Armee "zunehmend dysfunktional"? London: Vier von fünf russischen Generälen entlassen
25.10.2022, 09:08 Uhr (aktualisiert)
"Zeit der Helden" - mit diesen Worten wirbt die russische Armee in Moskau.
(Foto: REUTERS)
Der Ukraine-Krieg hat offenbar desaströse Folgen für die russische Armee und für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Laut dem britischen Verteidigungsministerium mangelt es an "fähigen russischen Nachwuchsoffizieren", bei den Generäle herrscht alles andere als Kontinuität.
Der britische Geheimdienst hält Teile der russischen Militärführung nach fast acht Monaten Krieg für "zunehmend dysfunktional". Wie das Verteidigungsministerium in London berichtet, bestehe auf taktischer Ebene mit ziemlicher Sicherheit "ein zunehmender Mangel an fähigen russischen Nachwuchsoffizieren, die die neu mobilisierten Reservisten organisieren und führen können".
Schlechte Führung auf unterer Ebene verschlimmere zudem wahrscheinlich die niedrige Moral und den schlechten Zusammenhalt der Einheiten in weiten Teilen der russischen Streitkräfte. Vier von fünf Generälen, die im Februar 2022 das direkte operative Kommando für die Invasionstruppen hatten, sind dem Bericht zufolge inzwischen entlassen. "Ihre Nachfolger haben bisher wenig getan, um Russlands Leistungen auf dem Schlachtfeld zu verbessern."
Die fehlende Kontinuität in der Befehlsgewalt werde sich wahrscheinlich störender auswirken als in westlichen Streitkräften, heißt es in der Analyse weiter. Grund dafür sei die russischer Militärdoktrin, nach der Befehlshaber persönlich die Pläne ausarbeiteten und nicht ein breiterer Stab von Mitarbeitern.
Verstärkte Spaltung der russischen Gesellschaft
Der US-Thinktank Institute for the Study of War sieht als Folge des Kriegs indes eine immer größere Kluft in der russischen Bevölkerung und eine verstärkte Ausgrenzung ethnischer Minderheiten. Die Schießerei auf einem Truppenübungsplatz in Belgorod, hinter der zwangsmobilisierte Tadschiken stecken sollen, ist dem Bericht zufolge wahrscheinlich eine Folge der Kreml-Politik, verstärkt Vertreter von Minderheiten zu rekrutieren, während ethnische Russen und wohlhabendere russische Bürger geschützt würden.
Die öffentliche Meinung reagiert nun laut dem Thinktank mit einer "einer virulenten fremdenfeindlichen Rhetorik gegen zentralasiatische Migranten und andere soziale Randgruppen". Das Institut führt auch den Vorsitzenden der Partei "Gerechtes Russland", Sergej Mironow, der ein Moratorium für die Verleihung der russischen Staatsbürgerschaft an Bürger aus Tadschikistan vorgeschlagen hatte. Man könne von Migranten nicht erwarten, dass sie sich freiwillig für ein fremdes Land aufopfern würden, schrieb er auf Telegram. Weiter forderte er "den staatlichen Umgang mit Migration radikal zu überdenken".
Mironows Forderungen nach einer Einwanderungsreform zeigen laut dem Institut for the Study of War, "welche Rolle die Teilmobilisierung bei der Beschleunigung ethnischer Spaltungen, des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit im russischen Innenraum, insbesondere gegenüber ethnischen Minderheiten gespielt hat."
(Dieser Artikel wurde am Mittwoch, 19. Oktober 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, ghö