Politik

Afrin unter Beschuss Türkei bestreitet zivile Opfer

Erdogan spricht nicht von Krieg, sondern von "Anti-Terror-Kampf".

Erdogan spricht nicht von Krieg, sondern von "Anti-Terror-Kampf".

(Foto: imago/Depo Photos)

Türkisches Artilleriefeuer trifft auf die Stadt Afrin. Auch ein Menschenkonvoi wird Berichten zufolge zum Ziel. Laut Erdogan hat es bislang keine zivilen Opfer in der Region gegeben. Die Kurden beklagen das Schweigen der Weltmächte.

Türkische Truppen haben die Stadt Afrin am späten Donnerstagabend mit Artillerie beschossen und dabei nach kurdischen Angaben auch auf einen Menschenkonvoi gezielt. Dutzende Granaten seien in Afrin gelandet, sagte Suleiman Dschaafar von der örtlichen Verwaltung der Deutschen Presse-Agentur. Ersten Berichten zufolge sei mindestens ein Mensch getötet worden. Acht weitere wurden demnach verletzt.

Bei dem Konvoi habe es sich um Menschen aus verschiedenen Teilen Nordsyriens gehandelt, die zur Unterstützung der Bevölkerung in die Stadt gekommen seien. Die Türkei hatte am 20. Januar eine Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG in der nordsyrischen Region Afrin gestartet.

Ein Sprecher für die YPG in der syrischen Stadt Aleppo teilte mit, dass Kämpfer seiner Gruppe ihre Posten verlassen hätten, um die Miliz in Afrin bei der Abwehr des türkischen Angriffs zu unterstützen. "Weil alle Weltmächte zu den barbarischen Angriffen Schweigen, sind alle YPG-Truppen aus Aleppo nach Afrin gezogen, um die Region zu verteidigen. Deshalb sind die Bezirke östlich von Aleppo unter die Kontrolle der (syrischen) Regime-Truppen gekommen", so Furat Khalil in einer Stellungnahme. Die Kurden in Syrien haben ein gespanntes Verhältnis zu der Regierung in Damaskus, obwohl sie während des Bürgerkrieges politische und wirtschaftliche Beziehungen aufrechterhalten haben.

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Die türkische Regierung hatte zuvor Angaben zu getöteten Zivilisten bei der Offensive in Nordsyrien widersprochen. "Bei den Operationen der türkischen Streitkräfte gab es bis heute keinen einzigen Zivilisten in der Region, dem auch nur die Nase geblutet hat, geschweige denn, der ums Leben gekommen ist", sagte Vize-Ministerpräsident Bekir Bozdag der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Die Türkei werde die Offensive in Afrin fortsetzen, bis sie die Region von "den Terrororganisationen und ihren Terroristen gesäubert hat".

Türkei warnt YPG-Unterstützer

Nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sind bei der türkischen Offensive gegen die YPG in der Region Afrin bisher 112 Zivilisten getötet worden, darunter 23 Kinder. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan sagte am Donnerstag in Ankara: "Gott sei Dank, nach dem Stand von heute Morgen haben unsere Soldaten im Afrin-Krieg 1829 Terroristen neutralisiert."

Generell vermeidet die Regierung die Bezeichnung "Krieg" für die Operation in Afrin, bei der es sich aus ihrer Sicht um Anti-Terror-Kampf handelt. Mit "neutralisiert" meinen die türkischen Behörden "kampfunfähig machen", was meist töten bedeutet, aber auch verletzen oder gefangen nehmen heißen kann. Bozdag warnte, sollten regierungstreue syrische Milizen in der Region die YPG unterstützen, "dann werden auch sie nicht verschont. Wer auch immer versucht, neben diesen Terrororganisationen gegen die türkischen Streitkräfte zu kämpfen, wird für uns zur Zielscheibe."

Die Ko-Vorsitzende der pro-kurdischen türkischen Oppositionspartei HDP, Pervin Buldan, bezeichnete die Darstellung, dass aus Regierungssicht nur "Terroristen" getötet würden, als "Lüge". "Die Regierung verbreitet Fehlinformationen, wenn sie sagt, dass es keine zivilen Toten gebe", sagte sie am Donnerstag vor Auslandskorrespondenten in Istanbul. Ihre Partei fordere ein sofortiges Ende des Militäreinsatzes in Afrin.

Quelle: ntv.de

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