Pentagon mobilisiert weiter Hunderte Marines nach Los Angeles entsandt
09.06.2025, 23:43 Uhr Artikel anhören
Soldaten der kalifornischen Nationalgarde feuern Tränengas und Gummigeschosse auf Demonstranten.
(Foto: picture alliance/dpa/ZUMA Press Wire)
Seit Tagen wird in Kalifornien gegen die harte Einwanderungspolitik der US-Einwanderungsbehörde protestiert. Präsident Trump reagiert drastisch und mobilisiert Tausende Soldaten der Nationalgarde - und Hunderte US-Marines.
Im verschärften Konflikt mit den örtlichen Behörden in Los Angeles hat Präsident Donald Trump weitere 2000 Mitglieder der Nationalgarde in die kalifornische Metropole entsandt. "Auf Anweisung des Präsidenten mobilisiert das Verteidigungsministerium zusätzliche 2000 Mitglieder der kalifornischen Nationalgarde", erklärte Pentagon-Sprecher Sean Parnell bei X. Sie würden einberufen, um die Einwanderungsbehörde "ICE zu unterstützen und es den Bundespolizisten zu ermöglichen, ihre Aufgaben sicher auszuführen".
Erst kurz zuvor hatte Trump 700 Soldaten nach Los Angeles beordert. Angesichts der "zunehmenden Drohungen gegen Bundesbeamte und Bundesgebäude" würden "US-Marines im aktiven Dienst aus Camp Pendleton nach Los Angeles entsandt", um diese zu schützen, erklärte ein Regierungsvertreter. Er nannte zunächst eine Zahl von 500 Soldaten, aktualisierte sie später aber auf 700.
Das US-Militär bestätigte separat die Entsendung von "etwa 700 Marines" eines Infanteriebataillons in die zweitgrößte Stadt der Vereinigten Staaten. Der Einsatz solle sicherstellen, dass nach den teils gewaltsamen Protesten vom Wochenende eine "angemessene Anzahl von Kräften" zur Verfügung stehe, hieß es weiter. Sie würden sich "nahtlos" in die Einsatzkräfte der Nationalgarde "integrieren".
Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom prangerte den Schritt als "geistesgestört" an. "Die US-Marines haben in mehreren Kriegen ehrenhaft zur Verteidigung der Demokratie gedient", erklärte der Demokrat auf X. "Sie sollten nicht auf amerikanischem Boden eingesetzt werden, wo sie ihren eigenen Landsleuten gegenüberstehen, um die geistesgestörte Fantasie eines diktatorischen Präsidenten zu erfüllen." Dies sei "unamerikanisch". "Hier geht es nicht um die öffentliche Sicherheit. Es geht darum, das Ego eines gefährlichen Präsidenten zu streicheln", monierte der Demokrat auf X.
Eskalation um Proteste
Demonstrierende hatten am Sonntag Straßen in der Innenstadt von Los Angeles besetzt, Autos in Brand gesetzt und Geschäfte geplündert. Der Einsatz der regulären Armee im Inneren ist eine weitere gravierende Eskalation rund um die Proteste gegen das Vorgehen der US-Einwanderungsbehörde ICE im Raum Los Angeles.
Soldaten sind für militärische Einsätze und den Krieg ausgebildet, nicht für polizeiliche Aufgaben wie die Kontrolle von Protesten in amerikanischen Innenstädten. Am Wochenende hatte Trump bereits mindestens 2000 Soldaten der Nationalgarde mobilisiert - gegen den Willen des Gouverneurs von Kalifornien, Gavin Newsom.
Ihr Einsatz gegen den Widerstand des Gouverneurs ist eine höchst ungewöhnliche Machtdemonstration der Regierung. Seit 1965 hatte kein US-Präsident mehr die Nationalgarde eines Bundesstaats gegen dessen erklärten Willen übernommen. Im Normalfall haben die Bundesstaaten die Kontrolle über die Nationalgarde. Kommt es zum Krieg oder zu nationalen Notfällen, kann der US-Präsident das Kommando übernehmen.
Nationalgarde bereits vor Ort
Nur kurz vor Bekanntwerden des drastischen Schritts hatte der Republikaner Trump in einer Pressekonferenz noch verbal abgerüstet. Zwar wollte er den Einsatz der Marineinfanteristen auf Nachfrage nicht ausschließen. Er beteuerte aber, dass die Nationalgarde die Lage in der Metropole an der Westküste der USA deeskaliert und Schlimmeres verhindert habe. "Es köchelt immer noch ein bisschen, aber nicht sehr stark", sagte er über die Proteste. Er wolle keinen "Bürgerkrieg", antwortete er auf eine entsprechende Frage eines Journalisten.

Ein Waymo Taxi wird mutwillig zerstört, während ein anderes in der Nähe des Metropolitan Detention Center in Los Angeles brennt.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Gleichzeitig hielt Trump an seiner Kritik am kalifornischen Gouverneur Newsom fest. Er äußerte sich zunächst zustimmend zu der Idee, Newsom festnehmen zu lassen - milderte seine Rhetorik aber später etwas ab. Der Demokrat sei "grob inkompetent", betonte Trump. "Er ist auf seine Art wahrscheinlich froh, dass ich mich einmische." Er habe sich zwar immer gut mit ihm verstanden, sagte der Republikaner. Aber Newsom mache einen "schrecklichen Job".
Gouverneur Newsom und Generalstaatsanwalt Rob Bonta reichten am Montag Klage gegen Trump, das Verteidigungsministerium und Minister Pete Hegseth ein. Sie werfen der Bundesregierung vor, rechtswidrig und ohne Zustimmung des Bundesstaats die Kontrolle über die kalifornische Nationalgarde übernommen zu haben. Newsom habe dem Einsatz ausdrücklich widersprochen und Hegseth in einem Brief um die Rücknahme der Truppen gebeten - dieses Gesuch sei ignoriert worden, sagte Bonta. Die Verantwortlichen in Kalifornien werfen dem Präsidenten Machtmissbrauch vor.
Kalifornien klagt gegen Trump
Ähnlich hatte sich zuvor auch Bürgermeisterin Bass geäußert. "Ich glaube nicht, dass die Nationalgarde jetzt gebraucht wird", sagte sie dem Sender CNN. Die Lage in Los Angeles sei derzeit ruhig. Zwar sei sie über das "Ausmaß des Vandalismus in Form von Graffiti" traurig, doch dies betreffe nur wenige Straßen im Zentrum. Es gebe keine flächendeckenden Unruhen. Straftaten müssten verfolgt werden, es habe auch einige Festnahmen gegeben - ein Militäreinsatz sei dafür jedoch nicht nötig.
Verstärkte Einsätze der US-Einwanderungsbehörde ICE hatten Ende vergangener Woche im Raum Los Angeles erste Proteste ausgelöst. Nach Angaben der Behörden wurden bei den Razzien Dutzende Menschen festgenommen - darunter nach Angaben des Büros von Newsom offenbar auch Minderjährige. Kritiker werfen der Bundesregierung vor, mit martialisch anmutenden Maßnahmen gezielt Angst zu schüren. Die Proteste richteten sich gegen Trumps harte Einwanderungspolitik und den Einsatz von ICE-Einheiten in zivilen Wohngebieten.
In den USA wird nun befürchtet, dass Trump eine Art Kriegsrecht verhängen könnte, indem er ein als "Insurrection Act" bekanntes Gesetz anwendet. Damit könnte er das reguläre Militär im Inland einsetzen.
Quelle: ntv.de, gut/dpa/AFP