Corona-Debakel in Bayern Söders Ministerin wusste früher Bescheid
18.08.2020, 16:36 Uhr
Wackelt jetzt der Stuhl von Melanie Huml?
(Foto: dpa)
Die bayerische Gesundheitsministerin Huml wusste früher von den Corona-Testpannen als von ihr bislang eingeräumt. Die Grünen gehen davon aus, dass Ministerpräsident Söder ein Rücktrittsangebot der Ministerin dieses Mal nicht ausschlagen würde.
Der bayerischen Gesundheitsministerin Melanie Huml war die Corona-Testpanne an den Autobahnen in Bayern deutlich früher bekannt als von ihr bislang eingeräumt. Bereits am Montag der vergangenen Woche wurde das Ministerium per E-Mail darüber informiert, dass Zehntausende Reiserückkehrer auf ihre Testergebnisse warten, darunter mehrere Hundert Infizierte. Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung".
Erst am Mittwoch, also zwei Tage später, hatte die CSU-Politikerin die Öffentlichkeit über die Panne informiert. Dabei sagte sie, "die Gesamtsituation der Problematik" habe sich erst am Morgen dieses Tages gezeigt. Sie betonte zudem, es gebe "nichts schönzureden".
Der Deutschen Presse-Agentur gegenüber bestätigte Huml den Bericht der SZ. Ihr sei es aber nicht um eine "Verschleierung" gegangen. Vielmehr sei ihr in der Mail am Montag auch ein Lösungsansatz bis zum folgenden Dienstag präsentiert worden, wie das Problem behoben werden könne. Nachdem sich diese "Hoffnung" aber bis zum Mittwoch nicht bestätigte, "haben wir sofort gehandelt und die Öffentlichkeit informiert".
"Ein weiteres Rücktrittsangebot wird Söder nicht ausschlagen"
Laut SZ erhielten unter anderem Humls Ministerbüro und ihr Amtschef am Montag um 12.30 Uhr die besagte E-Mail aus dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). Darin berichtet das Laborunternehmen Eurofins, das die Corona-Tests für Reiserückkehrer an drei bayerischen Autobahnen auswertet, von massiven Problemen. Konkret ist die Rede von mehr als 40.000 Proben und 338 positiven Fällen, die noch nicht übermittelt werden konnten. Als Huml am Mittwoch dann öffentlich über die Panne informierte, waren die Zahlen auf 44.000 Proben und mehr als 900 Positivbefunde gestiegen.
Die bayerischen Grünen kritisierten, durch Humls Vorgehen seien zwei wertvolle Tage verloren gegangen. "In der Zeit hätte man schon an die Presse gehen und die Getesten um Vorsicht bitten können, auch wenn sie noch kein Ergebnis haben", sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im bayerischen Landtag, Christina Haubrich. "Dadurch hätten womöglich Ansteckungen verhindert werden können, die es nun gegeben hat", so Haubrich zu ntv.de. Humls Rücktritt forderte die Landtagsabgeordnete nicht, sie sagte aber, der Vorgang zeige, "wie überfordert die Gesundheitsministerin mit der derzeitigen Situation ist".
Ministerpräsident Markus Söder hatte Huml noch am vergangenen Donnerstag das Vertrauen ausgesprochen. Nach seiner Darstellung hatte die Ministerin ihm ihren Rücktritt angeboten, dies habe er jedoch abgelehnt - zur Führung gehöre auch, dass man sich in schwierigen Zeiten "unterhakt", so Söder. Zugleich sprach er von einem "schweren Fehler". Grünen-Politikerin Haubrich sagte mit Blick auf die zweitägige Verzögerung, jetzt stelle sich die Frage, "ob Herr Söder davon wusste oder nicht". "Ich gehe davon aus, dass Herr Söder ein weiteres Rücktrittsangebot von Frau Huml nicht mehr ausschlagen wird."
Quelle: ntv.de, hvo/dpa