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Die Kriegsnacht im Überblick Ukrainische Truppen im Donbass unter neuem Kommando - Selenskyj fordert härtere Sanktionen

Trotz der Lieferung westlicher Waffen - wie dieser Feldhaubitze FH155-1 - muss die Ukraine im Donbass zuletzt einige Rückschläge verkraften.

Trotz der Lieferung westlicher Waffen - wie dieser Feldhaubitze FH155-1 - muss die Ukraine im Donbass zuletzt einige Rückschläge verkraften.

(Foto: REUTERS)

Nach größeren Gebietsverlusten im Donbass wechselt der ukrainische Präsident Selenskyj den Befehlshaber der Streitkräfte in der Ostukraine aus. In seiner abendlichen Ansprache warnt er zudem vor einem "offenen Gas-Krieg" und fordert härtere Sanktionen gegen Russland. Vertreterinnen und Vertreter der EU-Staaten einigen sich in der Nacht auf einen Gas-Notfallplan und das Ringen um die Getreidelieferungen geht weiter. Am Dienstag ist der 152. Tag des Kriegs.

Selenskyj: Russland führt "offenen Gas-Krieg"

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht in der weiteren Drosselung russischer Gaslieferungen nach Europa eine Form von Moskaus "Terror" gegen den Westen. "Und dies ist ein offener Gas-Krieg, den Russland entfacht gegen das vereinte Europa", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. Russland mache es Europa damit absichtlich schwer, sich auf den Winter vorzubereiten. Das Land zeige damit einmal mehr, dass es sich nicht für das Schicksal der Menschen interessiere. Russland lasse die Menschen durch die Blockade ukrainischer Getreideausfuhren hungern sowie unter Kälte, Armut und Besatzung leiden. "Das sind einfach nur verschiedene Formen von Terror", sagte Selenskyj mit Blick auf die Ankündigung des russischen Gaskonzerns Gazprom, von diesem Mittwoch an die Lieferungen durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 auf 20 Prozent der Kapazität zu drosseln. Mehr dazu lesen Sie hier.

EU-Staaten verständigen sich auf Gas-Notfallplan

Vertreterinnen und Vertreter von EU-Staaten haben sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur auf einen Notfallplan zur Senkung des Gaskonsums verständigt. Er soll heute bei einem Sondertreffen der Energieminister in Brüssel offiziell bestätigt werden. Mehr dazu lesen Sie hier.

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Selenskyj fordert weitere Sanktionen gegen Russland

Die Drosselung der Gaslieferungen sei für Europa eine weitere Bedrohung, sagte Selenskyj. Deshalb müsse der Westen zurückschlagen. Statt an eine Rückgabe der bereits reparierten Gasturbine zu denken, sollten die Sanktionen gegen Russland weiter verschärft werden. "Tun Sie alles, um Russlands Einnahmen nicht nur aus Gas und Öl zu reduzieren, sondern auch aus anderen Exporten, die noch bleiben", sagte er. Selenskyj warnte, jede weitere Handelsbeziehung sei ein "potenzielles Mittel des Drucks für Russland". Es steht seit Langem im Ruf, sein Gas als "geopolitische Waffe" einzusetzen. Ein Teil des Gases aus Russland wird trotz des Krieges weiter durch die Ukraine nach Westeuropa gepumpt.

Ukrainische Truppen im Donbass unter neuem Kommando

Staatschef Selenskyj setzt nach größeren Gebietsverlusten seit Beginn des russischen Einmarsches einen neuen Befehlshaber der Streitkräfte in der Ostukraine ein: Viktor Horenko soll nun die Truppen kommandieren. Per Dekret entließ er den 44 Jahre alten Generalmajor Hryhorij Halahan, der in den Geheimdienst versetzt werde. Er wurde demnach zum stellvertretenden Chef des für Terrorbekämpfung zuständigen Zentrums des Geheimdienstes SBU ernannt.

Nach Russlands Einmarsch im Februar hat die Ukraine nun die Kontrolle über das Gebiet Luhansk komplett verloren. Das benachbarte Donezker Gebiet wurde etwa zur Hälfte von russischen Truppen erobert. Vor dem 24. Februar waren nur knapp 30 Prozent der Gebiete von prorussischen Separatisten kontrolliert worden. Selenskyj hatte unlängst beklagt, dass Kiew bereits 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets nicht mehr unter Kontrolle habe.

Ringen um Getreidelieferungen geht weiter

In der Ukraine laufen weiter Vorbereitungen für die Ausfuhr von Getreide aus den Schwarzmeerhäfen. "Wir erwarten, dass sich das erste Schiff innerhalb der kommenden Tage bewegen könnte", sagte ein UN-Sprecher. Der Erfüllung der Vereinbarung von Istanbul vom Freitag stehe von russischer Seite nichts im Wege, sagte Moskaus Außenminister Sergej Lawrow bei seinem Besuch in der Republik Kongo.

In dem Abkommen am Freitag hatte Russland zugesichert, Schiffe für den Export über einen Seekorridor fahren zu lassen und nicht zu beschießen. Auch die beteiligten Häfen Odessa, Tschornomorsk und Juschny dürfen nicht angegriffen werden. Es geht unter anderem um die Ausfuhr von Millionen Tonnen Getreide. Die unter der Vermittlung der UN und der Türkei unterzeichnete Einigung sieht vor, die Exporte von einem Kontrollzentrum in Istanbul überwachen zu lassen. Mehr dazu lesen Sie hier.

Parallel zu dem Korn-Abkommen wurde auch ein Memorandum mit Russland unterzeichnet. Nach Darstellung Moskaus wird darin festgehalten, dass sich die UN für eine Lockerung von Sanktionen einsetzen wollen, die indirekt Russlands Getreide- und Dünger-Export beschränken. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte mit Blick auf den Export von ukrainischem Getreide von einer Paketlösung gesprochen. Die UN bestätigten dies bislang allerdings nicht. Die Dokumente seien "nicht öffentlich" und würden nur dann öffentlich gemacht, wenn alle Beteiligten zustimmten, hieß es von den UN. Am Freitag hatten die UN lediglich schriftlich festgehalten, dass das Abkommen auf dem Grundsatz beruhe, "dass die gegen die Russische Föderation verhängten Maßnahmen auf diese Erzeugnisse keine Anwendung finden".

Das wird am Dienstag wichtig

  • Bundesaußenministerin Annalena Baerbock besucht Tschechien und die Slowakei. Dort will die Grüne auch über den Ukraine-Krieg sprechen. Tschechien hat seit dem 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft inne. Mit den NATO- und EU-Partnern kooperiert Deutschland auch, um die Ukraine mit Waffen zu versorgen.
  • Nachdem Vertreterinnen und Vertreter von EU-Staaten sich auf einen Notfallplan zur Senkung des Gaskonsums verständigt haben, soll dieser bei einem Sondertreffen der Energieminister in Brüssel offiziell bestätigt werden. Damit sollen die Risiken im Falle einer vollständigen Unterbrechung russischer Gaslieferungen reduziert werden.

Alle weiteren Entwicklungen können Sie in unserem Liveticker zum Ukraine-Krieg nachlesen.

Quelle: ntv.de, joh/dpa

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