Politik

Die Kriegsnacht im Überblick Ukraine beginnt in 918 Orten mit Wiederaufbau - Russland warnt vor Waffenlieferungen

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Vor wenigen Tagen zieht Russland sich aus dem Norden der Ukraine zurück, um seinen Angriff auf den Donbass im Osten des Landes zu konzentrieren. In den befreiten Gebieten beginnen die ukrainischen Behörden mit dem Wiederaufbau. Eine massive Herausforderung, wie Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärt. Der Umfang der Arbeit für eine Wiederherstellung des normalen Lebens sei "wirklich enorm". Gleichzeitig macht der ukrainische Staatschef in einem Interview Angaben zur Frage, wie viele Soldaten bisher gefallen sind. Der Beschuss ukrainischer Städte durch russische Truppen dauert derweil an. Ebenso die Kritik an der zögerlichen Bundesregierung.

Selenskyj: Wiederaufbau beginnt

Bei Tschernihiw reparieren ukrainische Arbeiter die Gleise einer Eisenbahnverbindung.

Bei Tschernihiw reparieren ukrainische Arbeiter die Gleise einer Eisenbahnverbindung.

(Foto: picture alliance / Photoshot)

Die ukrainischen Behörden vermelden erste Forstschritte beim Wiederaufbau ihres Landes nach dem Abzug russischer Truppen aus dem Norden. Der Umfang der Arbeiten sei in den 918 betroffenen Orten und Städten unterschiedlicher Größe "wirklich enorm", sagte Präsident Selenskyj in seiner nächtlichen Videobotschaft. Man führe Entminungsarbeiten durch, stelle die Versorgung der Orte mit Strom, Wasser und Gas wieder her. Auch die Polizei, Post und lokale Behörden nähmen ihre Arbeit wieder auf. Zugverbindungen seien etwa in der Region Sumy im Nordosten des Landes wieder eingerichtet oder stünden etwa mit der Stadt Tschernihiw im Norden kurz vor der Wiederaufnahme.

Humanitäre Stäbe wurden nach Angaben von Selenskyj bisher in 338 Orten etabliert. Diese stellten unter anderem notfallmedizinische Versorgung bereit, sagte der ukrainische Präsident. Auch Schulen und andere Bildungseinrichtungen sollen dort, wo dies möglich sei, wieder aufgenommen werden. Russische Truppen hätten bis Freitag 1018 Bildungseinrichtungen zerstört oder beschädigt, sagte Selenskyj.

Ukraine: Große Zerstörung in Sjewjerodonezk

Auch die Großstadt Sjewjerodonezk im Gebiet Luhansk ist der Ukraine zufolge von Russland schwer beschädigt worden. Die Stadt sei zu rund 70 Prozent zerstört, sagte der Chef der Militärverwaltung der Stadt, Olexandr Strjuk, im ukrainischen Fernsehen. Die wichtigsten Straßen seien erheblich beschädigt und auch die Wasserversorgung sei bis zur Durchführung von Reparaturarbeiten eingestellt. Von den rund 130.000 Bewohnerinnen und Bewohnern vor dem Krieg seien nur mehr etwa 20.000 Menschen vor Ort, sagte er. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.

Ukraine: Mindestens zehn Tote nach Beschuss von Charkiw

Bei einem Beschuss des Industriebezirks der ostukrainischen Metropole Charkiw sollen ukrainischen Angaben zufolge mindestens zehn Menschen getötet worden sein. Unter den Opfern sei ein sieben Monate altes Baby, teilt die Staatsanwaltschaft des Gebietes Charkiw auf Facebook mit. Die Ukraine berichtete zudem über einen russischen Luftangriff auf einen Flugplatz in der Stadt Olexandrija im Gebiet Kirowohrad in der zentralen Ukraine. Die Rettungsarbeiten laufen, schreibt der Bürgermeister Serhij Kusmenko auf Facebook. Über Schäden oder Opfer gab es bislang keine Angaben.

Selenskyj: 2500 bis 3000 getötete ukrainische Soldaten

Seit Beginn der russischen Invasion sind nach Angaben aus Kiew bislang 2500 bis 3000 ukrainische Soldaten getötet worden. Das teilte Präsident Selenskyj dem US-Fernsehsender CNN in einem Interview mit, das am Freitag in ersten Auszügen verbreitet wurde. Er berichtete zudem von etwa 10.000 verletzten Soldaten auf ukrainischer Seite. Es sei schwer zu sagen, wie viele davon überleben würden.

