Politik

Streit um Waffenlieferungen Hofreiter und Merz greifen Scholz scharf an

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"Der Kanzler ist das Problem": Mit diesen Worten attackiert der Grünen-Politiker Hofreiter seinen Ampel-Kollegen Scholz. Dessen Zaudern bei der Lieferung schwerer Waffen für die Ukraine löst auch in anderen Parteien Kopfschütteln aus. Es gibt aber auch zurückhaltendere Stimmen.

In der Debatte um die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine und der zögerlichen Haltung von Bundeskanzler Olaf Scholz legt der Grünen-Bundestagsabgeordnete Anton Hofreiter nach. "Der Kanzler ist das Problem - nicht nur in der Ukraine-Politik, sondern auch bei anderen Fragen der europäischen Zusammenarbeit", sagte der Europapolitiker dem "Spiegel". "Deutschland muss Verantwortung in Europa übernehmen - und da ist vor allem der Kanzler gefragt", so Hofreiter. "Egal, in welchen europäischen Ländern ich im Moment unterwegs bin, immer begegne ich der Frage: Wo ist Deutschland?", gab der Vorsitzende des Europaausschusses zu bedenken.

Scharfe Kritik an Scholz kommt auch vom Unionsfraktionsvorsitzenden Friedrich Merz. "Der Bundeskanzler hat große Defizite in der Strategie und in seiner Kommunikation", sagte der CDU-Chef dem "Spiegel". "Entweder weiß er selbst nicht, was er will, oder er kann seine Ziele nicht erklären." Der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sagte Merz, durch sein Verhalten gefährde Scholz "den Zusammenhalt der gesamten Staatengemeinschaft gegenüber Russland". Als Beispiele nannte er das Zögern des Kanzlers bei Waffenlieferungen, aber auch dessen bisherige Ablehnung einer Reise nach Kiew.

Es müsse jetzt endlich Klarheit darüber geschaffen werden, was Deutschland tun wolle und ob es schwere Waffen an die Ukraine liefern wolle, verlangte Merz. "Wir wollen wissen, was geliefert wird und vor allem, aus welchen Gründen die Bundesregierung verfügbares Material nicht liefern will", sagte der CDU-Chef. Er verwies auf wachsende Zweifel an der Zuverlässigkeit der Regierung.

Zur Debatte um die Lieferung schwerer Waffen sagte Merz, er sei "ganz und gar" einer Meinung mit Außenministerin Annalena Baerbock, "dass es jetzt keine Ausreden mehr gibt". Eine solche Ausrede sei, dass die Ukrainer etwa den Schützenpanzer "Marder" nicht bedienen könnten. "Dann muss eben ausgebildet werden, auch außerhalb der Ukraine", verlangte der Oppositionsführer. Aus mehreren anderen europäischen Ländern würden schließlich auch Panzer an die Ukraine geliefert, sagte Merz. Zudem habe es auch im NATO-Rat vergangene Woche Einvernehmen darüber gegeben, das Land mit weiteren schweren Waffen zu unterstützen. Merz kritisierte Scholz auch dafür, dass er bislang nicht nach Kiew gefahren sei. "Er hätte längst dort sein sollen", sagte er der "FAZ".

Auch Habeck plädiert für mehr Waffen

Aus der FDP kam der Vorwurf der Zögerlichkeit an Scholz. "Sehr schnelles Handeln ist jetzt angesagt", forderte die Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" mit Blick auf die im Osten der Ukraine drohende neue russische Großoffensive. Auf die Frage, ob im Kanzleramt ein Zauderer sitze, antwortete sie im Deutschlandfunk mit "Ja".

"Sollte Russland diesen Krieg gegen die Ukraine gewinnen, dann drohen neue militärische Konflikte in Moldau, in Georgien und vermutlich auch auf dem westlichen Balkan", warb auch der SPD-Außenpolitiker Michael Roth für mehr deutsches Engagement. "Die Ukrainerinnen und Ukrainer können sich nur verteidigen mit Waffen - und dabei sollten wir sie rasch und umfassend unterstützen", sagte er der "Frankfurter Rundschau". Hofreiter, Strack-Zimmermann und Roth hatten vor einigen Tagen die Ukraine besucht.

"Es müssen mehr Waffen kommen", verlangte auch Habeck im Gespräch mit der Funke-Mediengruppe. "Wir können die Ukraine in dem Krieg nicht alleine lassen. Sie kämpft auch für uns", sagte auch er. Allerdings vermied der Wirtschaftsminister direkte Kritik an Scholz und blieb auch bei schweren Waffen etwas zurückhaltender. Deutschland dürfe nicht selbst zum Angriffsziel werden, dieser Rahmen "schließt große Panzer oder Kampfflugzeuge bisher nicht ein", sagte Habeck.

"Altes, starres Weltbild zusammengebrochen"

Vorsichtig äußerte sich auch Grünen-Parteichef Omid Nouripour. In der Regierung seien alle "sehr eng beieinander", sagte er am Donnerstag in Berlin. Bereits am Mittwochabend hatte Parteikollege Hofreiter gegen Kanzler Scholz ausgeteilt. "Das Problem ist im Kanzleramt", sagte er bei "RTL Direkt". "Wir müssen jetzt endlich anfangen, der Ukraine das zu liefern, was sie braucht, und das sind auch schwere Waffen." Hofreiters Äußerungen seien "nicht die von Bündnis90/Die Grünen", gab Nouripour tags darauf zu Protokoll.

Kritik an dem Drängen auf mehr Waffenlieferungen übte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich. "Einfache Antworten, auch bei der Lieferung von schwerem Kriegsgerät an die Ukraine, gibt es nicht", erklärte er in Berlin. Strack-Zimmermann warf Mützenich daraufhin auf Twitter vor: "Er kann nicht akzeptieren, dass ein altes, starres Weltbild zusammengebrochen ist."

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Der langjährige Grünen-Abgeordnete und Parteilinke Hans-Christian Ströbele sagte der "Rheinischen Post", der Appell, Frieden schaffen ohne Waffen, gelte "langfristig weiter". Jetzt aber müsse die Ukraine die Möglichkeit erhalten, "sich mit Waffen zur Wehr zu setzen". Gleichzeitig rate er weiter zu vorsichtigem Verhalten bezüglich von Waffenlieferungen. Er sei dagegen, "jetzt schwerste Angriffswaffen wie Panzer in die Ukraine zu liefern. Das vergrößert die Gefahr der befürchteten Ausweitung des Krieges auf die NATO."

Forderungen nach Lieferungen schwerer Waffen kamen auch aus der CDU. Deutschland stehe auf der Seite der Ukraine. "Deshalb sollten wir auch bereit sein, die Ukraine mit schweren Waffen zu unterstützen", verlangte die Verteidigungspolitikerin Serap Güler in der "Heilbronner Stimme." Die Ukraine fordert seit Wochen von Deutschland die Lieferung, insbesondere von Panzern.

Quelle: ntv.de, fzö/AFP

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