Ärger über "Generalverdacht" Union: Polizei hat kein Rassismus-Problem
08.06.2020, 17:16 Uhr
In Berlin demonstrierten nach dem Tod von George Floyd Tausende Menschen.
(Foto: imago images/Seeliger)
Die SPD-Vorsitzende Esken schreckt mit der These auf, dass es nicht nur innerhalb der Sicherheitskräfte der USA latenten Rassismus gebe. Polizei-Gewerkschafter und Unions-Politiker widersprechen vehement.
Am vergangenen Wochenende protestierten in mehreren deutschen Großstädten Zehntausende Menschen. Auslöser für die Proteste in Berlin, Düsseldorf, München und knapp zwei Dutzend weiteren deutschen Städten war der Tod des Schwarzen George Floyd in den USA bei einem brutalen Polizeieinsatz Ende Mai.
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: "Auch in Deutschland gibt es latenten Rassismus in den Reihen der Sicherheitskräfte." Dieser müsse durch Maßnahmen der Inneren Führung erkannt und bekämpft werden. Dabei stehe die große Mehrheit der Polizeibediensteten solchen Tendenzen sehr kritisch gegenüber und leide unter dem potenziellen Vertrauensverlust, der sich daraus ergebe. Bei der Aufarbeitung von Fällen ungerechtfertigter Polizeigewalt dürfe nicht der Eindruck entstehen, der polizeiliche Korpsgeist spiele eine größere Rolle als die Rechte der Bürger. Deshalb müsse eine unabhängige Stelle mit der Bearbeitung solcher Beschwerden betraut werden.
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg, entgegnete: "Die Polizei ist sicher nicht frei von Menschen mit rassistischen Einstellungen, aber Rassismus als Strukturproblem in unserer Polizei sehe ich nicht." Eskens "Generalverdacht" gehe da zu weit. Auch die Forderung der SPD-Chefin nach einer weiteren bundesweiten Beschwerdestelle sei überflüssig. Bei den Länderpolizeien gebe es schon unabhängige Beschwerdestellen oder Ombudsleute. "Beim Bund gibt es die Antidiskriminierungsstelle und es gibt den gerade im März neu eingerichteten Kabinettsausschuss der Bundesregierung zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus."
Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Dietmar Schilff, wies Vorwürfe von latentem, strukturellem oder institutionalisiertem Rassismus bei der deutschen Polizei zurück. Wenn Polizisten rassistisch oder mit unverhältnismäßiger Gewalt vorgingen, müsse das Konsequenzen haben. "Der Polizei und ihren Beschäftigten aber eine solche Grundhaltung vorzuhalten, ist abwegig und trägt populistische Züge."
"Müssen uns klarer dagegen positionieren"
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sieht in der Polizei sogar "erheblich weniger" Rassismus als in der Gesamtbevölkerung. "Polizistinnen und Polizisten leisten einen Amtseid auf unsere Verfassung und fühlen sich an diesen Eid, der die Würde des Menschen ins Zentrum stellt, ein Leben lang gebunden", sagte Wendt. Die Polizei habe sich in den vergangenen Jahrzehnten als "rechtsstaatliche, demokratische Bürgerpolizei" bewiesen.
Für Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder ist es wichtig, dass die Demokraten untereinander solidarisch gegen Rassismus, Antisemitismus und Extremismus vorgehen, wie er im "Morning Briefing" des Journalisten Gabor Steingart sagte. Dies gelte auch für den Umgang mit der AfD, mit der der Rassismus einen verlängerten Arm ins Parlament habe. "Wenn es bestimmte Leute gibt, die hetzen, müssen wir uns klarer dagegen positionieren. Ich finde, dass das in Deutschland noch klarer und härter geschehen muss."
Quelle: ntv.de, ter/dpa