Zwei Monate U-Haft verhängt Vier IS-Terroristen mit Folterspuren vor Gericht
24.03.2024, 21:53 Uhr Artikel anhören
Geschwollenes Gesicht: Einer der vier Beschuldigten vor dem Bezirksgericht.
(Foto: REUTERS)
Zwei Tage nach dem Angriff auf einen Konzertsaal bei Moskau werden vier Verdächtige in einem Gericht in Moskau vorgeführt. Den mutmaßlichen IS-Terroristen droht eine lebenslange Haftstrafe. Fotos aus dem Gerichtssaal zeigen Männer, die schwer misshandelt wurden.
Gezeichnet von schweren Gesichtsverletzungen sind die vier mutmaßlichen Attentäter des jüngsten Terroranschlags nahe Moskau dem Haftrichter vorgeführt worden. Die Angeklagten wurden am Abend von vermummten Sicherheitskräften ins Basmanny-Gericht in der russischen Hauptstadt gebracht und mit deutlich sichtbaren Blutergüssen, Schwellungen, Schürf- und Platzwunden in Glaskäfigen platziert. Einer von ihnen war offensichtlich nicht mehr in der Lage zu laufen und lag mit geschlossenen Augen festgeschnallt in einem Krankenstuhl. Ein anderer hatte einen wenig fachkundig wirkenden Verband am rechten Ohr.
Vor dem Gerichtstermin waren Videoaufnahmen im Netz verbreitet worden, die zeigen sollen, dass die festgenommenen Männer gefoltert wurden und einem von ihnen gar ein Ohr abgeschnitten wurde. Das Verifikationsteam von ntv hält die Aufnahmen für authentisch.
Die eigentliche Anhörung fand hinter geschlossenen Türen statt, wie die russische Staatsagentur TASS berichtete. Der Terrorverdächtige auf dem Krankenstuhl, der den Anschlag gefilmt haben soll, hatte demnach "Schwierigkeiten zu sprechen". Das Ermittlungskomitee wirft ihm und seinen drei mutmaßlichen Komplizen einen gemeinschaftlich verübten tödlichen Terroranschlag vor.
Haftbefehle gegen mutmaßliche Terroristen erlassen
Nach der Tat in einem Veranstaltungszentrum nahe Moskau, bei der am Freitag 137 Menschen getötet und nach neuen Angaben der Gesundheitsbehörden 182 weitere verletzt wurden, gab es insgesamt elf Festnahmen. Vier der Verdächtigen gelten als die eigentlichen Todesschützen - sie sind diejenigen, die nun dem Haftrichter vorgeführt wurden. Die Haftbefehle wurden laut TASS am Sonntagabend erlassen. Die vier Männer waren am Wochenende im russischen Grenzgebiet Brjansk festgenommen und nach Moskau gebracht worden.
Menschenrechtler berichten immer wieder von Demütigungen, Misshandlungen und brutalen Foltermethoden im russischen Strafvollzug. Öffentlich inszenierte Schauprozesse dienen demnach der staatlichen Machtdemonstration und Abschreckung.
Die Terrormiliz Islamischer Staat reklamierte die Tat für sich und publizierte ein fast 90 Sekunden langes Video, das die Attentäter am Anschlagsort zeigen soll. In arabischen Untertiteln heißt es, Amak zeige "exklusive Szenen" der "blutigen Angriffe auf Christen". Zu Beginn ist zu sehen, wie ein schwer bewaffneter Mann mit einem Sturmgewehr in einen Gang feuert, wo bereits viele leblose Körper auf dem Boden liegen. Die Kamera schwenkt daraufhin zu einem der mutmaßlichen Terroristen, der mit einem Messer auf eine Person am Boden einsticht. Daraufhin durchqueren vier Männer einen verlassenen Bereich der Crocus City Hall. Die Stimmen der mutmaßlichen Täter sind verzerrt. Laut arabischen Untertiteln sagt eine Person: "Töte sie ohne Gnade" und "Wir sind angetreten für die Sache Gottes".
Trotz des IS-Bekenntnisses will Russlands Staatsführung eine Verwicklung der Ukraine sehen, gegen die Russland seit mehr als zwei Jahren einen Angriffskrieg führt. Nach Angaben des russischen Präsidenten Wladimir Putin wollten die Täter in die Ukraine flüchten, Beweise dafür legte er aber nicht vor. Kiew weist jede Beteiligung an der Tat zurück.
Quelle: ntv.de, jki/mau/dpa