Kostenexplosion bei "Gorch Fock" Von der Leyen gerät weiter unter Druck
25.01.2019, 07:27 Uhr
Verteidigungsministerin von der Leyen gerät nach galoppierenden Kosten bei der "Gorch Fock" in die Kritik.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Kosten für die Reparatur der "Gorch Fock" übersteigen mittlerweile die eines Neubaus. Für den Wehrbeauftragten des Bundestags ist das nur ein Beispiel einer Reihe von Problemfällen. Er kritisiert ein System unklarer Verantwortung unter Verteidigungsministerin von der Leyen.
Die Kritik an CDU-Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen wegen der explodierenden Kosten bei der Sanierung des Segelschulschiffs "Gorch Fock" wächst zunehmend. Nach Ansicht des Wehrbeauftragten des Bundestags, Hans-Peter Bartels, ist die Reparatur spektakulär aus dem Ruder gelaufen. Er sieht die Kostenexplosion in einer Reihe mit anderen Problemfällen der Bundeswehr. "Alles wird zu teuer, geht zu langsam, wirkt am Ende unfertig - vom Eurofighter bis zur Fregatte F 125", sagte Bartels der "Passauer Neuen Presse".
Der SPD-Politiker kritisierte ein "System der Verantwortungsdiffusion" bei der Bundeswehr, "in dem niemand für das Ganze verantwortlich ist." Zu viele seien an den Projekten beteiligt, sagte Bartels. "Wir beobachten bei fast jedem Rüstungsprojekt, dass Kalkulation und tatsächlicher Preis sich weit auseinanderentwickeln."
Die Sanierung des 1958 gebauten Dreimasters sollte zunächst knapp 10 Millionen Euro kosten, im vergangenen März war dann von 135 Millionen Euro die Rede. Der Bundesrechnungshof machte für die Kostenexplosion auch jahrelange Versäumnisse bei Bundeswehr und Verteidigungsministerium verantwortlich. So sei das Schiff zuletzt vor knapp 40 Jahren vollständig technisch untersucht und dokumentiert worden.
"Augen vor den Kosten verschlossen"
Der Grünen-Politiker Tobias Lindner warf der Ministerin in der "Bild"-Zeitung vor, einen Neubau "nie ernsthaft in Betracht gezogen" und "die Augen vor den Kosten verschlossen" zu haben. "Dass die Ministerin die "Gorch Fock" erst nach fünf Jahren im Amt besuchte, zeigt, dass sie die steigenden Kosten bisher nicht ernst genommen hat", sagte FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann dem Blatt.
Bartels sagte weiter, im Fall "Gorch Fock" lese er, dass sie seit dem Jahr 2000 für Reparaturen immer wieder in dieselbe Werft gekommen sei. "Aber erst jetzt wird plötzlich festgestellt, dass es Reparaturbedarf gibt, der einen Neubaupreis übersteigt. Eigentlich hätte man schon bei der Kostenexplosion auf 135 Millionen Euro im Frühjahr hellhörig werden müssen." Aufregung sei erst entstanden, als sich ein Bundeswehrmitarbeiter selbst angezeigt habe und man nun wegen Korruptionsverdachts ermitteln müsse.
Quelle: ntv.de, lri/dpa/AFP