Evakuierung erneut gescheitert Ukrainische Behörden: 2187 Zivilisten in Mariupol getötet
13.03.2022, 18:02 Uhr
Hilfsorganisationen berichten warnen vor einer "unvorstellbaren Tragödie" im umkämpften Mariupol.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Seit anderthalb Wochen ist die südostukrainische Hafenstadt Mariupol von der russischen Armee eingekesselt. Russische Truppen greifen laut Stadtverwaltung Wohngebäude und dicht bevölkerte Gebiete an. Dabei sollen schon mehr als 2000 Menschen getötet worden sein.
In der von russischen Truppen belagerten südostukrainischen Hafenstadt Mariupol sind nach Angaben der Stadtverwaltung seit Beginn der russischen Offensive bereits mehr als 2100 Einwohner getötet worden. Die russischen "Besatzer greifen zynisch und absichtlich Wohngebäude und dicht bevölkerte Gebiete an und zerstören Kinderkrankenhäuser und städtische Einrichtungen", erklärte die Stadtverwaltung auf Telegram. Bislang seien bei russischen Angriffen 2187 Einwohner von Mariupol getötet worden. Eine Evakuierung aus der Stadt ist derweil erneut gescheitert.
"Es ist nicht gelungen, Mariupol zu erreichen", sagte Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk dem Portal "strana.news". Der Konvoi sei in der Stadt Berdjansk geblieben, weil es Luftangriffe auf Mariupol gegeben habe. "Aber morgen früh versuchen wir es nochmal", kündigte Wereschtschuk an. Bisher war noch kein Versuch erfolgreich, Hilfsgüter in die umkämpfte Stadt am Asowschen Meer zu transportieren und Einwohner herauszuholen. Beide Seiten geben sich gegenseitig die Schuld daran. An anderen Orten seien Fluchtkorridore hingegen erfolgreich gewesen, sagte die Politikerin. Unter anderem aus Sjewjerodonezk und Lyssytschansk im ostukrainischen Gebiet Luhansk sowie aus Irpin und Butscha nordwestlich der Hauptstadt Kiew seien insgesamt 7000 Menschen in Sicherheit gebracht worden.
Der ukrainische Präsidentenberater Olexij Arestowytsch versicherte, dass in Mariupol genügend ukrainische Truppen seien, um die eingeschlossene Hafenstadt zu halten. Dennoch musste er eingestehen: "Unsere Streitkräfte können nicht bis Mariupol vordringen, sie werden durch die Schläge des Gegners nördlich von Wolnowacha und im Donbass zurückgedrängt." Zugleich betonte Arestowytsch, dass Kiew keine unmittelbare Gefahr drohe. "Alle Streitkräfte Russlands, die versuchten, nach Kiew zu gelangen, wurden besiegt."
Lage in Mariupol ist dramatisch
Mariupol ist seit anderthalb Wochen von der russischen Armee eingekesselt, die Lage in der Hafenstadt am Asowschen Meer ist dramatisch. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) berichtete von katastrophalen Bedingungen für die noch rund 300.000 in der Stadt eingeschlossenen Zivilisten. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen warnte vor einer "unvorstellbaren Tragödie".
"Der Plan Putins und seiner Generäle ist nicht aufgegangen. Das heißt, sie müssen jetzt anders agieren, um zum militärischen Erfolg zu gelangen", sagt der Militärexperte Michael Karl, der sich als Forscher der Bundeswehr-Denkfabrik GIDS mit Russland und Osteuropa befasst. Er verweist auf die russische Kriegsführung in Syrien und sieht Ähnlichkeiten, wie die Auswahl der Ziele. "Mariupol wird wahrscheinlich als Fanal dienen. Wir gehen davon aus, dass diese Stadt eine Art Exempel sein wird, wo mit Bombardements und Raketen- und Artilleriefeuer sowie einer Einkesselung die Zivilbevölkerung terrorisiert und die Stadt vernichtet werden", warnt er.
Mariupol liegt etwa 55 Kilometer von der russischen Grenze und 85 Kilometer von der Separatistenhochburg Donezk entfernt. 2014 hatten pro-russische Separatisten die Hafenstadt kurzzeitig besetzt, bevor sie von der ukrainischen Armee zurückerobert wurde. Sollte Mariupol nun fallen, würde dies den Zusammenschluss der russischen Truppen mit Einheiten aus der Krim und dem Separatistengebiet im Donbass ermöglichen.
Quelle: ntv.de, jki/AFP/dpa