Musterung wird verpflichtendTausende Schüler demonstrieren gegen Wehrdienst

Der Bundestag winkt das umstrittene Wehrdienstgesetz am Vormittag durch. Der Dienst an der Waffe bleibt in Deutschland zwar weiterhin freiwillig, doch der Beschluss treibt viele Schüler auf die Straße. Dabei drücken auch manche Eltern ein Auge zu.
In zahlreichen Städten und Orten in ganz Deutschland haben viele tausend Schüler und andere Menschen gegen das neue Wehrdienstgesetz der Bundesregierung demonstriert. Viele von ihnen schwänzten für den Protest den Schulunterricht. Die Initiatoren der Demonstrationen hatten zu einem "Schulstreik gegen Wehrpflicht" aufgerufen. In mehreren Bundesländern hatten Ministerien auf die Schulpflicht verwiesen.
Der Bundestag beschloss am Vormittag das Wehrdienst-Modernisierungsgesetz. CDU und SPD hatten sich auf einen zunächst freiwilligen Wehrdienst geeinigt. Das Gesetz soll zum 1. Januar 2026 in Kraft treten. Junge Männer müssen dann einen Fragebogen ausfüllen. Später sollen sie gemustert werden.
Vor allem in den großen Städten beteiligten sich viele meist junge Menschen an den Demonstrationen. In Berlin versammelten sich ab Mittag nach Polizeiangaben etwa 3000 Demonstranten und zogen durch den Stadtteil Kreuzberg. Viele hatten Transparente dabei, auch Sprechchöre richteten sich gegen einen Wehrdienst bei der Bundeswehr. An der Demonstration nahmen auch Eltern mit kleineren Kindern und Grundschulklassen mit selbstgebastelten Plakaten teil.
Der 16-jährige Justin sagte: "Wir wollen die Wehrpflicht nicht, deswegen stehen wir heute hier. Es gibt Leute, die haben andere Wünsche und einen Traumberuf. Wenn sie dann eingesetzt werden, wird ihnen das verbaut." Theo, ebenfalls 16 Jahre alt, ergänzte: "Ich finde, man sollte nicht gegen seinen Willen zum Militär gezwungen werden, sich für eine Regierung in den Tod zu werfen oder für sie zu kämpfen." Beide Berliner Schüler ließen sich von ihren Eltern für die Demonstration krankschreiben.
In Hamburg gingen nach Polizeiangaben 1700 Menschen auf die Straße, die Organisatoren sprachen von bis zu 5000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Auch in zahlreichen Städten Nordrhein-Westfalens gab es Demonstrationen, in Dortmund mit 1000 Teilnehmern, in Köln, Düsseldorf, Essen und Bochum jeweils mit mehreren hundert.
"Für Wahlen zu jung, aber für Krieg reicht's"
Gut 2000 Menschen beteiligten sich in Sachsen am "Schulstreik", etwa in Dresden, Leipzig und Chemnitz. Die überwiegend jungen Menschen in Dresden riefen "Kein Mensch, kein Cent der Bundeswehr" und "Hoch mit der Bildung, runter mit der Rüstung". Auf den Transparenten und Plakaten war unter anderem zu lesen: "Für Wahlen zu jung, aber für Krieg reicht's" und "Für eine Zukunft ohne Zwangsdienste".
Im Süden Deutschlands gab es Demonstrationen mit insgesamt vielen tausend Menschen in München, Stuttgart, Freiburg und Heidelberg. In Frankfurt versammelten sich laut Polizei rund 600 Schülerinnen und Schüler. Unter ihnen waren auch der 15-jährige Friedemann und der 16 Jahre alte Max, die sagten, sie fänden es wichtig zu zeigen, "dass wir nicht einverstanden damit sind, dass praktisch die älteren Politiker darüber entscheiden, wie wir zu leben haben oder was wir machen müssen".