Woher kommen neue Soldaten? Spahn wundert sich über schwarz-rote Wehrpflicht-Debatte
06.10.2025, 12:21 Uhr Artikel anhören
Benötigt Deutschland erneut eine Wehrpflicht für junge Menschen? Eine emotionale Frage.
(Foto: picture alliance / SZ Photo)
Die Bundeswehr muss mehr Personal rekrutieren. Verteidigungsminister Pistorius plant ein Modell, das auf Freiwilligkeit beruht und später in eine Pflicht umgewandelt werden kann. Davon scheinen nicht alle Mitglieder der schwarz-roten Koalition überzeugt, der Bundeskanzler inklusive.
Unionsfraktionschef Jens Spahn hat das gemeinsame Vorgehen der schwarz-roten Koalition beim geplanten Wehrdienstgesetz herausgestellt. "Wir haben gemeinsam vereinbart letzte Woche, die erste Lesung um eine Woche zu schieben", sagte der CDU-Politiker vor Sitzungen der Spitzengremien seiner Partei in Berlin. "Deswegen verstehe ich die aktuelle Aufregung nur begrenzt." Die Führungen der Fraktionen seien dazu bereits seit der Klausurtagung Ende August in Würzburg im guten Gespräch miteinander. "Entscheidend ist die Sicherheitslage, die bestimmt, was erforderlich ist", sagte Spahn weiter. Darüber werde man in den nächsten Tagen und Wochen reden.
Geplant ist, dass der Bundestag an diesem Donnerstag in erster Lesung über das Gesetz für einen neuen Wehrdienst berät. Am Samstag erklärten Sprecher beider Koalitionsfraktionen, dass die Beratungen erst in der übernächsten Woche beginnen werden.
Aus der Union wird jedoch seit Längerem kritisiert, dass in dem Entwurf von Verteidigungsminister Boris Pistorius nicht genau definiert wird, unter welchen Bedingungen eine zunächst geplante Freiwilligkeit des Dienstes in eine Pflicht umgewandelt werden könnte.
Pistorius ist zuversichtlich
Pistorius geht davon aus, dass Deutschland in den kommenden Jahren 100.000 zusätzliche Reservisten über den Wehrdienst gewinnen wird. "Wir bauen die Unterkünfte und Ausbildungskapazitäten hoch, sodass wir bis zum Jahr 2029, 2030 - und das ist genau der Zeitrahmen, über den wir reden - 100.000 zusätzliche Reservisten ausgebildet haben werden, als Wehrdienstleistende", sagte der SPD-Politiker im Podcast "Table.Today".
Er gehe davon aus, dass die im Gesetzentwurf vorgesehenen Maßnahmen für mehr Attraktivität des Dienstes genug Bewerberinnen und Bewerber anziehen würden, sagte Pistorius. "Aber deswegen muss das Gesetz pünktlich zum 1. Januar in Kraft treten." Die Verzögerung im Bundestag ist Pistorius zufolge kein Problem: Er sei "jetzt auch wieder einigermaßen entspannt", sagte er. "Es geht nicht um eine Verzögerung um Wochen, sondern nur um eine Woche."
Merz äußert Zweifel
Bundeskanzler Friedrich Merz hat seine Unterstützung für das Modell von Pistorius zugesagt, gleichzeitig aber dennoch Zweifel am Erfolg des auf Freiwilligkeit beruhenden Wehrdienstmodells aus dem SPD-geführten Bundesverteidigungsministerium geäußert. "Ich vermute, es wird bei Freiwilligkeit allein nicht bleiben", sagte Merz am Abend. Er zweifle daran, dass das Freiwilligenmodell der Bundeswehr genügend neues Personal bringe. "Meine Meinung ist schon, dass wir den Wehrdienst wieder brauchen."
"Wir wollen das jetzt mit der SPD zunächst freiwillig versuchen hinzubekommen", sagte Merz - und fügte hinzu: "Ich bin skeptisch. Wenn es uns gelingt - umso besser."
Quelle: ntv.de, chr/dpa