Politik

"Bin nicht so optimistisch" Separatisten-Chef: Kampf um Mariupol wird dauern

Denis Puschilin glaubt nicht an eine schnelle Eroberung von Mariupol.

Denis Puschilin glaubt nicht an eine schnelle Eroberung von Mariupol.

(Foto: imago images/SNA)

Seit Wochen steht das ukrainische Mariupol unter russischem Beschuss. An einen schnellen Sieg glaubt der prorussische Separatisten-Anführer Denis Puschilin aber nicht. Er rechnet mit einem langen Kampf um die Stadt.

Der Anführer der pro-russischen Separatisten im ostukrainischen Donezk rechnet damit, dass die Kämpfe in der Hafenstadt Mariupol noch einige Zeit dauern werden. "Ich bin nicht so optimistisch, dass zwei oder drei Tage oder auch eine Woche ausreichen werden, um den Fall zu schließen", zitiert die russische Nachrichtenagentur Interfax Denis Puschilin, Chef der sogenannten Volksrepublik Donezk. Demnach sollen sich mehrere Tausend ukrainische Kämpfer in der Stadt aufhalten. Auch sei die Stadt sehr groß.

Mariupol ist die letzte große Hafenstadt am Asowschen Meer unter ukrainischer Kontrolle. Moskau hatte den Verteidigern der Stadt am Sonntagabend bis heute Morgen 4.00 Uhr MEZ Zeit gegeben, sich zu ergeben. Das russische Verteidigungsministerium drohte den Verantwortlichen von Mariupol ansonsten an, sie vor ein "Kriegsgericht" zu stellen. Die Führung in Kiew lehnte das Ultimatum ab.

Dem ukrainischen Verteidigungsminister Olexij Resnikow zufolge binden die Verteidiger von Mariupol wichtige Kräfte der russischen Armee. "Dank ihrer Selbstaufopferung und der übermenschlichen Tapferkeit sind Zehntausende Leben in der ganzen Ukraine gerettet worden. Mariupol rettet heute sowohl Kiew, als auch Dnipro und Odessa", sagte Resnikow einer Mitteilung zufolge. Die Kämpfer des nationalistischen ukrainischen Asow-Regiments hätten dem russischen Feind zahlreiche Verluste zugefügt, teilte der Stadtrat von Mariupol mit.

Nach Angaben des Moskauer Staatsfernsehens sind mehrere Stadtviertel und der Flughafen von Mariupol nicht mehr unter Kontrolle der ukrainischen Behörden. Laut dem russischen Verteidigungsministerium leben noch bis zu 130.000 Bewohner in der Stadt - vor dem Krieg waren es rund 440.000. Nach Angaben der ukrainischen Regierung wurden seit Beginn der russischen Invasion mehr als 2100 Einwohner der Stadt getötet. Russland wirft der Ukraine vor, die Flucht der Menschen über humanitäre Korridore zu behindern. Der Stadtrat von Mariupol wiederum warf Moskau zuletzt vor, Zivilisten gegen ihren Willen nach Russland gebracht zu haben.

"In Mariupol spielen sich massive Kriegsverbrechen ab"

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte das Vorgehen Moskaus scharf. "In Mariupol spielen sich massive Kriegsverbrechen ab", sagte Borrell vor Beratungen mit den EU-Außen- und Verteidigungsministern in Brüssel. Der Sicherheitsberater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Ihor Schowkwa, sprach im ZDF sogar von einem "Völkermord" in Mariupol. Alle 15 Minuten würden dort russische Raketen einschlagen, sagte er. Bei den Angriffen würden jeden Tag Zivilisten getroffen.

Auch der griechische Konsul in Mariupol, Manolis Androulakis, zog bei seiner Rückkehr aus dem ukrainischen Kriegsgebiet eine bittere Bilanz. "Mariupol wird sich einreihen bei jenen Städten, die durch Krieg vollständig zerstört wurden - ob Guernica, Coventry, Aleppo, Grosny oder Leningrad", sagte der Diplomat bei seiner Ankunft in Athen am Sonntagabend vor Journalisten.

"Es gab kein Leben mehr - binnen 24 Stunden wurde die gesamte Infrastruktur zerstört. Es wurde einfach alles bombardiert." Was in Mariupol passiere, sei eine Tragödie sowohl für das russische als auch das ukrainische Volk. Androulakis war einer der letzten westlichen Diplomaten, der die Stadt verließ.

Quelle: ntv.de, jpe/rts/dpa/AFP

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