Vorschlag für ein Förderkonzept So kostet eine Wärmepumpe nicht mehr als eine Gasheizung
03.07.2023, 20:06 Uhr Artikel anhören
Eine Wärmepumpe kostet deutlich mehr als eine Gasheizung - über die Jahre wird der Betrieb einer Gasheizung allerdings teurer sein.
(Foto: IMAGO/imagebroker)
Der Wirtschaftswissenschaftler Sebastian Dullien hat ein Konzept entwickelt, mit dem der Einbau einer Wärmepumpe nicht teurer wäre als eine neue Gasheizung - und auch den öffentlichen Haushalten würden keine Kosten entstehen. Im Interview mit ntv.de erläutert der Ökonom seinen Vorschlag.
ntv.de: In dieser Woche soll das sogenannte Heizungsgesetz im Bundestag beschlossen werden, separat auch die begleitende Förderung. Dazu gab es erst in der vergangenen Woche Details. Hätte der Förderrahmen nicht von Anfang an klar sein müssen?
Sebastian Dullien: Ich würde sogar sagen, dass bei einem so großen Vorhaben eigentlich erst die Förderung hätte definiert und vorgestellt werden müssen, erst dann die Vorschriften. Jetzt ist das Problem, dass den Menschen sehr viel Angst gemacht wurde und sie sehr verunsichert worden sind. Wäre man andersrum vorgegangen, hätte man, glaube ich, einen Teil der Debatte einfangen können.

Sebastian Dullien ist Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in Düsseldorf.
(Foto: imago images/Jürgen Heinrich)
Sie haben zusammen mit Kollegen ein Modell entwickelt, das sicherstellen soll, dass Privathaushalte bei einem Umstieg auf eine klimafreundliche Heizung nicht mehr zahlen müssen als mit einer Gas- oder Ölheizung. Wie sieht das aus?
Die Idee ist, dass die Haushalte bei der Anschaffung einer Wärmepumpe nicht schlechter gestellt werden sollen, als wenn sie eine kaputte fossile Heizung gegen einen neuen Kessel ausgetauscht hätten - und zwar einschließlich der Kosten für eine eventuell anfallende Haussanierung.
Wer würde die Differenz der Kosten zwischen einer neuen Gasheizung und einer Wärmepumpe denn übernehmen?
In unserem Modell würde dies der Staat übernehmen, wobei jedoch fiskalisch keine Kosten für die öffentlichen Haushalte entstehen würden. Das unterscheidet unser Konzept von den aktuellen Förderplänen. Der Staat würde über die staatliche Förderbank KfW einen Kredit aufnehmen und das Geld als Darlehen an die Haushalte weitergeben. Die könnten damit die Anschaffung der Wärmepumpe und die Sanierung des Hauses finanzieren - abzüglich der Summe, die eine Gasheizung gekostet hätte. Das Darlehen müsste zwar abgetragen werden, aber immer nur in Höhe der Differenz zwischen den nun anfallenden Stromkosten für die Wärmepumpe und den Kosten, die man hätte, wenn man weiter mit Gas oder Öl heizen würde.
So wird das Darlehen getilgt?
Das Heizen mit Öl und Gas wird ab dem Jahr 2027 mit großer Wahrscheinlichkeit sehr teuer. Das bedeutet, dass dann auch die Abzahlungsrate steigt, denn in unserem Modell sind die künftigen Raten daran gekoppelt, wie sich die Preise für Öl und Gas entwickeln. Aber immer zahlt man als Haushalt nur so viel, wie man bezahlen müsste, wenn man noch eine Öl- und Gasheizung hätte.
Der Gaspreis hängt vom CO2-Preis ab, der bis 2027 stark steigen wird.
Genau. 2027 soll ein zweites Europäisches Emissionshandelssystem starten, das den Gebäudesektor einschließen wird. Es gibt Berechnungen von Kolleginnen und Kollegen, nach denen der CO2-Preis bis 2030 auf 200 bis 300 Euro pro Tonne steigen kann - derzeit liegt er im Gebäude- und Verkehrsbereich bei 25 Euro für eine Tonne CO2. Gegen Ende des Jahrzehnts könnte eine Kilowattstunde Gas rund 16 Cent kosten. 16 Cent wären 4 Cent mehr als das, was die Gaspreisbremse als Referenzpreis vorgibt. Und den Prognosen zufolge würde der Gaspreis Richtung 2050 noch weiter hochgehen.
Und wenn es nicht so kommt?
Auch dann würde unser Modell funktionieren. Dann würde es nur länger dauern, das Darlehen abzuzahlen, denn dann würden die Raten niedriger ausfallen.
Haben Sie ausgerechnet, wann eine Wärmepumpe unter welchen Bedingungen abbezahlt wäre?
Inklusive Sanierung wäre das bei einem sehr hohen CO2-Preis nach etwas mehr als zehn Jahren der Fall. Wenn der CO2 Preis niedrig ausfällt, nach 20 Jahren.
