Politik

Irak könnte in drei Teile zerfallen Sunniten drohen mit Abspaltung

Ist der Irak bald Geschichte? Seit Wochen drohen die Kurden mit einem eigenen Staat, nun gibt es eine weitere Gruppe, die sich unabhängig erklären will: die Sunniten. Es sei denn, Minsterpräsident Al-Maliki erfüllt ihre Forderungen.

Mohammed Taha al-Hamdun.

Mohammed Taha al-Hamdun.

(Foto: dpa)

Einen Monat nach dem Vormarsch der sunnitisch dominierten Isis-Terrormiliz steht der Irak vor der Spaltung. Sunniten stellen den irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki vor die Wahl: Entweder er billige eine autonome Regionalregierung in den mehrheitlich von sunnitischen Muslimen bewohnten Provinzen, oder man werde dort einen unabhängigen Staat ausrufen. Das Parlament in Bagdad vertagte mangels Kompromiss eine für Dienstag geplante Sitzung zur Wahl einer neuen politischen Führung auf August. Damit wird die gefährliche Führungskrise um Wochen verlängert.

Der Sprecher der sunnitischen Protestbewegung gegen die von Schiiten dominierte irakische Führung, Scheich Mohammed Taha al-Hamdun, sagte: "Es gibt nur eine Lösung: drei Autonomieregierungen unter einer Flagge - eine der Kurden, eine der Schiiten und eine der Sunniten." Bagdad würde demnach die gemeinsame Hauptstadt bleiben. Sollte Al-Maliki auf diese Forderung jedoch nicht eingehen, "wird es eben drei Staaten geben". Die Autonomieregion Kurdistan im Nordirak hat mit den Vorbereitungen für ein Unabhängigkeitsreferendum bereits begonnen.

Zugleich räumte der islamische Geistliche ein, dass es massive Konflikte zwischen Isis-Kämpfern und den irakischen Stämmen gebe. Diese Auseinandersetzungen seien jedoch auf die Zukunft vertagt worden. Denn der größte Feind heiße Al-Maliki: "Wenn der gefallen ist, gibt es keinen Platz für Isis mehr im Irak."

Parlament streitet um Posten

Seit der Parlamentswahl im April, aus der Al-Malikis Schiitenbündnis als stärkste Kraft hervorging, steckt der Irak in einem Machtvakuum. Isis hat darin innerhalb weniger Wochen weite Teile im Norden und Westen des Landes erobern können. Al-Maliki weist nach wie vor alle Forderungen nach einer Einheitsregierung zum gemeinsamen Kampf gegen die Isis-Terrormiliz zurück - und strebt eine dritte Amtszeit an.

Wegen der unnachgiebigen Haltung Al-Malikis hat es das neu gewählte Parlament bislang nicht geschafft, sich auf einen Kandidaten für das Amt des Parlamentspräsidenten zu einigen. Die erste Sitzung am Dienstag vergangener Woche hatten kurdische und sunnitische Abgeordnete aus Protest verlassen. Sunniten und Kurden fühlen sich schon seit Jahren von Al-Maliki benachteiligt. Erst nach einer Ernennung des Parlamentspräsidenten kann es zur Wahl eines Präsidenten und eines Ministerpräsidenten kommen.

Al-Maliki droht noch ein weiterer Konflikt mit den Kurden. Nach Angaben der Nachrichtenseite "Rudaw" warf das für die Peschmerga-Armee zuständige Ministerium in Erbil der irakischen Luftwaffe vor, am Sonntag Militärstützpunkte und Zivilisten in der Stadt Tus Churmatu angegriffen zu haben. Dabei sei ein zwölfjähriges Mädchen getötet worden.

Zehntausende Syrer fliehen vor Isis

Beim nächsten irakischen Übergriff auf Kurden werde die Peschmerga nicht zögern zurückzuschlagen, zitierte das Portal eine Erklärung des Generalsekretärs im Ministerium der kurdischen Streitkräfte, Dschabar Jawar. Dies sei schon der zweite Vorfall dieser Art innerhalb eines Monats gewesen. Tus Churmatu, 160 Kilometer nördlich von Bagdad, liegt in einem Gebiet, das zwischen den Kurden und der Zentralregierung in Bagdad umstritten ist.

Die Isis-Dschihadisten haben derweil eine Fluchtwelle ausgelöst. In Syrien haben sie Zehntausende Menschen aus den von ihnen eroberten Städten vertrieben. Alleine in der östlichen Stadt Schuheil seien seit Donnerstag 30.000 Menschen zum Verlassen ihrer Häuser gezwungen worden, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Isis hatte die Stadt vor wenigen Tagen von der rivalisierenden islamistischen Gruppe Al-Nusra-Front erobert. Weitere 30.000 Anwohner seien aus den ebenfalls in der östlichen Provinz Deir Essor gelegenen Städten Choscham und Tabia Dschaseera vertrieben und an ihrer Rückkehr gehindert worden, berichtete die Beobachtungsstelle.

Quelle: ntv.de, vpe/dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen