Politik

Radwege, Kläranlage, Fledermäuse Hier soll Steuergeld verfeuert worden sein

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Ein Prototyp für Plastikmöbel kostet eine Kleinstadt 223.000 Euro, während ein Radweg Radfahrer in den Gegenverkehr zwingt. Der Steuerzahlerbund prangert solche Projekte im neuen Schwarzbuch an. Auch milliardenteure Opernsanierungen stehen in der Kritik.

Von Brücken in die Leere über Radwege ohne Radler bis hin zu teuren Fledermäusen: Aus Sicht des Bundes der Steuerzahler setzen Behörden jedes Jahr Millionen Euro an Steuergeld in den Sand. Im neuesten Schwarzbuch sind 100 aktuelle Beispiele nachzulesen, bei denen die Lobbyorganisation einen "teils sorglosen Umgang" mit Steuermitteln sieht. Einige Beispiele:

Im sächsischen Radeburg wurde eine Brücke als Teil einer neuen Autobahnanbindung für 900.000 Euro gebaut, dann ging dem Land das Geld aus. Nun stehe das Bauwerk nutzlos in der Landschaft, so der Steuerzahlerbund. Das Betreten ist verboten, auf den Bauschutthügeln daneben wuchert bereits das Unkraut.

Die Brücke sei ein notwendiger Bestandteil eines sinnvollen Gesamtprojekts, dessen Umsetzung weiterhin vorgesehen sei, teilte das zuständige Landesamt für Straßenbau und Verkehr auf Anfrage mit. Der Freistaat beabsichtige das Vorhaben vollständig umzusetzen, sobald die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen gegeben seien.

Kein Schlamm zu klären

Weil sie den Radverkehr fördern wollte, richtete die baden-württembergische Stadt Baden-Baden eine Fahrradstraße ein - inklusive neuer Markierungen, Schilder und kleinerer Umbauten. Nicht einmal ein Jahr später dann die Rolle rückwärts: Die Fahrradstraße wird wieder rückabgewickelt - unter anderem, weil zu wenige Radler sie nutzten. Laut Steuerzahlerbund hatte die Stadt vorab keine Erhebungen durchgeführt, wie viele Radler die Straße eigentlich befahren.

Die Stadt steht weiter zu der Maßnahme. Zwar habe die Einrichtung der Fahrradstraße nicht die erhoffte Akzeptanz erfahren, sie sei aber keineswegs vergeblich gewesen, sagte Bürgermeister Tobias Krammerbauer. "Der geschaffene Schutzstreifen besteht weiterhin und verbessert nach wie vor die Sicherheit für Radfahrende. Insofern sind die aufgewendeten Mittel sinnvoll investiert."

Mit einer Anlage zur Entsorgung von Klärschlamm wollte die rheinland-pfälzische Stadt Koblenz in Eigenregie einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Nach kurzer Zeit sei die Anlage wieder außer Betrieb gesetzt worden, da es an Klärschlamm gemangelt habe, so der Steuerzahlerbund. Die Gesamtkosten für das Vorhaben liegen bei rund 17,5 Millionen Euro.

Entgegen den Angaben des Vereins teilte die Stadt Koblenz mit, dass die Anlage teilweise in Betrieb sei. Allein die zweite Stufe, die Vergasung des zuvor getrockneten Klärschlamms, laufe nicht. Entsprechend einer Gutachter-Empfehlung werde derzeit die Umstellung auf eine Klärschlammverbrennung geprüft. Erste Priorität für die Stadt Koblenz sei, die Entsorgung des anfallenden Klärschlamms sicherzustellen.

Fledermaus-Umzug kostet 40.000 Euro

Kopfschütteln löst beim Steuerzahlerbund die teure Umsiedlung von Fledermäusen in Kirchberg an der Murr in Baden-Württemberg aus. Weil im Dach der alten Gemeindehalle zeitweise vier Zwergfledermäuse wohnten, musste die Gemeinde gut 40.000 Euro für deren Umsiedlung investieren. Abgerissen werden darf die Halle trotzdem frühestens im Winter 2027/2028 - denn vorher muss mehrmals nachgewiesen werden, dass die Tiere ihre Ausweichquartiere auch annehmen.

Es sei völlig unstrittig, dass man für wegfallende Quartiere neue Quartiere schaffe, so der Bürgermeister der Gemeinde. Infrage stelle er aber das Monitoring. "Wieso sind wir verpflichtet nachzuweisen, ob Ausgleichsmaßnahmen, die von Fachleuten vorgeschlagen und denen die Fachbehörde zugestimmt hat, von den Tieren, in diesem Fall den Fledermäusen, angenommen werden", sagte Frank Hornek (parteilos).

"Überbordende Subventionspolitik"

Nicht zum ersten Mal hat die Lobbyorganisation auch den Bundestag in das Schwarzbuch aufgenommen. Trotz der durch die Wahlrechtsreform reduzierten Zahl von Mandaten blieben die Ausgaben des Parlamentes weiter hoch - etwa durch die Anzahl von Gebäuden und Büros. Diese demokratischen Betriebskosten seien "in Ordnung", allerdings solle auch dort auf Sparsamkeit und Effizienz geachtet werden, sagte Verbandspräsident Reiner Holznagel.

Eine "der größten Subventionsruinen zwischen Nord- und Ostsee" droht aus Sicht des Verbands bei der Batteriefabrik für Elektroautos in Schleswig-Holstein. Der schwedische Hersteller Northvolt hatte von der staatlichen Förderbank KfW für den geplanten Fabrikbau bei Heide über eine Wandelanleihe rund 600 Millionen Euro erhalten - und ist mittlerweile insolvent. "Northvolt steht beispielhaft für die überbordende Subventionspolitik, bei der Steuergeld verbrannt wird", kritisierte Holznagel. "Wir kennen teilweise kein Maß und keine Mitte mehr."

Bei der staatlichen Förderung von Northvolt droht ein Millionenverlust für den Steuerzahler. Allerdings ist unklar, ob es wirklich dazu kommt. Denn das US-Unternehmen Lyten will alle verbliebenen Standorte des Batterieherstellers übernehmen, darunter auch die im Bau befindliche Fabrik.

Das Schwarzbuch beschäftigt sich außerdem mit den "teuren Schatten" von Investitionen. Folgekosten von Betrieb, Instandhaltung und Verwaltung der Projekte könnten zur "Haushaltsfalle" werden, wenn sie vorher nicht finanziell abgesichert worden seien, schreibt der Bund der Steuerzahler.

Quelle: ntv.de, lwe/AFP

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