Politik

"Entsetzliche Ungerechtigkeit" Türkische Menschenrechtsanwältin verurteilt

Nach dem Putschversuch in der Türkei 2016 wurden mehrere Tausend Menschen festgenommen.

Nach dem Putschversuch in der Türkei 2016 wurden mehrere Tausend Menschen festgenommen.

(Foto: picture alliance / Lefteris Pitarakis/AP/dpa)

Die türkische Staatsanwaltschaft hat seit dem gescheiterten Putschversuch 2016 zahlreiche Leute festnehmen und verurteilen lassen. Nun muss auch eine der bekanntesten Menschenrechtsanwältinnen in der Türkei, Eren Keskin, ins Gefängnis.

Die türkische Menschenrechtsanwältin Eren Keskin ist wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation zu sechs Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Das Istanbuler Gericht verurteilte zudem drei weitere Angeklagte, wie aus dem Protokoll hervorging: Zwei Verantwortliche der inzwischen verbotenen pro-kurdischen Tageszeitung "Özgür Gündem" erhielten demnach ebenfalls eine Strafe von sechs Jahren und drei Monaten wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation. Der ehemalige Chefredakteur der Zeitung, Bilir Zana Kaya, wurde laut Protokoll zu zwei Jahren und einem Monat Haft wegen Terrorpropaganda verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Keskin ist eine der bekanntesten Menschenrechtsanwältinnen im Land. Auf Twitter schrieb Keskin, sie sei oft angeklagt worden und habe wegen ihrer Ansichten im Gefängnis gesessen. Es sei jedoch das erste Mal, dass sie wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation verurteilt werde.

Milena Büyüm von Amnesty International nannte das Urteil eine "entsetzliche Ungerechtigkeit". Auf Twitter schrieb sie: "Eren Keskin hat ihr Leben der Verteidigung der Rechte von Frauen und Inhaftierten gewidmet sowie für Gerechtigkeit für Familien von Verschwundenen gekämpft. Sie ist eine Menschenrechtsanwältin, die sich gegen Ungerechtigkeit ausspricht." Hintergrund des Verfahrens war, dass Keskin die Zeitung "Özgür Gündem", die nach dem Putschversuch 2016 per Dekret verboten worden war, als symbolische Chefredakteurin unterstützt hatte.

Eine lange Liste

Seit dem gescheiterten Putschversuch 2016 wurden in der Türkei zahlreiche Journalisten, Aktivisten und andere Kritiker oder Gegner des Regimes festgenommen und verurteilt. Auch einige deutsche Staatsbürger waren auf der Liste. Vergangene Woche wurde der Prozess gegen die deutsche Journalistin Mesale Tolu wegen Terrorvorwürfen in der Türkei ein weiteres Mal vom Gericht um mehrere Monate vertagt. Die Staatsanwaltschaft wirft Tolu und ihrem Ehemann, die bereits 2018 und 2019 nach Deutschland zurückgekehrt sind, und einer Gruppe weiterer Angeklagter unter anderem Mitgliedschaft in der linksextremen Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei MLKP vor. Die gilt in der Türkei als Terrororganisation. Zusätzlich wirft ihr das Gericht Propaganda vor.

Die prominentesten deutschen Inhaftierten waren neben Tolu der "Welt"-Reporter Deniz Yücel und der Menschenrechtler Peter Steudtner. Sie durften inzwischen ausreisen. Steudtner wurde mittlerweile freigesprochen. Yücel war im Juli 2020 wegen Terrorpropaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK zu mehr als zwei Jahren Haft verurteilt worden.

Quelle: ntv.de, cls/dpa

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