Politik

"Hölle unter russischer Flagge" Ukrainer erobern Mehrheit besetzter Gebiete zurück

Ukrainische Rettungskräfte in der umkämpften Stadt Bachmut.

Ukrainische Rettungskräfte in der umkämpften Stadt Bachmut.

(Foto: picture alliance / AA)

Im Kampf gegen die Invasoren erreicht die Ukraine einen Meilenstein. Dennoch ist die Lage in vielen Teilen des Landes verzweifelt. Die Energieversorgung ist eingeschränkt. Mancherorts gibt es laut Präsident Selenskyj "schon seit Langem keinen Lebensraum mehr, der nicht durch Granaten beschädigt wurde".

Die ukrainische Armee hat inzwischen mehr als die Hälfte des seit der russischen Invasion am 24. Februar besetzten Gebiets zurückerobert. Britischen Berechnungen zufolge konnte die Ukraine bislang 54 Prozent der seit dem 24. Februar durch Russland eroberten Landesteile wieder unter ihre Kontrolle bringen. Einschließlich der 2014 annektierten Krim hält Russland aber weiter 18 Prozent des ukrainischen Territoriums unter Kontrolle, wie das britische Verteidigungsministerium mitteilt.

Anderen Beobachtern zufolge hatte die Ukraine die Marke von 50 Prozent bei der Rückeroberung der besetzten Gebiete schon in den vergangenen Wochen erreicht. Seit dem Frühjahr befindet sich das ukrainische Militär in der Offensive. Dabei hatte sie die russische Armee aus den Gebieten nördlich und nordöstlich der Hauptstadt Kiew zurückgedrängt. Im Herbst gelang es den ukrainischen Streitkräften, erst im Raum Charkiw die russische Armee hinter die eigene Grenze zurückzuschlagen und schließlich auch auf breiter Fläche im Donbass vorzurücken. Im Oktober schließlich musste Russland in der Region Cherson die Gebiete westlich des Flusses Dnipro aufgeben.

Trotz der militärischen Erfolge wird die Lage in vielen Teilen der Ukraine immer schwieriger. Die russische Armee habe mit ihrer Invasion in die Ukraine nach den Worten von Staatschef Wolodymyr Selenskyj "die Hölle unter russischer Flagge" ins Land gebracht. Vor allem in den Frontgebieten des Donbass im Osten der Ukraine sei die Lage "sehr schwierig", sagte er in seiner jüngsten Videoansprache. Selenskyj zählte dabei die Brennpunkte Bachmut, Soledar oder Kremnina auf. In diesen Bereichen gebe es "schon seit Langem keinen Lebensraum mehr, der nicht durch Granaten beschädigt wurde". Daneben sei die Stadt Bachmut von den Besatzern zerstört worden. "Eine weitere Donbass-Stadt, die die russische Armee in eine verbrannte Ruine verwandelte", sagte Selenskyj.

Alle Kraftwerke beschädigt

Zuvor schon hatte Selenskyj Berater Mychajlo Podoljak die Lage rund um Bachmut aus ukrainischer Sicht als "die Hölle auf Erden" beschrieben. Abseits des Frontgeschehens arbeite die Ukraine weiter daran, Russland eines Tages für die Invasion und deren Folgen juristisch zur Rechenschaft zu ziehen. "Wir fühlen uns sowohl von Staaten als auch von internationalen Organisationen und Menschenrechtsinstitutionen unterstützt", sagte Selenskyj. Bei den Bemühungen um einen Sondergerichtshof nach dem Vorbild des Nürnberger Tribunals habe Kiew Großbritannien eine Führungsrolle angeboten.

Wegen der russischen Angriffe auf das ukrainische Energienetz müssen die Menschen den ganzen Winter über mit Stromabschaltungen rechnen. Das sagte Regierungschef Denys Schmyhal bei einer Kabinettssitzung. Zwar sei die Lage gegenwärtig "unter Kontrolle", doch gebe es durch die Schäden weiter Mängel bei der Stromversorgung. "Alle Wärme- und Wasserkraftwerke des Landes wurden beschädigt." Dazu seien etwa 40 Prozent der Hochspannungsnetzanlagen unterschiedlich stark beschädigt. "Daher sind in den meisten Regionen die Einschränkungen in der Stromversorgung immer noch erheblich."

Die russischen Raketenangriffe der vergangenen Wochen haben die gesamte Energie-Infrastruktur der Ukraine ins Visier genommen. Dadurch ist vor allem die Stromversorgung in weiten Teilen des Landes zusammengebrochen. Inzwischen ist es gelungen, die Bevölkerung zumindest stundenweise mit Strom zu versorgen.

(Dieser Artikel wurde am Samstag, 10. Dezember 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, mbo/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen