteidigung erleichtern soll. Die abschließende zweite Lesung könnte schon bald folgen.

Quelle: ntv.de, jpe/AFP/dpa

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