Politik

Protest gegen Türkei-Offensive Tausende Kurden gehen auf die Straße

Demonstranten schwenken Fahnen der kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG, des PKK Führers Öcalan und die kurdische Flagge.

Demonstranten schwenken Fahnen der kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG, des PKK Führers Öcalan und die kurdische Flagge.

(Foto: dpa)

Zum kurdischen Neujahresfest protestieren in Hannover Tausende gegen die Angriffe der türkischen Armee in Syrien. Dabei sieht man auch Symbole der verbotenen PKK. Derweil fürchten die Behörden neue Anschläge auf türkische Einrichtungen.

Rund 11.000 Menschen haben nach Angaben der Polizei in Hannover gegen die türkische Offensive in Syrien demonstriert. Die Teilnehmer protestierten gegen das Vorrücken der türkischen Truppen auf die mehrheitlich kurdische Stadt Afrin. In der niedersächsischen Landeshauptstadt waren zwei Demonstrationszüge angemeldet, sie vereinten sich zu einer gemeinsamen Abschlusskundgebung, an der rund 9000 Demonstranten teilnahmen.

"Deutsche Panzer raus aus Kurdistan" riefen einige Demonstranten, andere nannten den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Sprechchören einen Terroristen. "Hoch, die internationale Solidarität" war ebenfalls zu hören. Kleinere Demonstrationen gab es auch in anderen deutschen Städten, darunter in Hamburg.

In Hannover forderten Redner ein Ende der deutschen Waffenlieferungen an die Türkei: "Wir werden so lange auf die Straße gehen, bis endlich diese Zusammenarbeit der deutschen Regierung mit dem türkischen Regime aufhört." Vor Kurzem war bekannt geworden, dass die Bundesregierung auch nach dem Einmarsch türkischer Truppen in Syrien Rüstungslieferungen in Millionenhöhe an den Nato-Partner Türkei genehmigt hat.

Einige Demonstranten zeigen PKK-Symbole

Die Proteste verliefen weitgehend ohne größere Zwischenfälle, sagte ein Polizeisprecher am Nachmittag. Vereinzelt seien verbotene Fahnen gezeigt und verbotene Parolen gerufen worden. Beamte stellten mehrere Utensilien sicher. Einer der beiden Aufzüge musste mehrfach gestoppt werden, da Teilnehmer verbotene Symbole zeigten und verbotene Parolen skandierten, die jeweils einen Bezug zu der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hatten.

Beobachtern zufolge schwenkten einige Demonstranten Fahnen mit dem Bild des PKK-Chefs. Bei einem Zwischenfall kamen Demonstranten der Aufforderung nicht nach, verbotene Symbole runterzunehmen. Beamte seien eingeschritten, um diese sicherzustellen, teilte die Polizei mit. Daraufhin seien Einsatzkräfte mit Plastikflaschen beworfen und mit Fahnenstangen angegriffen worden. Es kam zu mindestens zwei Festnahmen.

Die Polizei war in Hannover mit einem Großaufgebot im Einsatz, um mögliche Konflikte zu vermeiden. Am Vormittag kontrollierten die Beamten an verschiedenen Stellen des Stadtgebietes Fahrzeuge. Hintergrund ist das kurdische Neujahrsfest Newroz. In den vergangenen Wochen hatten Kurden mehrfach gegen den Einsatz türkischer Truppen in Syrien demonstriert.

Zehntausende fliehen aus Afrin

Die Türkei hatte im Januar im Norden Syriens eine Offensive gegen die kurdische YPG-Miliz gestartet. Mit der Militäraktion soll verhindert werden, dass sich ein zusammenhängendes kurdisches Einflussgebiet vom Irak über Syrien bis in die Türkei bildet. Die Türkei sieht die YPG als verlängerten Arm der kurdischen PKK in der Türkei, die sie als Terror-Organisation einstuft. Die USA unterstützen die YPG dagegen im Kampf gegen Islamisten.

Nach Angaben kurdischer Stellen und oppositionsnaher Beobachter sind in den vergangenen Tagen mehr als 150.000 Menschen aus der Enklave Afrin geflohen. Die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London erklärte, in der Nacht habe die Türkei Afrin erneut mit Kampfflugzeugen und Artillerie beschossen. Derweil wies das türkische Militär Vorwürfe zurück, ein Krankenhaus in Afrin beschossen zu haben.

Behörden rechnen mit Anschlägen

Vor dem Hintergrund der türkischen Offensive in Syrien wachsen in den deutschen Sicherheitsbehörden die Sorgen vor weiteren Angriffen auf türkische Einrichtungen zum kurdischen Neujahrsfest. Die Behörden rechneten "bundesweit mit gewaltsamen Aktionen gegen türkische Einrichtungen und Interessen in Deutschland", zitierte der "Spiegel" ein Papier des Gemeinsamen Extremismus- und Terrorabwehrzentrums, ein Zusammenschluss von 40 Bundes- und Landesbehörden.

Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete, in den vergangenen zwei Monaten habe es 26 Attacken auf Moscheen gegeben, 18 davon stünden der türkischen Religionsbehörde Ditib nahe. Am Wochenanfang hatte die türkische Regierung den deutschen Botschafter in Ankara einbestellt und gemahnt, Deutschland tue zu wenig, um die Angriffe aufzuklären.

Dem "Spiegel" zufolge warnen Verfassungsschützer zudem vor einem Schulterschluss militanter Kurden und deutscher Linksextremer. Nach den Berichten wird aber auch davor gewarnt, die Anschläge auf Moscheen und türkische Einrichtungen vorschnell Kurden zuzuschreiben. Bislang werde "nicht ausgeschlossen, dass auch rechtsmotivierte Täter unter Vortäuschung einer anderen Motivation" unterwegs seien, zitierte die SZ das Bundeskriminalamt.

Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP/rts

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