Biden: Mission endet am 31.8. Taliban verlangen Ausreisestopp für Afghanen
24.08.2021, 19:02 Uhr
Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahid fordert, dass ab sofort alle Afghanen im Land bleiben.
(Foto: AP)
Die Hoffnung auf verlängerte Evakuierungsflüge ist noch nicht ganz tot. Doch die EU und Großbritannien richten sich darauf ein, dass sich das Fenster in Kabul am 31. August schließt. Auch die Taliban dringen auf das Ende der Flüge und verlangen, dass ihre Staatsbürger im Land bleiben.
Die militant-islamistischen Taliban bestehen darauf, dass die Rettungsmission westlicher Staaten aus Afghanistan bis Ende des Monats abgeschlossen ist. "Wir wollen, dass alle Ausländer bis zum 31. August evakuiert werden", sagte der Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid in seiner zweiten Pressekonferenz seit der Machtübernahme der Islamisten. Der Sprecher wandte sich zugleich dagegen, dass nun viele gebildete Afghanen und Fachkräfte das Land verließen. Man brauche diese, um Afghanistan wieder aufzubauen.
Drohungen für den Fall, dass die USA oder andere Länder ihre Evakuierungen nicht bis Ende August abschließen sollten, sprach Mudschahid allerdings nicht aus. Verbündete der USA wie Deutschland oder Großbritannien dringen darauf, den Einsatz der US-Truppen über den 31. August hinaus noch eine Weile zu verlängern, damit weitere Evakuierungsflüge durchgeführt werden können.
Für das Chaos am Flughafen machte Mudschahid die USA verantwortlich. Das Gedränge sei gefährlich und Menschen könnten ihr Leben verlieren. Auf Berichte angesprochen, der Vize-Chef der Taliban Mullah Abdul Ghani Baradar habe CIA-Chef William Burns getroffen, sagte Mudschahid, er könne dies nicht bestätigen. Er könne nur sagen, dass die politische Führung der Taliban Treffen mit Repräsentanten verschiedener Botschaften abgehalten habe, darunter auch Vertretern der US-Botschaft.
"Genaue Regeln für Frauen noch in Arbeit"
Der afghanischen Bevölkerung versprach Mudschahid, dass Banken, Regierungsinstitutionen, Schulen und Universitäten demnächst wieder öffnen würden. Man garantiere den Beamten der Ministerien ihre Sicherheit, sie hätten nichts zu befürchten. Für weibliche Angestellte der Behörden arbeite man noch an genauen Regeln. Sie könnten erst an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, wenn diese Regeln stünden, würden aber bis dahin weiter bezahlt.
Zuletzt hatten sich Frauen im öffentlichen wie im privaten Sektor darüber beschwert, dass Taliban-Kämpfer sie nicht mehr zu ihren Arbeitsstellen ließen und sie nach Hause schickten. Mudschahid erklärte zudem, Medien im Land könnten weiter frei arbeiten. Die meisten würden ihre Arbeit bereits normal weiterführen, andere hätten ihre Aktivitäten noch nicht wieder aufgenommen. Man werde Kämpfer in der Nähe von Medieneinrichtungen abziehen. Allerdings gibt es auch von Journalisten Berichte, sie seien von Taliban-Kämpfern bei ihrer Arbeit gestört oder belästigt worden.
Die Pandschir-Frage - die Provinz Pandschir ist die einzige, die bisher nicht unter Kontrolle der Taliban steht - sei zu 80 Prozent gelöst, sagte Mudschahid. Man wolle nicht kämpfen, sondern sich politisch einigen.
Biden teilt Sicherheitsbedenken des Pentagon
Die Evakuierungen vom Flughafen in Kabul werden aller Wahrscheinlichkeit nach nicht über den 31. August hinaus verlängert. US-Präsident Joe Biden habe sich entsprechenden Empfehlungen des US-Verteidigungsministeriums angeschlossen, sagt ein Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur Reuters. Das US-Verteidigungsministerium stützt seine Ratschläge auf eine Analyse der Sicherheitslage.
Die G7-Staaten hatten bei einem virtuellen Krisentreffen über die Lage in Afghanistan und eine Verlängerung der Evakuierungen beraten. Bereits vor dem Treffen hatte der britische Verteidigungsminister Ben Wallace zu den Erfolgsaussichten der Initiative gesagt: "Nicht nur wegen der Äußerungen der Taliban, sondern auch wenn man sich die öffentlichen Erklärungen von Präsident Biden ansieht, halte ich es für unwahrscheinlich." Es sei es aber "auf jeden Fall wert, dass wir alle es versuchen".
G7: Rettung aller Ortskräfte wohl nicht machbar
Die EU und Großbritannien halten eine Rettung aller Schutzbedürftigen aus Afghanistan bis Ende August angesichts der chaotischen Zustände am Flughafen für nicht machbar - und ohne die US-Militärpräsenz in Kabul müssten auch die anderen westlichen Staaten ihre Evakuierungen einstellen. Sollten die USA an ihren Plänen festhalten, will Frankreich seine Evakuierungsflüge aus Kabul schon am Donnerstagabend beenden, wie Nicolas Roche, Bürochef des französischen Außenministers Jean-Yves Le Drian, sagte.
Auch Deutschland geht davon aus, dass die Bundeswehr bei einem Abzug der USA zum 31. August nicht bis zum letzten Tag in Afghanistan bleiben kann. Die USA bräuchten sicherlich zwei Tage, um ihre eigenen Soldaten auszufliegen, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas und deutete damit einen Abzugstermin vor dem kommenden Dienstag an.
Quelle: ntv.de, mau/dpa/AFP/rts