Politik

Die Kriegsnacht im Überblick Selenskyj: Zukunft wird auf dem Schlachtfeld entschieden - Ukraine meldet Erfolge

Präsident Selenskyj hofft auf schnellere Waffenlieferungen des Westens.

Präsident Selenskyj hofft auf schnellere Waffenlieferungen des Westens.

(Foto: IMAGO/ZUMA Wire)

Der ukrainische Präsident Selenskyj dringt auf schnellere Waffenlieferungen. Wie effektiv die Hilfe des Westens sein kann, verdeutlicht sein Berater. Demnach soll die ukrainische Artillerie 600 Angreifer an einem Tag ausgeschaltet haben. Doch auch die Verteidiger zahlen einen hohen Preis. Laut Kiew liegt die Zahl der Gefallenen im fünfstelligen Bereich.

Ukraine meldet 10.000 Gefallene

Es sind die ersten Angaben zu ukrainischen Verlusten seit Monaten. Nach Regierungsangaben sind etwa 10.000 ukrainische Soldaten seit Beginn des Krieges getötet worden. Die Zahl stammt vom Präsidenten-Berater Olexij Arestowytsch. Er nannte sie in einem seiner regelmäßigen Youtube-Videointerviews mit dem russischen Oppositionellen Mark Feygin. Diese Woche hatte Verteidigungsminister Olexij Resnikow bereits gesagt, dass aktuell täglich bis zu 100 ukrainische Soldaten getötet würden.

Arestowytsch betonte, dass auf ukrainischer Seite auch zu Beginn des Krieges rund 100 Militärangehörige pro Tag gestorben seien. Auf Feygins Frage, ob man also von rund 10.000 getöteten Soldaten insgesamt ausgehen könne, antwortete er: "Ja, so in etwa." Weder von der Ukraine noch von Russland gab es bisher erschöpfende Angaben zu den Verlusten seit dem russischen Überfall am 24. Februar. Selenskyj hatte zuletzt Mitte April in einem CNN-Interview von bis zu 3000 getöteten Soldaten gesprochen.

Arestowytsch: 600 tote Russen an einem Tag

Laut Arestowytsch werden dauerhaft mehr russische als ukrainische Soldaten getötet. Am Freitag seien die Angriffe der ukrainischen Artillerie mit westlicher Munition besonders effizient gewesen, sagte er und gab die Schätzung von rund 600 getöteten russischen Soldaten ab. Mit Blick darauf appellierte der Selenskyj-Berater an den Westen, viel schneller Waffen und Munition zu liefern. Die von ihm genannte Zahl lässt sich allerdings unabhängig kaum überprüfen.

Die ukrainische Regierung sei zwar für die bisherige Hilfe sehr dankbar, ohne die man vermutlich bereits hinter den Dnipro-Fluss zurückgedrängt worden wäre, sagte Arestowytsch. Er verstehe aber die Langsamkeit bei den Lieferungen nicht. Um die russische Aggression zurückzuschlagen, brauche die Ukraine unter anderem schnell mehr Artillerie-Feuerkraft, betonte Arestowytch.

"Russland will jede Stadt im Donbass zerstören"

Auch Selenskyj selbst dringt beim Westen auf schnellere Waffenlieferungen. Zwar bereite sich die ukrainische Regierung auf den Wiederaufbau vor, sagte er in seiner täglichen Videoansprache. Aber in den derzeitigen "schwierigen" Schlachten werde entschieden, wie schnell diese Zeit danach kommen werde. Und die ukrainischen Truppen könnte den Vormarsch des russischen Militärs nur so gut aufhalten, wie ihre Waffen es ihnen erlaubten.

"Russland will jede Stadt im Donbass zerstören, 'jede' ist keine Übertreibung. Wie Wolnowacha, wie Mariupol", sagte Selenskyj. "All diese Ruinen in einst glücklichen Städten, schwarze Spuren von Bränden, Krater von Explosionen - das ist alles, was Russland seinen Nachbarn, Europa und der Welt geben kann."

Bürgermeister: Russen reißen in Mariupol Häuser mit Toten ab

Unterdessen hat der von russischen Truppen aus Mariupol vertriebene Bürgermeister Wadym Boitschenko den Besatzern vorgeworfen, in der Stadt Mehrfamilienhäuser abzureißen, ohne zuvor die Leichen getöteter Bewohner zu bergen. Die Toten würden mit dem Schutt abtransportiert, schrieb Boitschenko im Nachrichtendienst Telegram. In der wochenlang von russischen Truppen belagerten Hafenstadt seien 1300 Gebäude zerstört worden und unter den mehrstöckigen Häusern würden jeweils 50 bis 100 Tote vermutet. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden. Ukrainische Behörden schätzten die Zahl der in Mariupol getöteten Zivilisten noch vor der Eroberung durch russische Truppen auf bis zu 20.000.

Moskau verteilt russische Pässe

Russland setzt derweil seine Versuche fort, besetzte ukrainische Gebiete enger an sich zu binden. In den von russischen Truppen kontrollierten Teilen der Region Saporischschja sollen ab heute russische Pässe ausgehändigt werden. Die Empfänger würden danach als vollwertige Bürger Russlands betrachtet, sagte ein Mitglied der Besatzungsbehörden, Wladimir Rogow, dem Fernsehsender Rossija-24. Ihm zufolge haben dort mehr als 70.000 Menschen Anträge gestellt.

Präsident Wladimir Putin hatte im Mai das Verfahren für den Erhalt russischer Pässe vereinfacht. Russland verteilt sie auch in anderen besetzen Gebieten und führt dort auch den Rubel als Zahlungsmittel ein. Ukrainische Behörden werfen den Besatzern vor, Menschen in die russische Staatsbürgerschaft zu drängen und befürchten eine Annexion der besetzten Gebiete. Laut Arestowytsch wurde im besetzten Gebiet Cherson ein russischer General getötet, der eine Volksabstimmung über einen Anschluss an Russland habe durchführen sollen.

Das wird heute wichtig

  • Der Verlauf der Kämpfe in der ostukrainischen Industrieregion Donbass steht weiter im Mittelpunkt.

Alle weiteren Entwicklungen können Sie in unserem Liveticker zum Ukraine-Krieg nachlesen.

Quelle: ntv.de, jpe/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen