Regeln, Schutz und Beschaffung Was bedeutet die Maskenempfehlung?
16.04.2020, 17:01 Uhr
Trägt jemand einen Mund-Nasen-Schutz, so verringert er die Infektionsgefahr für andere Menschen.
(Foto: picture alliance/dpa)
Bund und Länder empfehlen, beim Einkaufen und in Bus und Bahn eine "Alltagsmaske" zu tragen. Dass daraus eine Pflicht folgen könnte, scheint nicht ausgeschlossen - dabei wurde vor wenigen Wochen noch von Masken abgeraten. Welche Regeln gelten jetzt beim Maskenschutz?
Nach der Schaltkonferenz von Bund und Ländern am Mittwoch sprach Bundeskanzlerin Angela Merkel sich für eine "dringende" Empfehlung aus, künftig "Alltagsmasken" zu tragen. Der Mund-Nasen-Schutz solle vor allem im öffentlichen Personenverkehr und beim Einkaufen getragen werden. "Wer eine Maske hat, soll sie auch benutzen", sagte Merkel. Auf die Frage, warum es bisher nur eine Empfehlung gebe und keine Pflicht, sagte sie: "Wir müssen ja das, was wir fordern von den Bürgerinnen und Bürgern, auch wirklich umsetzen können."
Doch aus der Empfehlung könnte bald eine Pflicht werden. Umso mehr die Masken vorhanden sein werden, sagte Merkel, umso mehr werde man auch darüber reden, ob es "noch weitere Schritte der Dringlichkeit gibt". Auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer schließt eine Maskenpflicht für Fahrgäste in Bus und Bahn in einem nächsten Schritt nicht aus. Im ARD-"Morgenmagazin" sagte er, eine mögliche Maskenpflicht sei dann ein Thema, wenn wieder mehr Fahrgäste unterwegs sind. Dafür müsse man erst die Beschaffung von Masken sicherstellen. "Wir haben 30 Millionen Fahrgäste im ÖPNV, wenn Normalbetrieb ist", gibt Scheuer zu Bedenken.
Maskenpflicht wäre "absolut falsches Signal"
Dabei hieß es noch vor wenigen Wochen, dass Masken im Alltag gar nicht nötig seien. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sagte Mitte März, dass das Tragen einer Maske ein falsches Sicherheitsgefühl erzeugen könnte, sodass etwa eine gute Händehygiene vernachlässigt werde. Vielmehr gebe es Risiken, wenn Menschen die Masken falsch abnähmen und sich dabei womöglich infizierten.
Auch Virologe Christian Drosten erklärte vor rund einem Monat, er könne sich nicht vorstellen, dass das Tragen von Masken in Europa Standard werden wird. Dafür seien die kulturellen Unterschiede im Vergleich zu Asien, wo Menschen aus Respekt anderen gegenüber immer Masken tragen, wenn sie sich krank fühlen, zu groß. Der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) sagte sogar, "vermummte Menschen mit Masken wie aus dem Weltall", hätten etwas "Bedrohliches". Es könne außerdem zu einer "Belastung von Kinderseelen werden".
Auch Politiker kritisierten eine bundesweite Maskenpflicht. Nachdem Österreich Ende März eine Pflicht einführte, lehnten mehrere Minister eine gleiche Maßnahme für Deutschland ab. Gesundheitsminister Jens Spahn sagte bei einem Besuch des Universitätsklinikums in Düsseldorf, er sehe hierfür "in der jetzigen Lage keine Notwendigkeit". Zumal Masken Mangelware seien. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet stimmte Spahn zu: "Wenn es sich gesellschaftlich entwickelt, dass jeder den anderen auch schützen will, dann ist das in Ordnung. Eine Pflicht sehe ich nicht." Dem stimmte auch Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz zu. "Wir dürfen nicht suggerieren, dass der einfache Maskenschutz die Lösung des Problems ist", sagte sie. "Das wäre das absolut falsche Signal."
Die Stadt Jena in Thüringen war eine der ersten Kommunen, die sich entgegen der Empfehlungen bereits vor zwei Wochen für eine Maskenpflicht entschieden hat. Seit sieben Tagen in Folge gibt es in der Stadt keine neuen Corona-Infektionen. Jetzt ziehen andere Städte nach: Hanau macht ab Montag aus der Empfehlung des Bundes eine Pflicht. Bürger müssen beim Betreten der Geschäfte sowie im Öffentlichen Personennahverkehr einen Mundschutz tragen, sagte Bürgermeister Claus Kaminsky. "Dass wir schrittweise Lockerungen zulassen, darf nicht den falschen Eindruck wecken, dass die Corona-Krise beendet ist", erläuterte er die Entscheidung. Weitere Städte dürften folgen.
Masken helfen nur unter bestimmten Voraussetzungen
Pflicht oder nicht - um die Verbreitung des Virus mithilfe eines Mund-Nasen-Schutzes zu verringern, müssen gewisse Bedingungen erfüllt werden. Der Schutz vor einer Übertragung der Infektion könne nur gewährleistet sein, wenn die Masken regelmäßig bei 60 Grad gewaschen oder gebügelt werden, sagt Bernd Salzberger, Infektiologe am Universitätsklinikum Regensburg. Dann könne man eine selbstgemachte Maske auch mehrmals verwenden. Es komme aber auch darauf an, wie die Maske getragen werde. Der Stoff müsse Mund und Nase bedecken. Beim Aus- und Anziehen sei darauf zu achten, dass das Sekret nicht über die Hände verteilt werde. Auch Merkel wies auf eine sachgerechte Behandlung der Masken hin.
Eine "Alltagsmaske" muss keine medizinischen Standards erfüllen. Nach Empfehlungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte sollte der Stoff möglichst eng gewebt sein. Viele Privatpersonen und Geschäfte verkaufen mittlerweile selbstgenähte Masken übers Internet. Anleitungen, um eine Maske selbst zu nähen oder zu falten, gibt es dort ebenfalls zu finden. Ansonsten könne sich erst mal auch mit einem Tuch oder Schal beholfen werden.
Trägt jemand einen Mund-Nasen-Schutz, so verringert er die Infektionsgefahr für andere Menschen, weil das Material von Mund und Nase im gewissen Umfang Tröpfchen bei Sprechen, Niesen oder Husten auffängt. Vor einer Ansteckung mit dem Virus schütze die einfache Maske aber in der Regel nicht. Das Einhalten von Hygiene-Standards oder Abstandsregeln ersetzt eine Maske nach Meinung der Experten jedoch keinesfalls. Das Robert-Koch-Institut weist zudem darauf hin, dass medizinische Atemschutzmasken dem Personal in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen vorbehalten bleiben müssten.
Quelle: ntv.de, mit dpa