Mehr als 130 Tote bei Moskau IS verbreitet Video von Angriff auf Konzertsaal
24.03.2024, 06:46 Uhr Artikel anhören
Das Bild des russischen Ermittlungskomitees zeigt ein Kalaschnikow-Sturmgewehr, das die Terroristen bei ihrem Anschlag in dem Konzerthaus einsetzten.
(Foto: picture alliance/dpa/Investigative Committee of Russia)
Am Freitag ermorden Angreifer in einem Konzerthaus bei Moskau mehr als 130 Menschen. Der Islamische Staat bekennt sich zu der Tat, doch die russische Führung konstruiert eine Verbindung zur Ukraine. In einem Propagandakanal veröffentlicht die Terrorgruppe nun eine Aufnahme des Anschlags.
Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) hat ein Video veröffentlicht, das den Angriff auf den Konzertsaal in Moskau zeigt und mutmaßlich von den Terroristen selbst aufgenommen wurde. Das US-Unternehmen Site, das auf die Beobachtung extremistisch-islamistischer Plattformen spezialisiert ist, meldet, dass die rund anderthalb Minuten lange Aufnahme bei Telegram in einem Kanal verbreitet wurde, der vom IS-Propagandaorgan Amaq betrieben wird.
Zu sehen und zu hören sind in der Aufnahme mehrere Männer, die mit Sturmgewehren und Messern bewaffnet sind und sich offenbar in der Eingangshalle der Crocus City Hall befinden. In der Konzerthalle im Moskauer Vorort Krasnogorsk wurde am Freitag mehr als 130 Menschen getötet. In der Aufnahme feuert einer der Männer am Eingang eines Konzertsaals augenscheinlich aus nächster Nähe auf mehrere Besucher und tötet sie. Die Gesichter und Stimmen der Angreifer sind unkenntlich gemacht. Um sie herum liegen zahlreiche leblose Körper, im Hintergrund ist ein Feuer zu sehen.
Putin will Ukraine verantwortlich machen
Der IS hatte sich kurz nach der Tat zu dem Überfall bekannt und vor der Videoaufnahme bereits verpixelte Fotos der Attentäter veröffentlicht. Von Bedeutung ist das Material insbesondere, weil die russischen Sicherheitsbehörden bislang nicht auf das Bekenntnis der Terrororganisation eingehen. Vielmehr stellte Präsident Wladimir Putin in einer Fernsehansprache eine Verbindung der mutmaßlichen Täter zur Ukraine auf.
Die Chefredakteurin des früher als Russia Today bekannten russischen Staatssenders RT, Margarita Simonjan, veröffentlichte zwei Videos, die Verhöre zweier mutmaßlicher Täter zeigen sollen. Beide geben darin ihre Beteiligung am Anschlag zu, sagen aber nichts zu den Hinterleuten. Die Regierung in Kiew weist jegliche Verwicklung in den Terrorangriff zurück. Terrorismusexperten stufen die Angaben des IS bislang als echt ein.
Nach Angaben des Gouverneurs des Großraums Moskau, Andrej Worobjow, wurden seit dem Angriff am Freitagabend 133 Leichen aus den Trümmern der Konzerthalle geborgen. Die Ärzte kämpften zudem "um das Leben von 107 Menschen", wie er weiter erklärte.
"Völlige Fehleinschätzung"
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestags, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, wertet den Anschlag als "schweren Schlag" für die russischen Sicherheitsbehörden. Es habe eine Warnung vor Anschlägen gegeben, "sogar spezifisch, was Konzerte angeht", sagte die FDP-Politikerin der "Bild am Sonntag". Es sei nicht nachvollziehbar, dass es keine zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen gegeben habe. "Offensichtlich hat Putin in völliger Fehleinschätzung diese Warnungen nicht ernst genommen und wird davon abzulenken versuchen", sagte sie. Anstatt einen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu führen, solle sich Putin mit anderen Ländern der Welt gegen den Terror zur Wehr setzen. "Der internationale Terrorismus ist die wahre Geisel der Menschheit", sagte sie.
Die Geheimdienste der USA und anderer westlicher Länder hatten bereits Anfang März vor einem drohenden Anschlag gewarnt. Kremlchef Putin tat die Warnungen als westliche Provokation ab.
Quelle: ntv.de, chr/AFP/dpa