CDU-Vize Prien zu Bildungsgipfel "So geht man einfach nicht miteinander um"
14.03.2023, 19:18 Uhr
Von diesem Bildungsgipfel hält Karin Prien gar nichts, wie sie im Interview mit ntv.de deutlich macht. Die stellvertretende CDU-Vorsitzende ist Bildungsministerin in Schleswig-Holstein.
(Foto: IMAGO/IPON)
In Berlin hält Bildungsministerin Stark-Watzinger einen Bildungsgipfel ab - doch kaum ein Kultusminister der Länder nimmt teil. Auch Karin Prien aus Schleswig-Holstein nicht. Im Interview mit ntv.de sagt die stellvertretende CDU-Vorsitzende, warum sie das Treffen sinnlos fand.
ntv.de: Warum haben Sie nicht an dem Bildungsgipfel teilgenommen?
Karin Prien: Es ist leider kein geeignetes Format, um die großen Probleme und Herausforderungen ernsthaft miteinander zu besprechen. Es wurden nicht einmal alle Bildungsminister eingeladen. Nordrhein-Westfalen hat als größtes Bundesland keine Einladung bekommen. Es gab im Vorfeld keine Abstimmung über die Themen, es gab keine Tagesordnung. Insofern habe ich heute Morgen lieber an der Kabinettssitzung in Schleswig-Holstein teilgenommen.
Morgen beginnt in Berlin die Kultusminister-Konferenz - hätten Sie da nicht einen Tag früher anreisen können? Oder wollten Sie ein Zeichen setzen?
Ich fand, das war keine angemessene Art des Umgangs. Wenn man ernsthaft an einer besseren Zusammenarbeit mit den Ländern interessiert ist, dann erfindet man nicht einseitig ein neues Format. Man spricht auch nicht darüber, wie es nach so einer einmaligen Veranstaltung weiter gehen soll. Das riecht für mich nach einer Showveranstaltung. So geht man einfach nicht miteinander um.
Das Bundesbildungsministerium spricht davon, dass es einen Dialog darüber geben soll, wie Bund und Länder enger zusammenarbeiten können. Ist das nicht sinnvoll?
Wenn man eine bessere Zusammenarbeit mit jemandem möchte, dann sagt man den zuständigen Menschen: Lasst uns über ein neues Format sprechen. Lasst uns schauen, wie wir unsere Beziehungen verbessern können. Da lade ich doch nicht nur einzelne Bildungsminister ein. Die Wissenschaftsminister, die für die Lehrerausbildung zuständig sind, wurden übrigens gar nicht eingeladen. Wenn ich keine Agenda bespreche, kann ich doch nicht erwarten, dass dann alle zu so einem Termin erscheinen, nur um und dann als Staffage zu dienen. Das kann man so nicht machen.
Als größte Probleme im Bildungsbereich werden Lehrermangel, Digitalisierung und der bauliche Zustand der Gebäude genannt. Wie kriegt man das in den Griff?
Natürlich ist es in erster Linie Aufgabe der Länder, mehr Lehramtsabsolventen an den Hochschulen zu generieren. Wir brauchen eine größere Flexibilität beim Wechsel ins Lehramt, mehr Seniorlehrkräfte und mehr Aufstockung bei Teilzeitkräften. Lehrkräfte müssen außerdem von Bürokratie entlastet werden. Das sind alles Dinge, die zwischen Schul- und Hochschulministern der Länder verabredet werden. Der Bund kann da helfen. Da gibt es zum Beispiel die Qualitätsoffensive Lehrerbildung, mit der der Bund bisher die Qualitätsentwicklung der Lehrerbildung an den Hochschulen gefördert hat. Jetzt ist nicht sicher, ob das Programm über 2023 hinaus fortgesetzt wird. Dabei könnte der Bund da wirklich helfen.
Wie bringt man die Digitalisierung in Schwung?
Schnelle und klare Verabredungen für einen deutlich entbürokratisierten Digitalpakt 2.0 wären unglaublich hilfreich für die Länder. Sie würden dabei helfen, mit den Kommunen die Digitalisierung voranzubringen. Sämtliche Mittel aus dem bisherigen Digitalpakt werden jetzt verbraucht sein, nachdem die Frist zur Antragsabgabe zum 31.12.22 abgelaufen ist. In Schleswig-Holstein haben 98 Prozent der Schulträger einen Antrag gestellt. Die sind nahezu alle bewilligt worden. Insofern ist der Digitalpakt ein großer Erfolg. Aber man kann ihn unbürokratischer gestalten und das sollten wir dringend tun. Der dritte Punkt ist: Endlich muss das Startchancenprogramm auf den Weg gebracht werden. Das hat auch einen Bauanteil, aber vor allem geht es um Schulsozialarbeit und einem Chancenbudget für Schulen in besonders herausfordernder Lage. Da ist das Schuljahr 2024/2025, wie von Frau Stark-Watzinger geplant, viel zu spät.
Weiß Frau Stark-Watzinger das alles nicht?
Doch, sie weiß das. Aber das große Problem dieser Bundesregierung ist es, dass sie Probleme hat, die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen. Die Ampelkoalition hat im Schulbereich einen tollen Koalitionsvertrag, da unterstütze ich auch als CDU-Politikerin das allermeiste sehr. Aber die eigentlich vorgesehenen Mittel stehen nicht mehr zur Verfügung. Frau Stark-Watzinger gelingt es offenbar nicht, sich gegenüber ihrem Finanzminister durchzusetzen. Daraus resultieren auch die Verschlechterungen im Klima der Zusammenarbeit. Wenn der Bund nicht signifikant mehr Geld zur Verfügung stellt, werden die Länder natürlich bei den Mitspracherechten, die der Bund fordert, wenig kompromissbereit sein.
Aber Finanzminister Christian Lindner hat doch mehr Geld zugesagt, eine "Bildungsmilliarde".
Ja. Aber allein für das Startchancen-Programm waren schon zwei Milliarden pro Jahr geplant. Weitere zwei Milliarden waren für den Digitalpakt Schule eingeplant. Jetzt ist nur noch von einer Milliarde die Rede. Wenn ich das nach dem Königsteiner Schlüssel herunterrechne, bekommt Schleswig-Holstein 34 Millionen Euro. Fürs Bauen, für die Sozialarbeit und das Chancenbudget. Das ist wirklich nicht der große Wurf.
Was besprechen Sie auf der Kultusministerkonferenz am Mittwoch und Donnerstag? Ist das der wahre Bildungsgipfel?
Wir tagen ja immer im März zu unserer Frühjahrssitzung, insofern ist das für uns eine Regelsitzung. Wir sprechen mit Frau Stark-Watzinger unter anderem über das Startchancen-Programm. Die Länder haben dazu Eckpunkte vorgelegt. Wir sprechen auch über die Universitätsmedizin und die Frage, inwieweit ihr Ministerium die Interessen der Universitätskliniken bei der geplanten Krankenhausreform vertreten kann.
Manche fordern, dass es einen Bildungsgipfel mit Kanzler Olaf Scholz geben sollte. Wären Sie dann wieder mit dabei?
Ich bin überhaupt nicht dagegen, einen Gipfel auf der Ebene der Regierungschefs zu machen. Aber das hat erst dann Sinn, wenn die wesentlichen Themen vernünftig ausgehandelt sind. Die liegen auf dem Tisch. Es ist nun leider viel Porzellan zerschlagen worden. Umso wichtiger ist es, dass Bund und Länder in den vorhandenen Formaten zusammenkommen und Ernst machen mit einer besseren Zusammenarbeit.
Mit Karin Prien sprach Volker Petersen
Quelle: ntv.de