Selenskyj zufolge sollen auf der Seite Russlands bereits 20.000 Soldaten getötet worden sein. Moskau sprach zuletzt von etwa 1350 getöteten Militärs in den eigenen Reihen.

Ukraine: Kapitän der "Moskwa" ist tot

Nach ukrainischen Angaben ist auch der Kapitän des gesunkenen russischen Raketenkreuzers "Moskwa" tot. "Anton Kuprin, Kapitän 1. Ranges, Kommandant des Kreuzers 'Moskwa', starb bei einer Explosion und einem Brand an Bord des ehemaligen Flaggschiffs der russischen Schwarzmeerflotte", schrieb Anton Geraschenko, ein Berater des ukrainischen Innenministeriums, in seinem Telegramkanal. Eine Bestätigung dazu gibt es nicht. Die "Moskwa" wurde der ukrainischen Armee zufolge am Donnerstag von Raketen vom Typ "Neptun" getroffen. Ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums, der anonym bleiben wollte, bestätigte die Angaben.

Russland verschickt wegen Waffenlieferungen Protestnoten

Russland sandte wegen Waffenlieferungen an die Ukraine Protestnoten an mehrere westliche Länder. Darunter seien auch die USA, sagte die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, der Agentur Interfax zufolge. Nach Angaben der "Washington Post" warnt Moskau in dem Schreiben, dass solche Lieferungen "unvorhersehbare Folgen" haben könnten. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor sieben Wochen hat die Ukraine Waffen aus vielen Ländern bekommen.

Regierung stockt Rüstungshilfe für Ukraine auf

Deutschland will seine Rüstungshilfe für Partnerländer auf zwei Milliarden Euro aufstocken. Das Geld soll überwiegend der Ukraine zugutekommen. Bundeskanzler Olaf Scholz habe die Summe frühzeitig angefordert, sie solle über den Ergänzungshaushalt bereitgestellt werden, teilte Finanzminister Christian Lindner am Abend auf Twitter mit.

Die Bundesregierung hatte kurz nach Kriegsbeginn entschieden, die Ukraine mit Waffenlieferungen zu unterstützen. Bisher sind unter anderem Panzerfäuste, Luftabwehrraketen, Maschinengewehre, aber auch Fahrzeuge, Nachtsichtgeräte und Schutzausrüstung geliefert worden. Ob, wie von der Ukraine verlangt, auch schwere Waffen folgen, ist noch immer unklar. Grüne und FDP sind dafür, die SPD ist gespalten. Scholz hat sich noch nicht festgelegt. Dafür wird er nicht nur von der Opposition stark kritisiert.

EX-BND-Chef gegen Ausweisung russischer Spione

Der frühere Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Gerhard Schindler, geht davon aus, dass Russland angesichts seines Angriffskriegs in der Ukraine die Spionage in Deutschland verstärkt. "In Deutschland gibt es, wie in anderen europäischen Staaten auch, seit dem Kalten Krieg anhaltende russische Spionageaktivitäten", sagte Schindler den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Schon länger sei eine Zunahme der russischen Nachrichtendienst-Aktivitäten zu beobachten.

Seriöse Aussagen über die Zahl russischer Spione in Deutschland ließen sich nicht treffen. Die Bundesregierung hatte kürzlich 40 russische Diplomaten aus Deutschland ausgewiesen, denen sie Spionage-Tätigkeit vorwirft. Schindler sieht das Vorgehen jedoch skeptisch: "Jeder erkannte Spion ist ein Pluspunkt für die deutschen Sicherheitsbehörden." Man könne diesen Spion beobachten und überwachen, mit wem er kommuniziert.

Verkehrsminister: Logistikbranche wegen Ukraine-Krieg angespannt

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Der Krieg in der Ukraine hat nach den Worten von Bundesverkehrsminister Volker Wissing starke Auswirkungen auch auf die Logistikbranche in Deutschland. "Die Lieferketten sind stark beeinträchtigt", sagte Wissing dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Allein in Polen fehlten rund 100.000 ukrainische Lastwagenfahrer, weil sie zum Wehrdienst einberufen worden seien. Auch hohe Energiepreise machten der Branche zu schaffen.

Das wird heute wichtig

  • In mehreren deutschen Städten sind Ostermärsche der Friedensbewegung geplant. Die Kundgebungen richten sich vor allem gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine.
  • In Berlin geht die Diskussion um die Lieferung schwerer Waffen aus Deutschland an die Ukraine weiter.

Quelle: ntv.de, chr/dpa

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