Miersch warnt vor AfD-Koalition"Wenn Friedrich Merz so weitermacht, verbaut er sich alles"
Die Union will heute ein Sofortprogramm für die Zeit nach der Bundestagswahl beschließen. Eine Koalitionsbildung mit SPD oder Grünen macht das nicht leichter. SPD-Generalsekretär Miersch kann sich das jedenfalls immer weniger vorstellen - und warnt vor den Folgen einer schwarz-blauen Mehrheit im Bundestag.
Friedrich Merz schließt eine Koalition mit der AfD aus. Das hat er mehrfach versichert. Trotzdem warnt die SPD im Wahlkampf immer wieder vor dieser Option. Grenzt das schon an üble Nachrede? Nein, sagt der SPD-Generalsekretär Matthias Miersch. "Denn sein Handeln spricht im Moment dafür. Er hat zwar versprochen, dass es keine Zusammenarbeit geben wird, aber letzte Woche hat er dieses Versprechen zweimal gebrochen und sagt nun, dass es an vielen Stellen keine Kompromisse geben könne", so Miersch in der ntv-Sendung Frühstart. Diese Zusagen erschwerten eine mögliche Koalitionsbildung der CDU nach der Wahl erheblich, sagte Miersch. "Wenn Friedrich Merz so weitermacht, verbaut er sich alles."
Er hoffe, dass die Menschen erkennen, was auf dem Spiel stehe und auch rechnerisch keine schwarz-blaue Mehrheit möglich werde, sagte Miersch weiter. Die Demonstrationen am Wochenende machten ihm Mut und er hoffe, "dass die Menschen auch sehen, dass Friedrich Merz sicherlich nicht der geeignete Kanzler für die Bundesrepublik Deutschland ist und wir am 23. Februar ganz andere Ergebnisse sehen werden als die, die vielleicht jetzt in den Umfragen zu erkennen sind".
Miersch: SPD war verhandlungsbereit
Den Vorwurf der Union, die SPD habe keine Migrationsgesetze vor der Wahl beschließen wollen, weist Miersch zurück. Rolf Mützenich habe bis zum Schluss versucht, über Anträge zur Überweisung in den Ausschuss auch inhaltlich noch mal über das Gesetz zu sprechen. "Wir hätten ein Paket schnüren können, allerdings nicht um jeden Preis, denn es gab, selbst die Kirchen haben darauf hingewiesen, massive verfassungsrechtliche Probleme in einzelnen Punkten aus dem Paket, und darüber hätte man natürlich reden müssen."
Grundsätzlich sieht auch Miersch Handlungsbedarf in der Migrationsfrage, verweist aber auch darauf, was unter Bundeskanzler Olaf Scholz bereits gelungen sei. "Die Asylantragszahlen sind 2024 so niedrig wie 2016 zum letzten Mal, mit Ausnahme von 2021, wo wir Corona hatten." Es müsse jetzt vor allem auf europäischer Ebene mehr getan werden.
Den Antrag einer vorgezogenen Umsetzung der Reform des europäischen Asylsystems hatte aber die Union in der vergangenen Woche abgelehnt. Miersch sagte, in Deutschland gehe es dagegen vor allem um eine bessere Anwendung bestehender Gesetze - SPD und Grüne sehen etwa im Vorfeld der Messermorde von Aschaffenburg Vollzugsdefizite vor allem in Bayern, aber auch im Bundesamt für Asyl und Flüchtlinge (BaMF).
Miersch: SPD "immer an der Seite der Migrantinnen und Migranten"
Das Gefährliche an dem Vorgehen der Union sei, dass in der aktuellen Migrationsdebatte alles in einen Topf geworfen werde. Deutschland brauche Fachkräfte und Zuwanderung."Wir sehen es jetzt schon in den östlichen Bundesländern, dass es teilweise Schwierigkeiten gibt, aufgrund des großen AfD-Anteils hier auch Fachkräfte zu bekommen", so Miersch. Deswegen müssten diese Debatten differenziert geführt werden. Leider hätten sich die Union und auch Friedrich Merz dazu entschieden, trotz Warnungen von Frau Merkel und anderen, dieses Thema ganz oben anzusetzen und durchzuziehen.
"Damit ist es meines Erachtens eine populistische Vorgehensweise, die hochgefährlich ist, weil sie genau die Menschen verunsichert, die seit vielen Jahren hier in Deutschland beispielsweise leben, gut integriert sind und eine Bereicherung für uns sind", so Miersch. "Wir werden hier immer an der Seite der Migrantinnen und Migranten stehen, weil wir eben diese auch brauchen. Stichwort soziale Sicherungssysteme. Die Rente wird kollabieren, wenn wir keine Zuwanderung qualifizierter Art haben"
Miersch rügt Treffen von CDUlern und Grünen
Nicht nur die SPD, auch die Grünen haben vergangene Woche im Bundestag heftige Vorwürfe an die Union gerichtet und von einem schockierenden Tabubruch gesprochen. Dies hat einige Grünen-Politiker - darunter auch die Außenministerin Annalena Baerbock - aber offenbar nicht daran gehindert, am Donnerstag gemeinsam mit Unions-Politikern zu feiern. Wie der "Stern" berichtete, sind sie einer Einladung des ehemaligen CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet in dessen Wohnung gefolgt.
SPD-Politiker waren nach Angaben von Generalsekretär Miersch nicht zugegen. "Ich finde es auch in Ordnung, wenn man sich jenseits von Debatten trifft. Allerdings bin ich doch irritiert, weil nach diesem Mittwoch hätte ich mir jedenfalls nicht vorstellen können, an einem solchen Treffen teilzunehmen." Ob da hinter dem Rücken der SPD schon eine schwarz-grüne Regierungskoalition geplant werde, könne er nicht sagen, so Miersch. Das müssten die Beteiligten beantworten.
