Zugang zur Region Berg-Karabach UN-Gericht fordert von Ascherbaidschan Blockade-Ende
22.02.2023, 20:37 Uhr
Vor dem IGH unterliegt Aserbaidschan. Zudem weist das Gericht eine Klage gegen Armenien ab.
(Foto: picture alliance / Jürgen Schwenkenbecher)
Seit mehr als drei Jahrzehnten streiten Armenien und Aserbaidschan um die Region Berg-Karabach. Der Konflikt hat Zehntausende das Leben gekostet. Der Internationale Gerichtshof verlangt nun den freien Zugang zur Region und rügt eine Blockade Aserbaidschans. Fraglich ist, ob das Land der Aufforderung nachkommt.
Der Internationale Gerichtshof (IGH) hat Aserbaidschan angewiesen, die Blockade eines wichtigen Korridors zur mit Armenien umstrittenen Region Berg-Karabach aufzuheben. Aserbaidschan müsse alle "zur Verfügung stehenden Maßnahmen ergreifen", um den "ungehinderten Verkehr" durch den Latschin-Korridor "in beide Richtungen zu gewährleisten", sagte die Vorsitzende IGH-Richterin Joan Donoghue in Den Haag. Zudem wies der IGH eine Klage Aserbaidschans gegen die angebliche Verlegung von Landminen durch Armenien zurück.
Seit Mitte Dezember blockieren aserbaidschanische Aktivisten den Latschin-Korridor, die einzige Verbindungsstraße zwischen Berg-Karabach und Armenien, um gegen ihrer Meinung nach illegale Bergbauarbeiten zu protestieren. Durch die Blockade leidet die Enklave armenischen Angaben zufolge unter einem Mangel an Lebensmitteln, Medikamenten und Treibstoff. Donoghue bestätigte am Mittwoch, es sei infolge der Blockade zu "Engpässen bei Lebensmitteln, Medikamenten und anderen lebensrettenden medizinischen Gütern" gekommen.
Aserbaidschan und Armenien hatten vor dem IGH geklagt, um Notmaßnahmen in dem seit Jahrzehnten andauernden Berg-Karabach-Konflikt zu erwirken. Armenien forderte zunächst die Aufhebung der Blockade des Latschin-Korridors. Aserbaidschan reagierte darauf mit einer Klage, in der es Armenien das Verlegen tödlicher Landminen vorwarf.
Bislang rund 30.000 Tote
Der IGH lehnte es nun ab, eine Anweisung an Armenien zum Stopp der Verlegung von Landminen zu erlassen. Aserbaidschan habe "keine Beweise für das Armenien zur Last gelegte Verhalten" vorgelegt, sagte Donoghue. Aserbaidschan wirft Armenien vor, seit einem im Jahr 2020 geschlossenen Waffenstillstandsabkommen 2700 Minen verlegt zu haben.
Der IGH ist die höchste Rechtsinstanz der Vereinten Nationen. Seine Urteile bei Streitigkeiten zwischen UN-Mitgliedstaaten sind bindend, das Gericht kann die Umsetzung der Entscheidungen aber nicht erzwingen.
Aserbaidschan und Armenien streiten seit dem Zerfall der Sowjetunion im Jahr 1991 um die Grenzregion Berg-Karabach. Bei den militärischen Konfrontationen um das Gebiet wurden Schätzungen zufolge seit den 1990er Jahren etwa 30.000 Menschen getötet. Kämpfe im Jahr 2020 mit mehr als 6500 Toten wurden durch ein von Russland vermitteltes Waffenstillstandsabkommen beendet. Dabei musste Armenien große Gebiete aufgeben.
Die Gefahr einer erneuten Eskalation des Konflikts bleibt trotz jüngster Annäherungen in Friedensgesprächen zwischen den beiden Ländern hoch. Am Montag hatte eine Beobachtermission der EU in der Region mit rund hundert Mitarbeitern begonnen.
Quelle: ntv.de, jwu/AFP