Abhängigkeit von HalbleiternTaiwan-Experte: "Konflikt wird in Deutschland unterschätzt"

Um den Inselstaat Taiwan herum beginnt China eine große Militärübung, bei der scharf geschossen wird. In Deutschland nimmt man das Risiko eines eskalierenden Kriegs nicht ernst, ist sich CDU-Politiker Willsch sicher. Er warnt vor den politischen und wirtschaftlichen Gefahren.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Taiwan-Experte Klaus-Peter Willsch warnt vor den Folgen eines möglichen chinesischen Angriffs auf den Inselstaat. "In Deutschland wird häufig unterschätzt, welche massiven wirtschaftlichen und technologischen Folgen ein Konflikt um Taiwan hätte", sagte der Vorsitzende der Deutsch-Taiwanischen Parlamentariergruppe in einem Interview.
Die USA und alle anderen Industriestaaten seien in hohem Maße von taiwanischen Schlüsselunternehmen wie dem weltgrößten Halbleiter-Auftragsfertiger TSMC abhängig. "Diese Abhängigkeit begründet ein starkes internationales Interesse, China von einer Invasion abzuhalten", sagte Willsch. Gleichzeitig müssten auch nicht-militärische Bedrohungen wie Blockaden, Hybridangriffe oder Subversion ernst genommen werden. "Hier sind die Verbündeten Taiwans gefordert, frühzeitig vorzusorgen."
Als langjähriger Vorsitzender der Deutsch-Taiwanischen Parlamentariergruppe verfolge er die Entwicklung in Ostasien sehr genau. "Die Liste der Repressionen und Drohungen seitens der Volksrepublik China ist lang und wächst stetig", sagte er. Bei jeder Gelegenheit versuche Peking, den Namen Taiwan zu tilgen oder mit dem Label "China" zu versehen. Obwohl Taiwan de facto unabhängig sei, unternehme die chinesische Führung alles, um das Land international zu isolieren. "Dieser systematische politische Druck hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verschärft."
China hat erst am Montag ein großangelegtes Militärmanöver um Taiwan begonnen. Unter dem Namen "Gerechtigkeitsmission 2025" seien Truppen, Kriegsschiffe, Kampfflugzeuge und Artillerie im Einsatz, teilte das Militär in Peking mit. Es werde scharf geschossen und es würden Angriffe auf Land- und Seeziele simuliert.
"Gewaltsame Unterdrückung Taiwans erklärt"
Spätestens seit der Neujahrsansprache von Staats- und Parteichef Xi Jinping im Jahr 2019 sei eine klare Eskalation der Rhetorik aus Peking zu beobachten. Xi habe mehrfach klargemacht, dass die sogenannte "Wiedervereinigung" mit Taiwan innerhalb einer Generation abgeschlossen werden solle, notfalls mit militärischer Gewalt. "Die Kommunistische Partei Chinas hat die gewaltsame Unterdrückung Taiwans ausdrücklich zu einer denkbaren Handlungsoption erklärt", sagte Willsch.
Zwar ließen die militärischen Schwierigkeiten Russlands in der Ukraine hoffen, dass Peking zunächst nicht-militärische Mittel bevorzuge. Dass Taiwan seine Verteidigungsfähigkeit ernst nehme, zeigten zusätzliche Investitionen von 40 Milliarden Dollar in den kommenden fünf Jahren sowie die geplante Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf mehr als 30 Milliarden Dollar ab 2026.
Deutschland soll China-Politik neu ausrichten
Die Ein-China-Politik werde in Deutschland seit den Jahren unter Bundeskanzler Schröder und insbesondere während der Regierung von Angela Merkel sehr schematisch und übermäßig restriktiv ausgelegt. "Angesichts der deutlich veränderten Lage im Indopazifik ist dieser Ansatz nicht mehr zeitgemäß", sagte Willsch. Es brauche den politischen Mut, diese Linie kritisch zu überprüfen und neu auszubalancieren. "Taiwan sollte als das behandelt werden, was es faktisch ist: ein demokratischer Rechtsstaat und ein verlässlicher Partner."
China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz, die notfalls mit Gewalt eingegliedert werden soll. Taiwan weist die Ansprüche zurück: Nur die Inselbewohner könnten über ihre Zukunft entscheiden. Die Spannungen in der Region haben zuletzt deutlich zugenommen. Auslöser waren Äußerungen der japanischen Ministerpräsidentin Sanae Takaichi, dass ein möglicher chinesischer Angriff auf Taiwan eine japanische Militäraktion auslösen könnte.