Politik

"Nix ist fix" Sondierer sehen gute Vertrauensgrundlage

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer (rechts) begrüßt den SPD-Parteivorsitzenden Martin Schulz (links), und SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer (rechts) begrüßt den SPD-Parteivorsitzenden Martin Schulz (links), und SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil.

(Foto: dpa)

Strittige Themen und ein gebrochenes Schweigegelübde - zur Halbzeit der Sondierungen zeigen sich Union und SPD trotzdem optimistisch. In Sachen Zuwanderungsgesetz und Netzausbau gibt es offenbar Einigungen.

Trotz kleiner Nickeligkeiten glauben Union und SPD zur Halbzeit der Sondierungen daran, bis Freitag zu einem Ergebnis kommen zu können. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer erklärte, die Stimmung sei weiter gut zwischen den drei Parteien. "Seit Beginn der Sondierungsverhandlungen ist eine gute Grundlage des Vertrauens und der Kollegialität gesetzt worden. Daran soll es nicht scheitern", sagte der CSU-General. Nun nähern sich die Gespräche seinen Worten zufolge den Hauptthemen an und den dafür vorhandenen finanziellen Spielräumen. Union und SPD wollten in die Zukunft Deutschlands investieren, so der 43-Jährige. Wenngleich der Wille zur Einigung da sei, sei der Durchbruch aber noch nicht erreicht. "Nix ist fix", sagte Scheuer.

Im Namen aller Seiten wolle er den Bürgern sagen: "Hier ist ein Sondierungsteam, das ein Ziel hat, das einen Willen hat, und das in Ernsthaftigkeit verhandelt." Daher appelliere man an die Geduld der Bürger. Das Zeitbudget sei begrenzt, weshalb sehr diszipliniert, intensiv und konzentriert verhandelt werde. Der Sechserrunde der Partei- und Fraktionschefs seien Zwischenergebnisse vorgetragen worden, woraus neue Arbeitsaufträge entstanden seien. Zuletzt waren bis zu 45 Milliarden Euro Finanzspielraum im Gespräch.

Voran kamen die Sondierer offenbar in der Fachgruppe "Wirtschaft, Verkehr und Digitalisierung": Die Unterhändler verständigten sich darauf, dass es ein Gesetz zur Fachkräfte-Zuwanderung geben soll, berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Sowohl Union als auch SPD sind dafür in ihren Wahlprogrammen eingetreten. Außerdem soll bis zum Jahr 2025 ein flächendeckender Ausbau des schnellen Datennetzes erreicht werden. Zum flächendeckenden Ausbau von Gigabit-Netzen sollen laut Bericht die Erlöse aus der Vergabe der UMTS- und 5G-Lizenzen zweckgebunden bereitgestellt werden. Die Sondierer gingen von einem "öffentlichen Finanzierungsbedarf" von zehn bis zwölf Milliarden Euro in dieser Legislaturperiode aus.

Ärger hatte es gegeben, nachdem eine Einigung über die Klimapolitik öffentlich gemacht worden war. SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles nannte es "sehr ärgerlich", dass es "Durchstechereien" von Zwischenergebnissen gegeben habe. Union und SPD hatten bei den Sondierungen eigentlich Stillschweigen vereinbart - Nahles verlangte, sich daran zu halten. "Ich kann nur alle in der Union auffordern, den Jamaika-Modus jetzt endgültig abzustellen", sagte sie mit Blick auf die am Ende gescheiterten Gespräche von Union, FDP und Grünen, aus denen oft Zwischenstände öffentlich wurden. 

Vorausgegangen waren Äußerungen des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet von der CDU über eine Einigung beim Thema Energie. Der nordrhein-westfälische SPD-Fraktionschef Norbert Römer warf Laschet einen "eklatanten Wortbruch" vor. Dessen Verhalten bestätige das tiefe Misstrauen der NRW-SPD gegen die Union und Kanzlerin Angela Merkel.

Familiennachzug noch immer umstritten

Angesichts der umstrittenen Themen zwischen SPD und Union betonte Unionsfraktionschef Volker Kauder: "Alles ist erst verhandelt, wenn alles verhandelt ist." Es lägen noch "große Brocken" vor den Sondierern. Einigungen etwa zur Finanz- und Migrationspolitik werden erst am letzten geplanten Verhandlungstag am Donnerstag erwartet.

Umstrittenen ist unter anderem der derzeit ausgesetzte Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus. Die Union drängt die SPD dazu, schon in den nächsten zwei Wochen einen gemeinsamen Antrag im Bundestag auf den Weg bringen. "Wir setzen auf eine Einigung parallel zu Sondierungs- und Koalitionsverhandlungen, deshalb gibt es jetzt auch keine Vorbereitungen für einen eigenen Unionsantrag, der die SPD provozieren könnte", erklärte der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster. Die Union will den Familiennachzug weiter aussetzen und erklärte, es sei falsch, dass deutsche Botschaften und Konsulate jetzt schon Visa-Termine an Familienmitglieder von Flüchtlingen für die Zeit nach dem 16. März vergäben. Damit greife das SPD-geführte Auswärtige Amt den laufenden Verhandlungen über eine mögliche Neuauflage der schwarz-roten Koalition vor

Differenzen zwischen den Sondierungsparteien gibt es auch noch in der Steuerpolitik. Die CSU lehnt die Forderung der SPD nach einer schrittweisen Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 45 Prozent ab, hieß es am Abend aus Verhandlungskreisen. Die Erhöhung solle nach SPD-Vorstellung als Ausgleich für Pläne dienen, den Spitzensteuersatz erst bei etwas höheren Einkommen greifen zu lassen. Demnach soll er statt bei knapp 55.000 Euro künftig ab 60.000 Euro Jahreseinkommen fällig werden. Eine Umsetzung der bisher bekannten Steuerpläne von CDU und SPD würde die Steuerzahler nach Berechnungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft weiter belasten. 

Einigen sich Union und SPD trotz der Differenzen auf ein Abschlusspapier, muss ein SPD-Sonderparteitag am 21. Januar über eine mögliche Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entscheiden. Die Parteispitze hatte "ergebnisoffene" Sondierungen angekündigt. Vor diesem Hintergrund hob Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei seinem Neujahrsempfang die Stärke der Demokratie hervor - auch angesichts der schwierigen Regierungsbildung mehr als drei Monate nach der Bundestagswahl. "Alle Blicke richten sich auf die Parteien und ihre Spitzenvertreter. Alle fragen sich, wie es nun weitergehen kann und soll - und das völlig zu Recht."

Quelle: ntv.de, ftü/dpa/DJ

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