Politik

Nach gescheitertem Attentatsversuch Thalys fährt jetzt mit Polizeischutz

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Der Attentäter aus dem Thalys ist ein marrokanischer Islamist, der lange in Spanien lebte - es offenbart sich ein Behördenversagen. Die "Helden", die Schlimmeres verhinderten heimsen viel Lob ein und ab sofort sind Polizisten an Bord der Züge.

Nach der Attacke in einem Thalys nach Paris patrouillieren nun Polizisten in den Hochgeschwindigkeitszügen. Zur Zeit seien dies französische Sicherheitskräfte, es werde aber auch erwogen, belgische und niederländische Polizisten einzusetzen, sagte eine Sprecherin der belgischen Bahngesellschaft SNCB der Nachrichtenagentur Belga am Samstag. Auch an den Bahnsteigen in Brüssel, wo Thalys-Züge halten, werde Polizei eingesetzt.

US-Soldat Alex Skarlatos (M., im Bayern-Trikot) erhielt vom Bürgermeister von Arras Fredric Leturque, eine Ehrenmedaille, ebenso wie Anthony Sadler (l.), ein Student aus den USA.

US-Soldat Alex Skarlatos (M., im Bayern-Trikot) erhielt vom Bürgermeister von Arras Fredric Leturque, eine Ehrenmedaille, ebenso wie Anthony Sadler (l.), ein Student aus den USA.

(Foto: AP)

Am Freitag hatte ein 25 Jahre alter Mann in einem Schnellzug von Amsterdam nach Paris geschossen, bevor er von Fahrgästen überwältigt wurde. Bei dem Vorfall wurden zwei Menschen verletzt. Der Festgenommene, der aufgrund seiner Fingerabdrücke als Marokkaner identifiziert wurde, soll nach französischen Behördenangaben einer radikal-islamistischen Bewegung angehören.

Spanische Behörden hatten den Marokkaner den Franzosen als Islamisten gemeldet. Der Marokkaner hatte nach spanischen Angaben zwischen 2007 und 2014 in Spanien gelebt. Wie die Zeitung "El País" am Samstagabend online berichtete, unterrichteten die spanischen Behörden Anfang 2014 Paris über die Gefährlichkeit des Mannes mit Verbindungen zum "radikalen Islamismus". Unter Berufung auf Quellen der spanischen Terrorbekämpfung hieß es zudem, der Marokkaner sei wegen Drogenschmuggels auch im Gefängnis gewesen.

"Helden" werden gefeiert

Unterdessen feiern Frankreich und die USA die Fahrgäste, die den Schützen unter Lebensgefahr überwältigten, als Helden. Ihrer Courage und Beherrschung habe man viel zu verdanken, sagte der französische Innenminister Bernard Cazeneuve am Samstag. Mehrere Passagiere hatten den Attentäter niedergerungen, darunter zwei US-Soldaten. Zwei Menschen wurden bei dem Vorfall schwer verletzt. US-Präsident Barack Obama lobte, die Passagiere hätten mit ihren "heldenhaften Taten" möglicherweise eine weitaus schlimmere Tragödie verhindert. Frankreichs Staatschef François Hollande lud sie für die kommenden Tage in den Élyséepalast ein, während französische Medien ihnen bereits den Ehrentitel "Helden des Thalys" verliehen. Und auch Nato-Oberbefehlshaber Philip M. Breedlove zeigte sich "extrem stolz" auf die beteiligten Militärs.

US-Soldat Spencer Stone verlässt ein Krankenhaus in Lille, wo er sich wegen einer Handverletzung behandeln ließ, die er sich im Kampf mit dem Terroristen zugezogen hatte.

US-Soldat Spencer Stone verlässt ein Krankenhaus in Lille, wo er sich wegen einer Handverletzung behandeln ließ, die er sich im Kampf mit dem Terroristen zugezogen hatte.

(Foto: REUTERS)

Insgesamt sollen fünf Fahrgäste an der Aktion gegen den Schützen beteiligt gewesen sein - ein Franzose, die beiden US-Soldaten in Zivil und ein befreundeter amerikanischer Student sowie ein britischer Geschäftsmann. Der Franzose war nach Darstellung Cazeneuves auf dem Weg zur Toilette, als der Mann mit der Waffe plötzlich vor ihm stand. Er versuchte, ihn zu stoppen, dann fielen Schüsse.

Die Soldaten kamen zu Hilfe: "Wir haben ihn gegen den Kopf geschlagen, bis er bewusstlos war", sagte Nationalgardist Alek Skarlatos. Der US-Sender CNN verbreitete ein Video, das den Schützen mit nacktem Oberkörper und gefesselten Armen auf dem Boden des Zugs zeigen soll. "Wir haben alle extrem Glück gehabt", betonte der britische Geschäftsmann Chris Norman. "Ich glaube, dass seine Waffe eine Ladehemmung hatte."

Der amerikanische Soldat Spencer Stone wurde mit einem Cutter-Messer verletzt. Ein Schuss traf einen Franko-Amerikaner an seinem Platz. Der Fall liegt nun in den Händen der für Terrorismus zuständigen Pariser Staatsanwaltschaft, auch in Belgien wird ermittelt. Der Verdächtige wird in einem Vorort von Paris verhört. Er hatte auch eine automatische Pistole und zehn Magazine bei sich. Die Schüsse fielen, als der Thalys gerade durchs belgisch-französische Grenzgebiet fuhr.

Schwere Anschuldigungen gegen das Thalys-Personal

Zur Zeit des Angriffs saß im Nachbarabteil Jean-Hugues Anglade zusammen mit seiner Frau und ihren beiden Kindern. Der aus dem Kultfilm "Betty Blue" bekannte Schauspieler erhebt schwere Vorwürfe gegen das Thalys-Personal: "Sie haben das Abteil mit einem speziellen Schlüssel geöffnet und sich eingeschlossen." Mit den anderen Passagieren habe er ausgesperrt und mit dem Rücken an der Wand zu dem abgeriegelten Abteil gekauert. "Wir haben geschrien, dass uns das Personal hineinlassen solle", berichtete der 60-Jährige dem Magazin "Paris Match". Niemand habe darauf reagiert.

Die Geschäftsführerin der Thalys-Gesellschaft, Agnès Ogier, wies die Anschuldigungen zurück.  "Einer der Mitarbeiter hat gemerkt, wie er von einem Schuss gestreift wurde." Er sei weggelaufen und mit fünf oder sechs Reisenden in den Gepäckraum am Ende des Zuges geflohen. Dort habe er den Alarm ausgelöst und anschließend die Kollegen aus dem anderen Zugteil und den Fahrer informiert. Ein anderer Mitarbeiter habe den Zugführer außerdem per Telefon alarmiert.

Quelle: ntv.de, vpe/jgu/ahe/dpa/AFP

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