Wiederwahl mit 73,3 Prozent Steinmeier bleibt Bundespräsident
13.02.2022, 14:31 Uhr
Seine Wiederwahl galt als sicher, nun ist es vollbracht: Die Bundesversammlung schickt Bundespräsident Steinmeier mit 73,3 Prozent der gültigen Stimmen in seine zweite Amtszeit. Die anderen Kandidaten bleiben chancenlos.
Frank-Walter Steinmeier bleibt deutscher Bundespräsident. Die Bundesversammlung bestätigte den 66-Jährigen mit großer Mehrheit gleich im ersten Wahlgang im Amt. Steinmeier, der von den Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP sowie von der CDU/CSU-Opposition nominiert wurde, kam auf eine Zustimmung von rund 73 Prozent. Er erhielt 1045 von 1425 gültigen Stimmen und nahm die Wahl direkt im Anschluss an die Verkündung des Ergebnisses an. Zwölf Stimmen waren ungültig. Steinmeier ist damit erst der fünfte Bundespräsident mit einer zweiten Amtszeit. Die Kandidaten der anderen Parteien blieben wie erwartet chancenlos. Auf den von der Linken aufgestellten Mediziner Gerhard Trabert entfielen 96 Stimmen, der von der AfD nominierte CDU-Politiker und Ökonom Max Otte erhielt 140 Stimmen. Für die von den Freien Wählern ins Rennen geschickte Physikerin Stefanie Gebauer stimmten 58 Delegierte.
SPD, Grüne, FDP und CDU/CSU stellten zusammen 1223 der 1472 Mitglieder der Bundesversammlung - also weit mehr als die im ersten Wahlgang notwendige absolute Mehrheit. Im Vorfeld war mit Spannung erwartet worden, wie viele Delegierte für Otte stimmen würden. Die AfD allein stellte 151 Wahlleute. Die Kandidatur des CDU-Politikers war im Vorfeld extrem umstritten. Die CDU entzog ihm deswegen die Mitgliederrechte und leitete ein Parteiausschlussverfahren ein.
SPD-Chef Klingbeil: "Ein Versöhner"
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil sagte, er gehe davon aus, dass sich Steinmeier in einer möglichen zweiten Amtszeit stärker in gesellschaftlichen Kontroversen einmischen würde. "Ich glaube, dass er in der zweiten Amtszeit das auch deutlicher tun wird, weil das Land ja polarisiert ist", sagte Klingbeil am Rande der Bundesversammlung auf eine entsprechende Frage. Er verwies auf die Corona-Pandemie und die angespannte außenpolitische Lage. "Er wird sich stärker in gesellschaftspolitische Debatten einmischen. Er wird dem Land stärker Orientierung geben", sagte Klingbeil voraus.
Klingbeil lobte Steinmeier als Versöhner: "Er kann anderen zuhören, er kann Menschen unterschiedlicher Meinung an einen Tisch bringen, und er kann diese Brücken bauen. Und das braucht das Land." Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann würdigte Steinmeier, der einst SPD-Außenminister war, als guten Kenner der außenpolitischen Weltlage.
CSU-Chef Söder: "Souverän in schwierigen Zeiten"
Auch CSU-Chef Markus Söder bescheinigte dem Bundespräsidenten Souveränität in schwierigen Zeiten. "Ich glaube, dass seine Erfahrung, seine Souveränität in diesen wirren Zeiten von Fake News und ständigem Hin und Her schon auch sehr wohltuend sind", sagte Söder am Rande der Bundesversammlung. "Ich finde, dass ein Bundespräsident jetzt nicht auch noch ständig sozusagen die Hand am Puls der Bevölkerung haben muss, sondern vielleicht manchmal auch ein bisschen zu Ruhe und Souveränität beitragen sollte." Das habe Steinmeier bislang sehr gut gemacht. Der bayerische Ministerpräsident betonte, Deutschland habe Steinmeier viel zu verdanken.
Die Bundesversammlung ist das größte parlamentarische Gremium in Deutschland. Seine einzige Aufgabe ist die Wahl des Staatsoberhaupts alle fünf Jahre. Die Versammlung setzt sich zusammen aus den Abgeordneten des Deutschen Bundestags und einer gleich großen Zahl von Mitgliedern, die die 16 Landtage entsenden. Mit dabei war am Sonntag auch Ex-Kanzlerin Angela Merkel, die vor der Wahl lange Applaus erhielt. Auf der Liste der Wahlleute standen außerdem Prominente wie Bundestrainer Hansi Flick, Fußballer Leon Goretzka oder Musiker Roland Kaiser und Wissenschaftler wie Astronaut Alexander Gerst, Virologe Christian Drosten und die Biontech-Mitgründerin und Impfstoff-Entwicklerin Özlem Türeci.
Da der Bundestag derzeit 736 Abgeordnete zählt, bestand die Bundesversammlung aus 1472 Wahlfrauen und -männern - so viele wie nie zuvor. Wegen der Corona-Pandemie kamen sie diesmal nicht im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes zusammen, sondern im benachbarten Paul-Löbe-Haus, wo mehr Platz ist. Mehr als 70 Nachrücker kamen zum Zuge - unter anderem, weil Delegierte mit positiven Coronatests ausfielen.
Quelle: ntv.de, mau/dpa