Details zum Unglück Was über den Hubschrauberabsturz von Raisi bekannt ist
20.05.2024, 14:32 Uhr Artikel anhören
Inzwischen sind alle neun Todesopfer des Hubschrauberabsturzes geborgen worden.
(Foto: IMAGO/ABACAPRESS)
Auf dem Rückweg aus Aserbaidschan stürzt der Hubschrauber mit Irans Präsidenten Raisi an Bord über bergige Landschaften ab. Er und acht weitere Menschen sterben. Wie kam es zu dem Unglück? Warum dauerte die Suchaktion so lange? Und wie reagiert die iranische Bevölkerung? Ein Überblick.
Der iranische Präsident Ebrahim Raisi ist tot. Der 63-jährige Hardliner, der als Nachfolger des greisen Obersten Führers Ajatollah Ali Chamenei galt, starb bei einem Hubschrauberabsturz. Auch Außenminister Hossein Amirabdollahian war an Bord und kam zusammen mit sieben weiteren Menschen bei dem Unglück ums Leben. Inzwischen sind einige Details rund um den Tod von Raisi und seiner Gefolgschaft bekannt geworden. Ein Überblick.
Was ist passiert?
Raisi war am Sonntagnachmittag zusammen mit Außenminister Amirabdollahian auf der Rückreise von einem Treffen mit dem Präsidenten Aserbaidschans, Ilham Aliyev, als ihre Maschine bei dichtem Nebel vom Radar verschwand. Gemeinsam hatten sie im Nachbarland einen Staudamm eingeweiht. Mit insgesamt drei Hubschraubern machte sich der Tross danach auf den Rückweg, doch die Präsidentenmaschine kam nicht an ihrem Zielort an. Innenminister Ahmad Wahidi bezeichnete den Absturz noch in der Nacht als "harte Landung".
Wo stürzte die Präsidentenmaschine ab?
Zuletzt geortet wurde der Helikopter mit Raisi und Amirabdollahian an Bord über der iranischen Provinz Ost-Aserbaidschan. Die Absturzstelle befindet sich laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna im Waldgebiet von Dismar nahe der Stadt Warsaghan. Die türkische Luftwaffe hatte zuvor am mutmaßlichen Absturzort des Hubschraubers eine verdächtige Hitzequelle am Boden ausgemacht. Eine vom Verteidigungsministerium für die Suche nach dem Helikopter bereitgestellte Drohne habe am frühen Morgen Aufnahmen von der Stelle geliefert, berichtete die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu. Die Koordinaten seien den iranischen Behörden übermittelt worden. Dazu veröffentlichte Anadolu ein Luftbild mit einem schwarzen Fleck, der sich deutlich von seiner Umgebung abhebt.
Warum dauerte die Suchaktion so lange?
Laut Irna wurden mehr als 20 Rettungsteams mit Spürhunden und Drohnen in die Region entsandt, teilweise war sogar die Rede von 40 Rettungsteams. Auch Soldaten sowie Mitglieder der Revolutionswächter und der Polizei waren Generalstabschef Mohammed Bagheri zufolge im Einsatz. Doch die Suche nach dem Wrack wurde durch die Wetterbedingungen und die Beschaffenheit des Geländes erschwert. Medien berichteten von starkem Regen, Schnee, Nebel und Wind. Hubschraubern war es dadurch nicht möglich, aus der Luft zu suchen. Retter versuchten es daher teils zu Fuß in der Dunkelheit. Zudem liegt die Absturzstelle in einer abgelegenen, bergigen und schlecht ausgebauten Region. Erst am frühen Montagmorgen wurde das verkohlte Wrack entdeckt.
Wer war an Bord der Unglücksmaschine?
Neben Präsident Raisi und Außenminister Amirabdollahian waren noch sieben weitere Menschen an Bord, teils ebenfalls hochrangige Regierungsvertreter - darunter Malek Rahmati. Der 60-Jährige wurde erst kürzlich vom iranischen Kabinett zum neuen Gouverneur der Provinz Ost-Aserbaidschan ernannt. Zuvor hatte er eine Reihe von Funktionen im politischen System des Irans übernommen. Auch der Vertreter des Obersten Führers in der Provinz Ost-Aserbaidschan und ein Imam in der Stadt Täbris, Mohammad Ali Ale-Haschim, saß mit Raisi im verunglückten Hubschrauber. Außerdem an Bord: der Chef von Raisis Schutzeinheit, ein Leibwächter, der Pilot des Hubschraubers, der Co-Pilot und ein Flugtechniker.
