Politik

Waffengewalt in den USA Uvalde ist Nummer 77 in diesem Jahr

Verzweiflung herrscht im texanischen Städtchen Uvalde nach dem tödlichen Massaker an der Grundschule.

Verzweiflung herrscht im texanischen Städtchen Uvalde nach dem tödlichen Massaker an der Grundschule.

(Foto: IMAGO/ZUMA Press)

Für das Grundrecht auf Waffenbesitz bringen die USA immer größere Opfer. Der Tod der 19 Kinder in Texas war nur einer von 77 Vorfällen mit Waffengewalt an US-Schulen 2022. Die Opferzahlen verdoppeln sich innerhalb von zwei Jahren, doch die Waffenlobby kann das nicht stoppen.

"Als wenn einem ein Stück der eigenen Seele entrissen wird", so fühlt es sich für Joe Biden an, ein Kind zu verlieren. Der US-Präsident ist an seiner Seele schon zweifach vernarbt - in jungen Jahren verlor er Tochter und Ehefrau bei einem Autounfall. 2015 beerdigte er seinen erwachsenen Sohn nach einer Krebserkrankung.

Wenn Biden also sagt, er habe dieses Gemetzel satt, und "Wir müssen handeln", darf man Überzeugung und einen ernsthaften Willen dahinter vermuten. Doch ist damit zu rechnen, dass der präsidiale Wille und der Schockzustand, in dem sich die USA nach dem Mord an 19 texanischen Grundschulkindern und zwei Lehrern befinden, nicht ausreichen werden, um die Macht der Waffen im Land zu brechen.

400 Millionen Schusswaffen im Umlauf

Denn die NRA, die National Rifle Association als mächtige Lobbygruppe der Waffenproduzenten, hat in ihrem Pochen auf das weitreichende US-Grundrecht auf Erwerb und Besitz von Schusswaffen zwar nur eine Minderheit der Bevölkerung hinter sich, aber eine mit viel Einfluss, vor allem auf die Partei der Republikaner.

Beinahe 400 Millionen Schusswaffen sind in den USA unter der Zivilbevölkerung im Umlauf. Gewalttätige Vorfälle sorgen dabei eher dafür, dass noch mehr Pistolen und Gewehre gekauft werden, in der - wissenschaftlich widerlegten - Annahme, dass die eigene Bewaffnung Schutz vor Gewalt bieten könnte. Das Gegenteil ist der Fall: Mehr Waffen führen zu noch mehr Waffengewalt.

Doch auch nach den Protesten gegen Polizeigewalt der Bewegung Black Lives Matter gingen die Verkaufszahlen der Waffenhändler spürbar nach oben, lockerten einige US-Bundesstaaten ihre Waffengesetze weiter. So ist es im Bundesstaat Texas, der nun den Tod seiner 19 unschuldigen Kinder betrauert, inzwischen erlaubt, Schusswaffen ganz offen zu tragen.

77 Schießereien in Schulen in diesem Jahr

Wozu gelockerte Waffengesetze führen, ist statistisch klar belegt. Die jährliche Zahl der Massenschießereien - mit mindestens vier Verletzten oder Getöteten - hat sich zwischen 2018 und 2020 beinahe verdoppelt. 336 "mass shootings" zählte das Gun Violence Archive im Jahr 2018, zwei Jahre später waren es 611. Für 2021 war die Zahl schon im Herbst noch einmal deutlich höher. Das FBI kommt in seiner Statistik für Amokläufe auf 61 im vergangenen Jahr.

Mehr Schießereien fordern mehr Menschenleben: Bis vor 2020 lag die jährliche Zahl der Todesopfer von Schusswaffen immer unter 16.000, schnellte dann auf 19.400 hoch und erreichte 2021 knapp 21.000. Und womöglich die schlimmste Zahl: Das tödliche Massaker in Texas ist einer von bislang 77 Vorfällen mit Schusswaffengebrauch an Schulen der USA in diesem Jahr. 77 Mal nicht nur Verletzte oder gar Tote, sondern immer auch die vielen nicht gezählten verstörten Kinder, die erleben und lernen müssen, dass Schule in den USA kein Ort des fröhlichen Miteinanders und unbeschwerten Kindseins ist, sondern ein Ort der Angst und Gefahr.

Unverdrossen fordern republikanische Politiker als Antwort auf solche Massaker, dass die Bewachung amerikanischer Schulen verstärkt wird, bis hin zur offenen Bewaffnung des Lehrpersonals, das nach einer Einführung in den korrekten Gebrauch einer Schusswaffe damit die Kinder doch schützen könne.

Die ernst gemeinten Vorschläge lassen erahnen, wie unüberbrückbar die Gegensätze sind zwischen amerikanischen Waffenfreunden und denjenigen, die Waffenbesitz stärker kontrollieren wollen. Ein Kompromiss scheint unmöglich und damit auch eine nötige Kongress-Mehrheit in Washington für jede Art von Einschränkung für Waffenbesitz.

Quelle: ntv.de

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