Rede des Bundespräsidenten Steinmeier warnt Putin vor Krieg
13.02.2022, 16:05 Uhr
Putin sollte die "Stärke der Demokratie" nicht unterschätzen, warnt Steinmeier.
(Foto: imago images/photothek)
In seiner zweiten Amtszeit werde er keine Kontroverse scheuen, kündigt Steinmeier nach seiner Wiederwahl an. Gerade mit Blick auf die Corona-Pandemie will er sich Gegnern der Demokratie entgegenstellen. In seiner Rede wendet er sich auch direkt an den Kreml-Chef und fordert: "Lösen Sie die Schlinge um den Hals der Ukraine".
Mit einem deutlichen Appell an Russland und einem starken Plädoyer für Demokratie und mehr Mut zu Veränderung hat Frank-Walter Steinmeier seine Wiederwahl als Bundespräsident angenommen. "Seien wir nicht ängstlich! Packen wir die Zukunft bei den Hörnern", forderte der 66-Jährige in seiner Rede vor der Bundesversammlung. Auf die Zukunft habe nichts bessere Antworten als die Demokratie.
Zuvor war Steinmeier mit großer Mehrheit erneut zum Bundespräsidenten gewählt worden. Er ist damit erst der fünfte Bundespräsident mit einer zweiten Amtszeit. Mit auffällig deutlichen Worten wandte sich Steinmeier an den russischen Präsidenten Wladimir Putin und gab ihm klar die Verantwortung für die Eskalation im Ukraine-Konflikt. "Ich appelliere an Präsident Putin: Lösen Sie die Schlinge um den Hals der Ukraine und suchen Sie mit uns einen Weg, der Frieden in Europa bewahrt", sagte Steinmeier.
"Russlands Truppenaufmarsch kann man nicht missverstehen", sagte der frühere Bundesaußenminister. "Das ist eine Bedrohung der Ukraine und soll es ja auch sein." Doch die Menschen in der Ukraine hätten "ein Recht auf ein Leben ohne Angst und Bedrohung, auf Selbstbestimmung und Souveränität". Wer dies zu zerstören versuche, "dem werden wir entschlossen antworten", sagte Steinmeier.
Der russische Präsident solle nicht den Fehler machen, die Stärke der Demokratie zu unterschätzen. Aus Washington, Paris und Berlin komme in diesen Tagen die gleichlautende Botschaft: "Wir wollen friedliche Nachbarschaft im gegenseitigen Respekt." Frieden müsse immer wieder erarbeitet werden, im Dialog, aber wo nötig, auch mit Klarheit, Abschreckung und Entschlossenheit, betonte Steinmeier. Deutschlands Botschaft an die NATO-Partner in Osteuropa sei: "Sie können sich auf uns verlassen."
"Werde keine Kontroverse scheuen"
Zugleich versprach der Bundespräsident, er werde der Auseinandersetzung mit radikalen Gegnern der Corona-Politik nicht aus dem Weg gehen. "Ich werde als Bundespräsident keine Kontroverse scheuen, Demokratie braucht Kontroverse. Aber es gibt eine rote Linie, und die verläuft bei Hass und Gewalt. Und diese rote Linie müssen wir halten in diesem Land", sagte Steinmeier. Er warnte davor, die Herausforderungen für die Demokratie zu unterschätzen. "Gegner der Demokratie, von außen und von innen, säen in der Pandemie Zweifel an unserer Handlungsfähigkeit und unseren Institutionen, an der freien Wissenschaft, den freien Medien."
Nach zwei Jahren Pandemie gebe es Frust und Gereiztheit, es habe auch Fehler gegeben. "Aber, meine Damen und Herren, man zeige mir ein autoritäres System, das besser durch diese Krise gekommen wäre", sagte er und betonte: "Wir sollten, bei aller Selbstkritik, die notwendig ist, unser Licht nicht unter den Scheffel stellen."
Den Kampf gegen den Klimawandel bezeichnete Steinmeier als "Überlebensfrage der Menschheit". Zudem bot der Bundespräsident einem seiner unterlegenen Mitbewerber eine Zusammenarbeit im Kampf gegen Obdachlosigkeit an. "Sie haben mit Ihrer Kandidatur auf ein Thema aufmerksam gemacht, das mehr Aufmerksamkeit verdient: die Lage der Ärmsten und Verwundbarsten in unserem Land", sagte Steinmeier an den Kandidaten der Linken, den Mediziner Gerhard Trabert, gewandt. "Dafür, Herr Trabert, gebührt Ihnen nicht nur Respekt, sondern ich hoffe, dass Ihr Impuls erhalten bleibt." Trabert engagiert sich seit Jahrzehnten für die medizinische Versorgung von Obdachlosen und in der Flüchtlingshilfe.
Quelle: ntv.de, hul/dpa/AfP