Chef schreibt Brandbrief an UN UNRWA: Israel behindert Arbeit im Gazastreifen
23.02.2024, 02:51 Uhr Artikel anhören
Unter dem Hauptquartier des UNRWA in Gaza Stadt lag ein Terrortunnel der Hamas.
(Foto: picture alliance / Anadolu)
Mitarbeiter des Palästinenserhilfswerks der Vereinten Nationen stehen unter Terrorverdacht. Sie sollen aktiv an dem Massaker vom 7. Oktober beteiligt gewesen sein. Der UNRWA-Chef beklagt sich in einem Brief indessen darüber, dass Israel seine Organisation bei der Arbeit störe.
Der Chef des UN-Flüchtlingshilfswerks UNRWA, Philippe Lazzarini, wirft israelischen Kräften innerhalb des Regierungsapparats konzertierte Aktionen zur Behinderung der Arbeit der UN-Organisation vor. Das Flüchtlingshilfswerk könnte das von der UN-Vollversammlung erteilte Mandat bald nicht mehr erfüllen, schrieb Lazzarini in einem Brief an den Präsidenten der UN-Vollversammlung.
Nach seinen Angaben forderten israelische Behörden UNRWA zum Beispiel auf, ein 1952 von Jordanien zugewiesenes Berufsbildungszentrum in Ostjerusalem zu räumen und eine "Nutzungsgebühr" von 4,5 Millionen Dollar zu zahlen. Es liefen auch Bemühungen, UNRWA nach 75 Jahren aus den Büros in Ostjerusalem zu vertreiben. Zollbehörden hätten die Abfertigung von UNRWA-Material eingestellt, eine Bank habe ein UNRWA -Konto blockiert. Die Visa für internationale Mitarbeiter, die auch im Gazastreifen arbeiten, seien auf ein bis zwei Monate begrenzt worden.
Lazzarini rief die UN-Generalversammlung auf, das Mandat des Flüchtlingshilfswerks zu bekräftigen und für die nötigen finanziellen Mitteln zu sorgen. 16 Länder hatten ihre Zahlungen an UNRWA in den vergangenen Wochen eingefroren. Vorausgegangen waren israelische Vorwürfe, dass UNRWA-Mitarbeiter an den Massakern in Israel am 7. Oktober 2023 beteiligt gewesen seien. Die UN-Generalversammlung hatte UNRWA 1949 ins Leben gerufen und beauftragt, "palästinensischen Flüchtlingen Hilfe und Schutz zu gewähren, bis eine gerechte und dauerhafte Lösung für ihre Notlage vorliegt". Israel fordert inzwischen die Auflösung der Organisation.
Video zeigt UNRWA-Sozialarbeiter während Massaker
Kurz zuvor hatte die Mutter eines bei den Hamas-Massakern am 7. Oktober getöteten jungen Israeli das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA für die Verschleppung ihres Sohnes mit verantwortlich gemacht. "Wie kann die UNO diesen Mann bezahlen, der den schlanken Körper meines Sohnes über den Boden schleifte und ihn dann wie eine Trophäe nach Gaza brachte", sagte Ajelet Samerano am Mittwochabend in Tel Aviv nach der Veröffentlichung eines Videos, auf dem die Leiche ihres 21-jährigen Sohnes Jonathan von einem mutmaßlichen UNRWA-Angestellten in einen weißen Jeep gezerrt wird.
Jonathan Samerano aus Tel Aviv besuchte am 7. Oktober zusammen mit Freunden das Nova-Musikfestival, als Kämpfer der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas vom Gazastreifen aus nach Israel eindrangen, Militärposten überrannten und Kibbuze sowie die Techno-Party im Süden Israels überfielen. Der 21-Jährige entkam zwar dem Angriff der Islamisten auf das Festival in der Negev-Wüste, wurde aber im nahe gelegenen Kibbuz Beeri getötet.
Nach Angaben der israelischen Regierung handelt es sich bei dem Mann, der auf dem Video mit Sameranos Leiche zu sehen ist, um einen Sozialarbeiter des UNRWA. Der Mann wurde demnach als Faisal Ali Mussalem al-Naami identifiziert. Neben seiner UNRWA-Tätigkeit war der 45-Jährige demnach auch Mitglied einer Hamas-Kommandoeinheit und "an der Entführung eines Soldaten aus Beeri beteiligt". Zudem habe er am 7. Oktober "den Transfer von Waffen und Lastwagen" koordiniert, erklärte die Regierung.
Quelle: ntv.de, mau/dpa/AFP