Sie schreiben in Ihrer Studie, dass die meisten Menschen vermutlich unterschätzen, welche Kosten angesichts der steigenden Gaspreise auf sie zukommen. Unterschätzt die Politik vielleicht auch, welche Debatten bei steigenden Gaspreisen auf uns zukommen?
Das ist auch mein Eindruck. Nicht nur den Menschen, auch der Politik ist nach meinem Eindruck noch nicht klar, wie teuer Heizen mit fossilen Heizungen nach der aktuellen Gesetzgebung sein wird. Und die Politik hat noch kein Instrument entwickelt, um das aufzufangen. Das Problem hier ist, dass je nach Lebensumständen massive Kosten auf die Leute zukommen können. Gegenüber der Zeit vor der Pandemie und vor der Ukraine-Invasion werden wir möglicherweise eine Verdreifachung der Heizkosten bis 2027/2028 sehen. Wer heute für 100 Euro heizt, kann 300 Euro in ein paar Jahren vielleicht noch verkraften, aber wenn jemand ein älteres, unisoliertes Haus hat, dann springen die Heizkosten vielleicht von jetzt 250 auf dann 750 Euro. Ich bin nicht sicher, ob alle Politikerinnen und Politikern dieses Problem schon auf dem Schirm haben.
Wenn ein stark gestiegener Gaspreis zum Ende des Jahrzehnts staatlich abgepuffert würde, wie würde sich das auf Ihr Konzept auswirken?
Das kommt darauf an, wie der Staat abpuffern würde. Es gibt Vorschläge, nach denen ein Klimageld an alle Haushalte ausgezahlt werden soll. Das würde an unserem Konzept nichts ändern. Dann würden die Haushalte Geld bekommen, aber der Gaspreis würde unverändert steigen. Die Haushalte könnten einen Teil des Klimagelds nutzen, um die Raten zu zahlen; die Raten würden sich deshalb nicht verändern. Wenn der Staat allerdings in irgendeiner Form in den CO2-Preis eingreifen würde, mit der Folge, dass der Gaspreis sinkt, dann würden die Raten niedriger ausfallen und es würde länger dauern, bis das Darlehen abbezahlt ist.
Könnten auch Personen ein solches Darlehen bekommen, die von einer normalen Bank keinen Kredit bekommen würden?
Die Darlehensvergabe würde jenseits der üblichen Risikoabschätzung der Banken laufen. Das würde auch ältere Menschen betreffen, die möglicherweise Schwierigkeiten haben, einen normalen Kredit zu bekommen. Im Zweifel wäre ja auch das Haus als Sicherheit da. Vor allem ginge es darum, den Menschen die Angst zu nehmen, dass sie zu Lebzeiten aus ihrem Haus raus müssen. Es würde aus meiner Sicht nicht darum gehen, Erben zu schützen.
Sollte jeder in den Genuss einer solchen Förderung kommen oder nur bestimmte Einkommensgruppen?
Unserer Ansicht nach sollte jede Einkommensgruppe Förderung bekommen. Man könnte darüber nachdenken, ob es sinnvoll ist, ein 2000-Quadratmeter-Schloss über ein solches Programm zu sanieren, weil die Kosten dann möglicherweise höher sind als Wert der Bausubstanz. Aber wir würden keine Einkommensbeschränkungen vornehmen. Die Heizungsdebatte hat ja gezeigt, dass es auch in der Mittelschicht Menschen gibt, die eine Immobilie haben und für die die Sanierungskosten zumindest subjektiv, aber möglicherweise auch objektiv eine massive finanzielle Belastung darstellen. Diese Angst wollen wir nehmen. Und da den öffentlichen Haushalten keine Kosten entstehen, gibt es aus meiner Sicht auch keinen Grund, ein solches Programm auf bestimmte Einkommensgruppen zu beschränken.
Nicht nur die Kosten, auch bürokratische Hürden könnten Eigenheimbesitzer abschrecken. Wie groß wäre der Aufwand in dieser Hinsicht?
Man müsste natürlich einen Antrag stellen, und man müsste sich beraten lassen, wo eine Sanierung am sinnvollsten wäre. Es gibt Dinge, die sehr günstig sind und sehr viel bringen, etwa die Sanierung der Kellerdecke und der obersten Gebäudedecke. Da wäre es einfach sinnvoll, sich beraten zu lassen. Ansonsten könnte man die Bürokratie relativ gering halten.
Sie haben Ihr Konzept in der vergangenen Woche an Koalitionsfraktionen und Kanzleramt verschickt. Haben Sie schon Rückmeldungen bekommen?
Ich habe von verschiedenen Stellen gehört, dass man das Konzept grundsätzlich sehr interessant findet und es sich genauer angucken will. Es ist natürlich unwahrscheinlich, dass es in dieser Woche schon im Bundestag berücksichtigt wird. Aber ich bin sicher, dass die Debatte nach der Verabschiedung des GEG nicht vorbei sein wird, zumal viele der Verpflichtungen zum Heizungstausch erst in den nächsten Jahren in Kraft treten.
Mit Sebastian Dullien sprach Hubertus Volmer
Quelle: ntv.de