Politik

Thüringens neuer Landesvater Wer ist Thomas Kemmerich?

Thüringens erster FDP-Regierungschef: Thomas L. Kemmerich.

Thüringens erster FDP-Regierungschef: Thomas L. Kemmerich.

(Foto: picture alliance/dpa)

Politische Sensation im Freistaat Thüringen: Erstmals seit den 1950er-Jahren wird ein Bundesland von der FDP geführt. Außenseiterkandidat Thomas Kemmerich wird neuer Ministerpräsident - dank der Stimmen von CDU und AfD.

Im Freistaat Thüringen führt künftig ein Politiker der Liberalen die Regierungsgeschäfte. Der FDP-Politiker Thomas Kemmerich wurde im Erfurter Landtag zum neuen Ministerpräsidenten gewählt. Dass die Wahl auf ihn fällt, ist ungewöhnlich. Seine Partei scheiterte bei der Landtagswahl 2019 fast an der Fünfprozenthürde. Nun vereinte er 45 Stimmen auf sich, neben der FDP votierten sowohl CDU als auch AfD für ihn. Der AfD-Bewerber Christoph Kindervater erhielt keine einzige Stimme.

Thüringens neuer Landesvater stammt aus Nordrhein-Westfalen: Der gebürtige Aachener lebt seit der Wende in Erfurt, wo er eigenen Angaben zufolge zunächst als selbstständiger Unternehmensberater tätig war. Dabei kam er unter anderem auch mit dem örtlichen Friseurhandwerk in Kontakt. Aus Teilen eines DDR-Betriebes baute er in den 1990er-Jahren die Friseur-Studiokette Masson auf, die er bis heute als Vorstandschef führt.

Der 54-jährige gelernte Kaufmann und Jurist engagierte sich im FDP-Kreisverband Erfurt, ist Stadtrat in der Thüringer Landeshauptstadt und FDP-Landeschef in Thüringen. Daneben fungiert er als Vorsitzender des FDP-Bundesverbandes "Liberaler Mittelstand" und Vorsitzender des Wirtschafts- und Sozialausschusses des Zentralverbandes des deutschen Friseurhandwerks.

Deutschlands zweiter FDP-Ministerpräsident

Kemmerich saß von 2009 bis 2014 als Abgeordneter der FDP im Erfurter Landtag. Nach der Landtagswahl 2019 zog er erneut in das Parlament ein. Dort führt er als Vorsitzender die FDP-Fraktion. Kemmerich, der in wenigen Tagen 55 Jahre alt wird, ist verheiratet und hat sechs Kinder. In Thüringen sorgte er auch mit seinem Kleidungsstil für Aufsehen - so wurden Cowboystiefel zum Anzug sein Markenzeichen. "Vielleicht verkörpert das, was im politischen Raum eingefordert wird: nämlich klare Kante", sagte er der "Thüringer Allgemeinen" vor der Landtagswahl im vergangenen Jahr dazu. "Die Menschen sollten tun, was ihnen gefällt und sich nicht vom Mainstream umschubsen lassen", sagte er.

Klare Kante hatte er auch nach Wahlschlappen der FDP in Brandenburg und Sachsen von FDP-Chef Christian Lindner gefordert. Darin warnte er Lindner auch vor parteiinternen Kräften, die der Partei einen stärkeren Linkskurs verordnen wollten, berichtete die "Thüringer Allgemeine". Als Beispiel nannte Kemmerich gegenüber der Zeitung das Thema Migration. Er sprach sich dafür aus, Flüchtlinge aus Seenot zu retten - forderte aber, die Geretteten dann wieder an ihren Ausgangsort zurück und nicht in die EU zu bringen.

In der Geschichte der Bundesrepublik ist Kemmerich der erste FDP-Landesvater seit den 1950er-Jahren. Damals führte der FDP-Politiker Reinhold Maier von April 1952 bis Oktober 1953 eine Dreierkoalition im damals neu gegründeten Bundesland Baden-Württemberg an.

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Für die Linkspartei in Thüringen ist der unerwartete Wahlausgang eine herbe Überraschung: Der bislang amtierende Ministerpräsident Bodo Ramelow war seit 2014 Regierungschef des Freistaats und der erste Ministerpräsident der Linken in Deutschland.

Doch obwohl seine Partei mit 31 Prozent die Wahl im Herbst 2019 klar gewonnen hatte, ging die Mehrheit der bisherigen Regierung von Linke, SPD und Grünen verloren. Dennoch hatten die bisherigen Koalitionspartner am Dienstag bereits einen neuen Regierungsvertrag unterschrieben. Diese Vereinbarungen sind nun hinfällig.

Wie wenig politischen Rückhalt die FDP mit ihrem Spitzenkandidaten Kemmerich bei der Landtagswahl 2019 in der Bevölkerung hatte, zeigt das Zweitstimmenergebnis nach Wahlkreisen. Die Karte ist überwiegend hellgrau eingefärbt - als Indikator für ein Ergebnis von unter fünf Prozent. Kemmerich selbst holte in seinem Wahlkreis Erfurt III 7,0 Prozent. Schlechter schnitten dort nur die Kandidaten der MLPD und der Freien Wähler ab.

Quelle: ntv.de

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