Gibt es Überlebende?
Keiner der Insassen hat den Absturz überlebt. Ihre Leichen wurden trotz starker Verbrennungen inzwischen identifiziert, sagte ein hochrangiger Regierungsvertreter der iranischen Nachrichtenagentur Tasnim. Sie seien nach Tabris, Hauptstadt der Provinz Ost-Aserbaidschan, überführt worden. Tasnim zufolge war einer der Passagiere, Imam Mohammad Ali Ale-Haschim, nach dem Absturz noch etwa eine Stunde am Leben und nahm Kontakt mit dem Präsidialamt auf, ehe er seinen Verletzungen erlag.
Um welchen Hubschrauber-Typ handelt es sich?
Iranischen Staatsmedien zufolge war Raisi in einem in den USA hergestellten Hubschrauber vom Typ Bell 212 unterwegs. Die Bell 212 ist ein Mehrzweckhubschrauber des Unternehmens Bell Helicopter Textron Inc., dessen militärische Variante auch Twin-Huey genannt und als Bordhubschrauber eingesetzt wird.
Wie kam es zum Absturz?
Zur Ursache des Unglücks vom Sonntag gab es zunächst keine offiziellen Informationen. Es entbrannten allerdings bereits Spekulationen, ob der Absturz auf schlechtes Wetter, einen technischen Defekt am Hubschrauber oder gar Sabotage zurückzuführen sei. Klarheit darüber gibt es noch nicht. Fest steht: Irans Luftwaffe gilt als stark veraltet, ihre Modernisierung kommt angesichts scharfer internationaler Sanktionen kaum voran, Ersatzteile sind schwer zu beschaffen. Viele Flugzeuge und Helikopter stammen noch aus der Zeit vor der Islamischen Revolution von 1979, als das Land enge Beziehungen zu den USA unterhielt. Immer wieder kommt es zu folgenschweren Unfällen und Abstürzen.
Wie reagiert die iranische Bevölkerung auf die Nachricht des Unglücks?
Tausende Regierungsanhänger strömten noch in der Nacht zum Montag in die religiösen Zentren und Moscheen Irans, beteten für den Präsidenten und fürchteten das Schlimmste. Nach der Bekanntgabe seines Todes würdigten Staatsmedien Raisis Amtszeit. In den sozialen Medien zeichnete sich jedoch ein anderes Bild ab. Dort zeigten viele Iraner offen ihre Freude und Schadenfreude über das Unglück. Auch Bilder von Freudenfeuerwerken in Teheran machten die Runde. Denn Raisis Amtszeit war überschattet von Vorwürfen der Misswirtschaft und starker Repression. In seiner früheren Funktion als Staatsanwalt soll er im Jahr 1988 für zahlreiche Verhaftungen und Hinrichtungen politischer Dissidenten verantwortlich gewesen sein, weshalb seine Gegner ihm den Beinamen "Schlächter von Teheran" verpassten.
Wie geht es im Iran jetzt weiter?
"Ich rufe fünf Tage Staatstrauer aus und spreche dem lieben iranischen Volk mein Beileid aus", erklärte Chamenei. Die Verbündeten Libanon und Syrien ordneten eine dreitägige Staatstrauer an. Die Amtsgeschäfte übernimmt derweil Raisis erster Vize Mohammed Mochber. Irans Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei beauftragte ihn zudem damit, gemeinsam mit der Spitze der Justiz und des Parlaments innerhalb von 50 Tagen Neuwahlen zu organisieren. Vizeaußenminister Ali Bagheri, der zuletzt eine führende Rolle als Unterhändler bei den Atomverhandlungen mit dem Westen hatte, wurde zum geschäftsführenden Außenminister ernannt.
Quelle: ntv.de, hny/dpa/rts