"ISPK in Ex-Sowjetstaaten aktiv" Terrorexperte hält IS-Bekenntnis für echt
23.03.2024, 00:59 Uhr Artikel anhören
Sicherheitskräfte vor dem brennenden Konzerthaus.
(Foto: REUTERS)
Nach dem Anschlag bei Moskau mit 62 Toten reklamiert der Islamische Staat den Angriff für sich. Der Londoner Terrorexperte Neumann hält den Ableger in Afghanistan für einen möglichen Drahtzieher. Der ISPK rekrutiere eifrig in ex-sowjetischen Staaten in Zentralasien und im Kaukasus.
Der Terrorexperte Peter Neumann vom King's College in London hält das Bekennerschreiben der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zum Anschlag bei Moskau für echt. "Die Bekennernachricht lief über alle offiziellen IS-Kanäle. Ich und meine Kollegen können das 100%ig bestätigen", schrieb Neumann auf X. Der aus Deutschland stammende Wissenschaftler warnte auch vor Falschnachrichten, die auf russischen Telegram-Kanälen kursierten mit der Behauptung, die IS-Mitteilung sei gefälscht. Es gebe "bereits massenweise Fake-News - vermutlich, um das Narrativ zu spinnen, die Ukraine sei für den Anschlag verantwortlich", schrieb Neumann.
Vor der IS-Erklärung hatte der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew bei Telegram gedroht, Moskau werde die ukrainische Führung töten, falls sich herausstellen sollte, dass sie in den Angriff verwickelt sei. Der Terrorexperte Neumann wies darauf hin, dass die US-Botschaft in Moskau bereits Anfang März vor der Gefahr eines Anschlags in Russland gewarnt hatte.
In einer auf dem Telegram-Kanal des IS-Sprachrohrs Amak verbreiteten Mitteilung hatte es zuvor geheißen, IS-Kämpfer hätten den Anschlag mit Dutzenden Toten und vielen Verletzten in der Stadt Krasnogorsk in der Region Moskau ausgeführt und sich anschließend in Sicherheit gebracht. Dass der IS den Anschlag für sich reklamiert, ohne tatsächlich dahinterzustecken, bewertete Neumann als sehr unwahrscheinlich. Das Bekennerschreiben alleine sei noch kein hundertprozentig zuverlässiger Hinweis, aber in Verbindung mit den anderen Indizien halte er es "für ziemlich sicher, dass es was mit dem IS zu tun hat", sagte der Professor für Security Studies.
IS-Ableger in Afghanistan rekrutiert im Kaukasus
Neumann verwies insbesondere auf den IS-Ableger in Afghanistan, der sich Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK) nennt und schon seit einigen Jahren einen bewaffneten Konflikt mit den militant-islamistischen Taliban austrägt. Der ISPK rekrutiere sehr aktiv in ex-sowjetischen Staaten in Zentralasien und im Kaukasus und werde auch mit Anschlagsplänen an Weihnachten in Köln, Wien und Madrid in Verbindung gebracht.
Russland war in der Vergangenheit bereits Ziel von Anschlägen islamistischer Gruppen. Im Jahr 2002 hatten tschetschenische Kämpfer im Moskauer Dubrowka-Theater 912 Menschen als Geiseln genommen, um den Abzug der russischen Truppen aus Tschetschenien zu fordern. Die Geiselnahme endete damals mit einem Angriff von Spezialeinheiten und dem Tod von 130 Menschen, von denen fast alle an dem vom Militär verwendeten Gas erstickten.
Im September 2004 waren tschetschenische Extremisten in eine Schule im südrussischen Beslan eingedrungen. Sie brachten etwa 1100 Kinder, Eltern und Lehrer in ihre Gewalt, die den Beginn des neuen Schuljahres feierten. Nach dreitägiger Belagerung beendeten Sicherheitskräfte die Geiselnahme gewaltsam. Insgesamt starben nach amtlichen Angaben mehr als 330 Menschen, darunter 180 Kinder.
Quelle: ntv.de, mau/dpa