Trotz Parteitagsbeschluss Wegner offen für CDU-Bündnis mit Linkspartei in Thüringen
05.09.2024, 10:28 Uhr Artikel anhören
Die CDU ist nach den Wahlen in Thüringen auf Linke und das BSW angewiesen. Berlins Regierungschef Wegner will Koalitionen mit beiden nicht ausschließen. In der Migrationsdebatte macht er Druck auf die Bundesregierung.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner von der CDU hat seiner Partei davon abgeraten, ein Bündnis mit der Linkspartei in Thüringen auszuschließen. Der CDU-Unvereinbarkeitsbeschluss zur Linken gelte zwar, so Wegner, und auch er könne sich eine Zusammenarbeit mit ihr wegen der inhaltlichen Differenzen nur schwer vorstellen. "Nichtsdestotrotz haben wir ein Wahlergebnis und mit diesem Wahlergebnis muss man jetzt verantwortungsvoll umgehen", so Wegner im ntv Frühstart. Die Kollegen vor Ort würden das tun. "Es geht um Thüringen, es geht nicht um Parteitagsbeschlüsse."
Zu einer Minderheitsregierung - womöglich unter Tolerierung der Linken - äußerte sich Wegner skeptisch. Die letzten Jahre unter dem Ministerpräsidenten Bodo Ramelow hätten gezeigt, dass eine solche Konstellation die AfD stärke. "Wir sollten jetzt zu stabilen Verhältnissen auch in Thüringen wieder kommen." Ohne AfD ist eine Mehrheitskoalition in Thüringen nur möglich, wenn sich die CDU mit SPD, Linken und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zusammentut.
Wegner kritisierte Forderungen aus seiner Partei nach einem Unvereinbarkeitsbeschluss auch zum BSW. "Wenn wir nur noch Unvereinbarkeitsbeschlüsse haben, wird es irgendwann schwierig, eine Regierung zu bilden." Niemand in der CDU wünsche sich eine Koalition mit Wagenknecht, die Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen aber müsse man anerkennen. "Und aus diesem Wahlergebnis muss eine stabile Regierung auch in Thüringen gebildet werden." Er habe großes Vertrauen in CDU-Landeschef Mario Voigt, eine Regierung aus der Mitte zu bilden.
Wegner steht hinter Merz-Ultimatum bei Migration
Auch beim Thema Migration gehen die Debatten weiter. CDU-Chef Friedrich Merz hatte der Ampel-Koalition ein Ultimatum gestellt, bis Dienstag eine Zusage für Zurückweisungen von Migranten an den Grenzen abzugeben - andernfalls werde man mit der Regierung und den Bundesländern nicht mehr weiterarbeiten. Der Berliner Regierungschef Wegner unterstützt das Ultimatum. "Da die Regierung seit Monaten nicht liefert, nicht hinterherkommt, ist es wahrscheinlich die einzige Möglichkeit."
Die Ampel-Koalition wolle offenbar beim Thema Migration wieder einmal Zeit gewinnen - die aber habe man nicht. Bereits im vergangenen November hätte die Ministerpräsidenten mit der Bundesregierung Beschlüsse gefasst, die allerdings nicht umgesetzt worden seien. "Und deswegen muss die Bundesregierung offensichtlich unter Druck gesetzt werden." Die Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen zeigten erneut, dass die Menschen kein Vertrauen in die demokratischen Parteien der politischen Mitte mehr hätten. "Sie haben auch Zweifel, dass der Staat handlungsfähig ist, und das müssen wir jetzt unter Beweis stellen."
Wegner sprach sich trotz rechtlicher Bedenken für Zurückweisungen an den deutschen Grenzen aus. "Ich glaube, das muss funktionieren - wir sind mittlerweile an der Belastungsgrenze angekommen." Sollte man zu dem Schluss kommen, dass Zurückweisungen rechtlich nicht zulässig sind, müsse man Gesetze ändern. Der CDU-Politiker kritisierte, dass die große europäische Asylreform erst 2026 greifen soll. Man müsse schnellstmöglich dafür sorgen, dass die EU-Außengrenzen geschützt würden. "Und solange das nicht ist, müssen die nationalen Grenzen geschützt werden." Er höre immer wieder, dass die illegale Einwanderung nach Deutschland begrenzt werden müsse. "Aber was irregulär ist, muss beendet werden, nicht begrenzt."
Quelle: ntv.de, psc